Nach Stadtpark-Urteilen: Internet-Mob jagt Richterin
Nach den Urteilen im sogenannten „Stadtpark“-Verfahren erlebt die Vorsitzende der Jugendkammer, Anne Meier-Göring, einen Shitstorm. Nach der Gruppenvergewaltigung einer 15-Jährigen wurden acht zur Tatzeit minderjährige oder heranwachsende Angeklagte zur Bewährung, einer zu einer Haftstrafe verurteilt. Nun tobt ein Online-Mob mit rassistischen Beschimpfungen, Vergewaltigungsphantasien und Morddrohungen gegen die erfahrene Richterin durch das Netz. Der Hamburgische Richterverein stellt sich mit klaren Worten vor die Kollegin und spricht angesichts der Hetze von einem „Angriff auf den Rechtsstaat“.
Seit gestern stehen die Urteile am Landgericht Hamburg fest: Achtmal Bewährung nach Jugendstrafrecht, einmal Knast für zwei Jahre und neun Monate, zwei Freisprüche. Den Verurteilten wurde nachgewiesen, im September 2020 eine 15-Jährige auf der Wiese im Stadtpark vergewaltigt zu haben.
Migrationsfeindlichkeit und Aufrufe zur Gewalt
Viele halten die Strafen für viel zu niedrig und ergehen sich in den Sozialen Medien in wüsten Beschimpfungen gegen Richterin Anne Meier-Göring. „Es wird mehr oder weniger verhüllt zur Gewalt gegen sie aufgerufen und der Wunsch geäußert, sie möge selbst Opfer einer Vergewaltigung werden“, schreibt der Hamburgische Richterverein. Und weiter: „Dieses Vorgehen in den sozialen Medien ist ein gezielter Angriff auf den Rechtsstaat.“
Verurteilungen zu Jugendstrafen mit Bewährung, „die eine der schärfsten Sanktionen des Jugendrechts darstellen“, würden hier als Freisprüche bezeichnet, so der Richterverein. „Gänzlich unerträglich sind die – zudem von einem migrationsfeindlichen Hintergrund geprägten – Aufrufe zur Gewalt gegen die Richterin.“ Bei den Tätern handelt es sich um fünf Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit sowie einen Syrer, einen Montenegriner, einen Kuwaiter, einen Afghanen und einen Armenier.
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Der Richterverein betont: „Wer rechtsstaatliche Entscheidungen zum Anlass für eine persönliche Bedrohung der die Entscheidung fällenden Richter nimmt, lehnt die demokratischen Strukturen und den Rechtsstaat ab und will die Herrschaft der Straße. Ein derartiger Angriff auf die Person der Richterin stellt einen perfiden und beschämenden Versuch der Einflussnahme auf richterliche Entscheidungen und zur Einschüchterung der Richterschaft insgesamt dar.“
Der Hamburgische Richterverein verurteile derartiges Verhalten auf das Schärfste und stehe solidarisch hinter seiner Kollegin. „Er erwartet von allen staatlichen Stellen, solchen Machenschaften entschlossen entgegenzutreten“, heißt es in der Mitteilung. (prei)