Tod in der Shisha-Bar: Urteil gegen 49-Jährigen löst Tumult aus
Weil er einen Mann im Streit getötet hat, muss ein 49-Jähriger für acht Jahre ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft hatte eine längere Haftstrafe gefordert – die Familie des Toten reagiert mit Wut.
Im Prozess um einen tödlichen Messerangriff in einer Shisha-Bar in Hamburg ist der 49 Jahre alte Angeklagte zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch des Landgerichts Hamburg erging am Freitag wegen Totschlags. Die Kammer habe einen gemilderten Strafrahmen zugrunde gelegt, da die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt durch Alkohol- und Kokainkonsum erheblich gemindert gewesen sei, sagte die Vorsitzende Richterin Nora Karsten bei der Urteilsbegründung. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor 13 Jahre Haft gefordert, die Verteidigung auf höchstens sieben Jahre plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Kammer sah es als erwiesen an, dass der Mann am Morgen des 26. März 2023 mindestens ein Messer aus dem Thekenbereich der Bar gegriffen und damit auf seinen Kontrahenten eingestochen hatte – erst einmal ins Herz des Mannes und dann dreimal in seinen Rücken. Der 35-Jährige starb trotz Reanimationsbemühungen wenig später im Krankenhaus. Zwei Tage nach dem Vorfall im Stadtteil Hammerbrook stellte sich der montenegrinische Staatsangehörige. Er wurde festgenommen und saß seitdem in Haft.
Streit ging Messerstichen voraus
Die Tat war das blutige Ende zweier Feiern in der Bar. Die Familie des Angeklagten hatte dort, wie Karsten weiter berichtete, unter anderem den Geburtstag seines Schwiegersohns feiern wollen. Die andere Familie habe gleichzeitig den 18. Geburtstag eines Sohnes gefeiert. Die Familien seien einander bekannt gewesen, der Angeklagte habe das spätere Opfer aber nicht näher gekannt.
In der Bar sei es dann zunächst zu einem Streit gekommen. Eine der anwesenden Frauen, mutmaßlich eine Tochter des Angeklagten, sei belästigt worden. Im Tumult habe der Angeklagte den Sohn des Opfers mit einem Schlag getroffen, der Vater habe dem Angeklagten dann seinerseits einen Faustschlag verpasst.
Das könnte Sie auch interessieren: Private Feier in Hamburger Shisha-Bar eskaliert: Mann (35) erstochen
Dennoch, betonte Karsten, habe sich die Situation zunächst abgekühlt. Die Familie des Angeklagten sei nach draußen gebracht worden, der Angeklagte habe bereits im Auto gesessen. „Sie hätten einfach nach Hause fahren können“, sagte sie an den 49-Jährigen gewandt.
Stattdessen sei dieser wieder ausgestiegen. Mit der Begründung, seine Töchter suchen zu wollen, habe er sich beim Türsteher der Bar erneut Einlass verschafft. Ein Tötungsvorsatz sei nicht erkennbar gewesen, sagte Karsten. Sie sprach jedoch von einem „diffusen Drang“ des Angeklagten, das Geschehen nicht auf sich beruhen zu lassen. Im Gebäude habe er laut Zeugenaussagen dann nicht nach seinen Töchtern gefragt. Stattdessen habe er sich mindestens ein Messer genommen und dieses hochgehalten. Als der 35-Jährige versuchte, ihn zurückzudrängen, habe er zugestochen.
Die Rekonstruktion des Abends sei schwierig gewesen, sagte Karsten weiter. Manche Zeugen hätten aus Sorge vor den Familien der beiden Kontrahenten zunächst keine Aussage machen wollen. Im Prozess seien 16 Zeugen gehört worden.
Urteil löst Tumult im Zuschauerraum aus
Strafmildernd habe die Kammer etwa berücksichtigt, dass der Angeklagte sich gestellt habe, nicht vorbestraft und in Teilen geständig gewesen sei. Die Stiche selbst habe er aber nicht eingeräumt. Straferschwerend seien die Auswirkungen der Tat gewertet worden. Die Familie des 35-Jährigen stehe unter Schock. Der Sohn, dessen Geburtstag an dem Abend gefeiert wurde, war Nebenkläger in dem Verfahren. Seine Vertreterin hatte sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf 13 Jahre Haft angeschlossen.
Die Verlesung des nun niedriger ausgefallenden Urteils löste im Zuschauerraum, wo weitere Familienmitglieder die Sitzung verfolgten, Unruhe aus. Mehrere Menschen schlugen gegen die Scheibe zum Sitzungssaal, beschimpften und bedrohten den Angeklagten. Auch innerhalb der Zuschauergruppe kam es zu Beschimpfungen. Die Sitzung musste unterbrochen werden und mehrere Menschen das Gebäude verlassen. „Was für ein Tumult zu einer Urteilsverkündung“, sagte Karsten im Anschluss. (dpa/jek)