Zu 100 Prozent Instagram-tauglich: Urlaub im „Tiny House” auf Helgoland.
  • Zu 100 Prozent Instagram-tauglich: Urlaub im „Tiny House” auf Helgoland.
  • Foto: dpa

Die große Inselposse mit den „Tiny Houses“

Die „Wikkelhouses“ sind genau das, was sogar Grüne gerne in den Urlaub auf die Helgoländer Düne fahren lässt: kleine Häuser aus 24 Schichten irgendwie verwickelter Pappe, zu 100 Prozent recycelbar, zu 100 Prozent Instagram-tauglich und in dieser Kombination sehr beliebt.

Und das nicht nur bei der Jury des Deutschen Nachhaltigkeitspreises, die das Konzept einer Firma aus Amsterdam auszeichnete, sondern auch bei Gästen. Schaltete die Inselverwaltung die „Tiny Houses“ im Buchungsportal frei, waren diese innerhalb weniger Stunden ausgebucht.

Tiny Houses: Helgoland muss Häuser wieder abbauen

Eine Erfolgsgeschichte, sollte man nun meinen, über die mit vielen Schlagzeilen berichtet wurde, als vor vier Jahren die ersten Häuser am Nordstrand bezugsfertig waren. Bis zu 15 „Wikkelhouses“, für die es kein Fundament braucht, sollen schon bald die alten Holzhütten ersetzen.

Doch nun lese ich, dass Helgoland die bereits existierenden Vorzeigehäuser wieder abbauen muss – und zwar bis April.

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Die Genehmigung für den Probebetrieb seien abgelaufen und benötigte Gutachten lägen nicht vor, heißt es seitens der Kreisbehörde. Ein neuer Bebauungsplan sei „unmöglich“ in vier Monaten zu erstellen. Ansonsten äußere man sich nicht zu „bauordnungsrechtlichen Verfahren“. Wie praktisch.

Bis April 2024 sollen die „Tiny Houses“ also abgebaut werden. Und dann vermutlich 2025 wieder aufgebaut werden.

Helgoland–Posse: Brennglas für Problem in Deutschland

Wer hinterher einige Zehntausend Euro Kosten für schweres Gerät, Einlagerung und Mietausfall übernimmt? „Die Kreisverwaltung bestimmt nicht“, sagt Thorsten Pollmann, der Bürgermeister von Helgoland, den ich angerufen habe. Im Rat der Insel scheint es Stimmen zu geben, es auf eine Konfrontation ankommen zu lassen. Ist eine solche Verschwendung von Steuergeldern noch vermittelbar?


Stefan Kruecken hfr
Stefan Krücken

Der Autor: Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag (www.ankerherz.de). Vorher war er Polizeireporter für die „Chicago Tribune“, arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie „Max“, „Stern“ und „GQ“ von Uganda bis Grönland. Sein neues Buch „Das muss das Boot abkönnen“ gibt es im MOPO-Shop unter mopo.de/shop. Weitere Bücher gibt es im Ankerherz-Shop – zum Beispiel „Das kleine Buch vom Meer – Helden“ oder „Mayday – Seenotretter über ihre dramatischsten Einsätze“.

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Was auf Helgoland passiert, wird immer mehr zum Brennglas für ein tiefer greifendes Problem in Deutschland. Erst die Behördenposse um einen etablierten Taxibetrieb (die hier schon Thema war), dann der umstrittene Rückbau des Warteraums für die Fähre – und nun die „Tiny Houses“. Pollmann erzählt mir, dass die Stimmung „aufgeheizt“ sei.

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Der Eindruck drängt sich auf, dass manche Behörden längst außerhalb demokratischer Kontrolle laufen. Mit Entscheidungen am Rande der Willkür, bei maximaler Bräsigkeit und minimalem Verständnis für die Bedürfnisse der Bürger, die den „Service“ mit ihren Steuern bezahlen.

Helgoländer waren in der Geschichte häufig für ihre Renitenz bekannt. Die Insel galt englischen Gouverneuren als unregierbar und im Kaiserreich als Ort des freien Wortes. Vielleicht ist es an der Zeit, dass die Insulaner diese Eigenschaft wieder ein wenig pflegen.

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