„Nicht zufriedenstellend“: HSV hadert mit der Hinrunde – Boldt wird grundsätzlich
Sebastian Schonlau zögerte etwas, als er gefragt wurde, welche Schulnote er der Hinrunde seines HSV geben würde. „Ich würde eine 3+ geben“, sagte der Kapitän nach etwas Bedenkzeit. „Drei heißt befriedigend, trotzdem plus, weil es 31 Punkte sind.“ Dank des 2:0-Auswärtssieges beim 1. FC Nürnberg, durch das der HSV seine bisher schlechteste Zweitliga-Bilanz nach 17 Spieltagen abwenden konnte. Zufrieden sind sie mit der ersten Hälfte der Spielzeit trotzdem nicht wirklich.
In der Vorsaison hatte der HSV bis zur Winterpause 34 Punkte eingesammelt, 2021/22 waren es 29 Zähler, 2020/21 sogar 36, 2019/20 immerhin 30 und in der ersten Spielzeit nach dem Abstieg 2018/19 starke 37. Nun also 31 Punkte, gleichbedeutend mit dem Relegationsrang, immerhin.
HSV-Kapitän Schonlau visiert die Tabellenspitze der Liga an
„Wir wollen noch ein zwei höher klettern, das ist gar keine Frage“, kündigte Schonlau schon mal an und resümierte rückblickend: „Am Ende einer schwierigen Hinrunde sind 31 Punkte schon okay.“ Aber der Abwehrchef weiß: „Mehr ist immer möglich und wäre auch möglich gewesen. Wir haben uns auch mehr ausgemalt. Das steht fest.“
Bei aller Freude über den Sieg zum Jahresende, zumal dieser in Nürnberg auch mit etwas Glück zustande kam, sei „natürlich trotzdem nicht alles positiv“, befand auch Robert Glatzel. „Es wäre natürlich schon ein beschissenes Gefühl gewesen, hätten wir heute nicht drei Punkte eingefahren. Wir sind trotzdem selbstkritisch, dass einiges besser sein muss für die Rückrunde.“
HSV-Auswärtsbilanz ist trotz Sieg in Nürnberg gefährlich
Sogar viel besser werden muss beispielsweise die Auswärtsbilanz, das konnte der Erfolg im Max-Morlock-Stadion nicht kaschieren – weil es erst der zweite Auswärtssieg in der Liga in dieser Saison war, zudem der erste seit fast vier Monaten. Dass Glatzel von einer Hinrunden-Ausbeute spricht, die mit 31 Zählern unter dem Strich „nicht zufriedenstellend“ ist, hängt offenkundig und ganz wesentlich an den nur zehn Punkten aus neun Auswärtsspielen.
„Keiner ist so richtig zufrieden mit der Ausbeute“, stimmte Jonas Boldt den beiden Stammkräften zu. „Wir müssen aber aufpassen, dass wir uns jetzt nicht wieder auseinanderdividieren lassen, sondern dass wir ganz klar und nüchtern bewerten, was ist gut, was ist nicht gut, was kannst du besser machen und wie kannst du es besser machen. Das werden wir in den nächsten Tagen relativ sachlich tun.“ Im Zuge der vorweihnachtlichen Analyse, aus der auch hervorgehen wird, ob die Trainer-Zukunft im Volkspark Tim Walter heißt.
Boldt deutete Kritik an der taktischen HSV-Ausrichtung an
Zwischen den Zeilen war bei Boldt auch Kritik an der taktischen Ausrichtung des HSV in der jüngeren Vergangenheit zu hören. „Heute haben wir uns wirklich dagegen gewehrt und vielleicht auch gezeigt, dass zum Fußball vielleicht auch dazu gehört, nicht alles immer super schön zu erledigen, sondern auch zu verteidigen und es über die Zeit zu bringen“, sprach der 41-Jährige über defensive Grundtugendenden, die dem HSV in den letzten Monaten zu oft abgingen. Wodurch sich Fehler wiederholten und in der Konsequenz auch Rückschläge und Enttäuschungen. Es waren einige seit Ende Juli.
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„Man muss eben gucken: Sind wir auf dem richtigen Weg?“, stellte Boldt daher auch grundsätzlich Fragen. „Sind wir vom Weg abgekommen? Was brauchen wir, um unser Ziel dann endlich auch zu erreichen? Wir müssen aufpassen bei den ganz vielen unterschiedlichen Meinungen, dass wir für uns klar bleiben in dem, was wir beim HSV wollen.“ Ob der Verein eine Zukunft mit Walters Fußball will, ließ Boldt trotz eines versöhnlichen Endes der Hinrunde offen.