• Britta Heidemann ist Athletensprecherin.
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Britta Heidemann : Olympia verschieben? Größte Herausforderung ist die Terminfindung

Köln –

Die Sportwelt steht nahezu komplett still – nur am Olympia-Termin wollen die IOC-Bosse und die Politiker Japans noch festhalten. Am 24. Juli sollen in Tokio die Spiele beginnen, angesichts der Corona-Pandemie eigentlich undenkbar. Das IOC teilte gestern nach einer Sitzung des Exekutivkomitees mit, es wolle innerhalb der nächsten vier Wochen über eine Verlegung entscheiden. Eine Absage der Spiele schloss das IOC aus. Wir sprachen darüber mit Britta Heidemann (37). Die Fecht-Olympiasiegerin aus dem Jahr 2008 ist Mitglied der IOC-Athletenkommission.

Warum ist es beim Thema Olympia so schwer, jetzt auch einen klaren Schnitt zu machen und die Spiele abzusagen und zu verlegen?

Olympische Spiele sind ein sehr komplexes, globales Konstrukt, und eine Entscheidung in jede Richtung hat immense Auswirkungen. Die verschiedenen Alternativen werden intensivst diskutiert, müssen aber gut überlegt und geprüft werden, das dauert einfach eine gewisse Zeit.

Zahlreiche Virologen raten zu einer Absage, auch im August werde der Virus sich noch ausbreiten durch solch eine Großveranstaltung. Was sagt das IOC zu den Prognosen?

Momentan sind wir Bürger sicherlich alle verunsichert von den vielen unterschiedlichen Prognosen, niemand weiß die Gesamtlage genau einzuschätzen. Das IOC steht hierzu im täglichen Austausch mit WHO-Experten. Deshalb wird auch intensiv an Alternativszenarien gearbeitet. Die riesige Herausforderung einer möglichen Verschiebung: Wer kann derzeit voraussagen, welcher Termin ein sicherer wäre?

Fällt das IOC eine Entscheidung eher aus wirtschaftlicher Sicht? Oder wird mehr auf die Athleten gehört?

Das wichtigste Entscheidungskriterium wird die Weltgesundheitslage sein. Und dann gab es Konferenzen mit den Internationalen Verbänden, den Nationalen Olympischen Komitees und den Athleten sowie sicherlich auch den anderen Stakeholdern. Olympische Spiele sind sehr komplex und das IOC trägt eine große Verantwortung gegenüber allen Beteiligten, natürlich insbesondere auch gegenüber den Athleten.

Hier wollen nun die Athleten abstimmen: A: Spiele werden verschoben, B: Sollte das IOC den Plan durchziehen, sind wir nicht dabei oder C: Wir sind dabei, was immer auch passiert. Der DOSB will dieser Abstimmung folgen – in guter Weg?

Als Athletenvertreterin stehe ich mit Athleten international und national dazu im regen Austausch, das ist sehr wertvoll. Und am Sonntag gab es auch zwischen DOSB und über 200 Athleten eine Telefonkonferenz, in der die Sorgen und Ansichten der Athleten zum Tragen kamen. Der angedachte Fragebogen dürfte differenziertere Fragen enthalten, als Ihre Frage vermuten lässt. Die Antworten werden dann ein gesamtes Stimmungsbild abgeben. Am Ende steht aber der Dachverband in der Verantwortung.

Fecht-Kollege Max Hartung hat schon gesagt, dass er an den Spielen nicht teilnehmen will, sollte es bei dem Termin bleiben. Können Sie das aus Sicht der Sportlerin verstehen?

Man kann sich als Athlet dieser Tage mit guten Gründen für eine Verschiebung aussprechen, aber gleichzeitig natürlich trotzdem im Fall der Fälle im Juli antreten. Das ist ja keine Entweder-Oder-Entscheidung. Ich vermute, dass die meisten Athleten weltweit auch mit eingeschränkten Bedingungen teilnehmen würden, sofern keine gesundheitlichen Risiken bestehen. Man kann fest davon ausgehen, dass eh nur dann Spiele stattfinden, wenn genau dies gewährleistet ist.

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Wie will das IOC Chancengleichheit gewährleisten? Die meisten Sportler können derzeit nicht richtig trainieren…

Erst einmal steht ja noch die Antwort auf die Frage aus, wann genau die Spiele werden stattfinden können. Aus reinen Trainingsaspekten muss man aber sagen, die Chancen sind nie überall gleich. Gleichzeitig sind von der derzeitigen Situation viele Länder betroffen. Im Zweifel würde ich als Athlet wohl lieber mit Trainingsrückstand als gar nicht antreten. Ich kann aber voll nachvollziehen, dass sich die Athleten Sorgen machen und um ihre Chance bei Olympia bangen. Mir ginge es nicht anders.

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