Augenklappe bis Zimtschnecke: Das Jahr 2023 von A bis Z
Es war ein Jahr der Not und Kriege und des Terrors – etwa in Nahost und in der Ukraine. In Deutschland war 2023 ein Jahr mit „Ampelzoff“ und dem Gefühl, dass vieles unrund läuft, zum Beispiel bei der Bahn, in die viele endgültig ihr Urvertrauen verloren. Und 2023 war ein Jahr der Bekenntnisse und Beichten von Männern wie Gil Ofarim, Til Schweiger und Jan Ullrich.
Am Ende von 2023 ist Zeit für Themen, Menschen, Trends des Jahres – zwischen den Jahren lieber entspannt statt stressend. Ein Lebensgefühl-Lexikon von A bis Z:
A
– Abnehmspritze: Promis lösten einen regelrechten Hype um Medikamente wie Ozempic und Wegovy aus.
– „Atemlos“: Zehn Jahre nach Erscheinen wurde das Lied von Helene Fischer in der Neufassung mit Shirin David doch noch Nummer-eins-Hit.
– Augenklappe: Ein echter Hingucker war es, als Bundeskanzler Olaf Scholz nach einem Joggingunfall piratenmäßig mit Augenklappe auftrat.
B
– „Barbie“: Hype-Film des Jahres mit Margot Robbie und Ryan Gosling (Regie: Greta Gerwig). Zusammen mit Christopher Nolans „Oppenheimer“ wurde der Sommer-Blockbuster zum Phänomen „Barbenheimer“.
– Beckham-Test: Den „bestehen“ Männer, wenn sie mit ihrer Partnerin mittanzen, ohne das eine Aufforderung nötig ist – ein Tiktok-Trend aufgrund einer Szene aus der Netflix-Dokuserie über David Beckham.
– Birkenstock: Der Sandalenhersteller ging an die Börse und ist hip in Amerika. Trend-Sneaker des Jahres schienen die von Hoka zu sein.
C
– ChatGPT: Dieser Text-Roboter löste spätestens 2023 einen Hype und Sorgen um KI aus (sogenannte Künstliche Intelligenz).
– Celebration Tour: Die wohl letzte Tapfere der 80er-Superstars – Madonna – gab wieder Konzerte, wenn auch verspätet.
– Corona: Die Pandemie ist vorbei, das Virus aber blieb in immer neuen Varianten und mit zum Teil heftigen Folgen beim Krankenstand.
D
– Dancing Star: Bei „Let’s Dance“ von RTL flogen Model Anna Ermakova, Tochter von Boris Becker, die Herzen des TV-Publikums zu.
– Dirk Bach: In Köln gab es Streit um die rosa Bank am Grab des unvergessenen Komikers, bald bekommt die Stadt aber sogar einen Dirk-Bach-Platz.
– „Dorfromantik“: Das Brettspiel von Lukas Zach und Michael Palm wurde „Spiel des Jahres“ und auch das meistverkaufte – es bietet Idylle sowie eine friedliche und kooperative Erfahrung.
E
– Edgar Cut: Eine Version des Topfschnitts bei Jungs, über die in sozialen Medien auch gern gelästert wurde.
– Einweg-Vapes: Einwegzigaretten, die plötzlich boomten und auch Jüngere zum Rauchen verführten.
F
– „Friesenjung“: Der hyperschnelle Song von Rapper Ski Aggu und Musiker Joost Klein mit einem Sample von Komiker Otto war ein Hit.
G
– German Star: Die ausdrucksstarke Sandra Hüller wurde als „Actress of the Year“ („Hollywood Reporter“) gehandelt. Ihre Rollen in „Anatomie eines Falls“ und „The Zone of Interest“ beeindruckten. 2024 Oscar?
– Gottschalk: In seiner letzten „Wetten, dass..?“-Show rechnete Thomas Gottschalk (73) mit heutiger Correctness ab. Es sei „keine dolle Entwicklung“, dass er inzwischen zu Haus anders rede als im TV.
H
– Hot-Chip-Challenge: Irrsinniger Trend, total scharf zu snacken und dies zu filmen und dann in sozialen Medien zu teilen.
– Hundekot-Attacke: Kaum zu glaubende Tat eines Ballettdirektors, der eine Kritikerin der „FAZ“ mit Exkrementen beschmierte.
I
– Insekt Bettwanze: Eine angebliche Bettwanzen-Plage beschäftigte Frankreich – im Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris.
J
– Jugendwort goofy: Der im Oktober gekürte Begriff bezeichnet eine tollpatschige Person oder alberne Verhaltensweisen.
– Jürgen Drews: Der Sänger nahm Bühnenabschied, auch wenn er im Dezember wieder in einer ZDF-Show war; eine letzte Tour beendete Elton John; Mireille Mathieu und Vicky Leandros wollen das 2024 tun.
K
– „Komet“: Deutschlands Hit des Jahres von Udo Lindenberg und Apache 207; mit 21 Wochen ist es der längste Nummer-eins-Hit der Republik überhaupt.
– Krawattensterben: Trägt noch wer Krawatte, nachdem Corona die Moderegeln aufweichte? Junge Männer bevorzugen Halskettchen.
– Kussskandal: Die spanische Fußballspielerin Jennifer Hermoso wurde vom Verbandspräsidenten ungefragt öffentlich auf den Mund geküsst.
L
– Lachflash: Die seriöse „Tagesschau“-Sprecherin Susanne Daubner hatte Ende September auf Sendung einen Lachanfall, der sie sympathisch fassungslos mit „Och Mann“ reagieren ließ.
– Liam Carpenter: Der aus England stammende Influencer amüsiert mit Clips über typisch deutsche (grantige) Eigenheiten. Einleitung: „In Germany, we don’t say…“ (In Deutschland sagen wir nicht…).
– Löwin von Kleinmachnow: Etwa 30 Stunden lang wurde im Sommer nahe Berlin eine Wildsau als Löwin durchs mediale (Welt-)Dorf getrieben.
– Lord Of The Lost: Hamburger Rockband, die Deutschland eine weitere Blamage beim Eurovision Song Contest bescherte.
M
– Mönch von Lützerath: Virales Meme um einen Verkleideten, der bei Braunkohleprotesten im Schlamm Polizisten umwarf.
– Messertanz: Britney Spears wirkte in Social Media manchmal wirr und erregte mit ihrer Autobiografie („The Woman in Me“) Aufsehen.
– Miss France: Miss Frankreich 2024, Eve Gilles (20), hat kurze Haare, einen Pixie Cut, was eine Premiere war – und tatsächlich zu Anfeindungen führte. „Nein! Doch! Oh!“, würde Louis de Funès sagen.
N
– Nachts den Mund zukleben: Mouth Taping heißt der gefährliche Trend, um mit Nasenatmung einen angeblich gesünderen Schlaf zu erreichen.
– „Now And Then“: neuer Beatles-Hit, der erst durch moderne Technik möglich wurde – ein Revival, (fast) so schön wie das von ABBA 2021.
O
– Oranges Brandenburger Tor: Kaum etwas spaltet derart wie die Aktionen der Klimaaktivisten der sogenannten „Letzten Generation“.
– Othering: In einem der großen Bestseller des Jahres legte Dirk Oschmann offen, wie der Westen sich immer noch als Norm definiert und den Osten als Abweichung: „Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“.
P
– „Padam Padam“: Ein Ohrwurm des Jahres – von Popsängerin Kylie Minogue, für die es sich „wie ein Comeback“ anfühlte.
– Pferd/„Mädchen aufm Pferd“: Zum Sommerhit gekürtes Lied vom bayerischen DJ- und Produzenten-Duo Luca-Dante Spadafora/Niklas Dee – Techno-Remake eines fast zehn Jahre alten „Bibi und Tina“-Filmsongs.
Q
– Quiet Luxury: Gegentrend zur Protzmode mit fetten Logos – früher Understatement genannt.
– Queerer Influencer: Mehrere Nummer-eins-Hits („Ice Cream“, „Hot Or Not“) und zum Beispiel Abnehmen vor Social-Media-Publikum machten Twenty4Tim zu einem der Neu-Promis des Jahres.
R
– Rammstein: Die Vorwürfe von Frauen vor allem gegen Frontmann Till Lindemann (60) waren ein großes Thema des Jahres.
– „Reserve“: Mega-Bestseller von Prinz Harry, in dem er Dinge verriet, die man nicht unbedingt von dem Royal wissen wollte.
– Rizz: Fähigkeit, charmant zu sein und erfolgreich zu flirten. Der vom Wort Charisma abgeleitete Begriff wurde in Großbritannien zum Wort des Jahres gekürt („Oxford Word of the Year“).
– Roman Empire: An das Römische Reich denken Männer mehrfach am Tag, wenn man einem Tiktok-Trend trauen darf.
S
– Selbstbedienungskassen: Gefühlt überall soll man sich jetzt selbst abkassieren. Den Self-Checkout gibt es spätestens jetzt nicht mehr nur bei Ikea, sondern auch in vielen anderen Läden.
– Serienboom-Ende: Nicht erst der Hollywood-Streik führte zu weniger Produktionen und einem Ende des allzu goldenen Streamingzeitalters.
– Siesta-Debatte: Diskussion im Hochsommer über neue Arbeitszeitmodelle in Deutschland angesichts von Hitzewellen.
– Situationship: Angesagter Begriff für eine romantische oder sexuelle Beziehung, bei der die Beteiligten nicht klar ihren Status definieren und kommunizieren.
– Smashburger: Gegenbewegung zu fett hohen Burgern – Fleisch-Patties werden auf heißer Platte zerdrückt, der Rand karamellisiert knusprig.
– „Sonne und Beton“: Coming-of-Age-Film und deutscher Kinohit nach dem Buch von Comedian Felix Lobrecht, der dieses Jahr auch sehr offen mit seinen psychischen Problemen umging.
T
– Taylor Swift: Das Magazin „Time“ kürte die 34-Jährige, die mit ihrer „Eras“-Tour Rekorde bricht, zur Person des Jahres. Fans des Popstars nennen sich Swifties.
– Tethered Caps: Lass-mich-dran-Verschlüsse aus Umweltgründen fielen dieses Jahr vielen Leuten an Cola- oder Wasserflaschen auf.
– Tipflation: Name für das Phänomen, das nach der Corona-Pandemie und angesichts von Inflation und Personalmangel in der Gastronomie mehr Trinkgeld erwartet oder gar gefordert wird.
U
– Ungeschminkt: Vorreiterin des Make-up-free-Trends 2023 war die früher meist stark geschminkte Schauspielerin Pamela Anderson.
V
– Vergangenheit: Von wegen Antisemitismus ist Geschichte – angesichts des Angriffs der Hamas auf Israel und vieler merkwürdiger Reaktionen darauf lautete ein passender Slogan „Nie wieder ist jetzt“.
W
– Wiesn: Das Oktoberfest in München war heuer – äh, dieses Jahr – so gut besucht wie lange nicht.
– Wörter des Jahres: In Deutschland wurde „Krisenmodus“ gekürt, in Österreich „Kanzlermenü“ (ein Hamburger bei McDonald’s sei die „billigste warme Mahlzeit“, sagte der Regierungschef zu Kinderarmut) und in der Schweiz „Monsterbank“ (Fusion von UBS und Credit Suisse).
X
– X ist der neue Name von Twitter: Die Verwunderung bleibt, dass der alte Name, der Vogel und das Verb „twittern“ ohne Not verschwanden. Twitter-Konkurrenten wie BlueSky und Threads waren ’23 auch Thema.
Y
– Y für die Bundeswehr: Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte 2023 über Armee und Gesellschaft: „Wir müssen kriegstüchtig werden.“
Z
– Zimtschnecken: Das unübersehbar gewordene Szenegebäck – Hype dank sozialer Medien und sprießender In-Läden mit Cinnamon Rolls.
– Z wie in Gen Z: Die sogenannte Generation Z (zwischen etwa 1995 und 2010 geboren) achte zu viel auf Work-Life-Balance, sei dumm und faul und überhaupt – womöglich das nervigste Klischee des Jahres.