Scholz gibt sich optimistisch: „Wir kommen auch mit Gegenwind zurecht“
Pandemie, Energiekrise, Kriege im Nahen Osten und in der Ukraine: Die Welt ist „unruhiger und rauer“ geworden, wie der Kanzler in seiner Neujahrsansprache sagt. Doch jeder werde in Deutschland gebraucht, und damit müsse es keine Angst vor der Zukunft geben.
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigt sich optimistisch, dass Deutschland den Herausforderungen dieser Zeit gewachsen ist. „Wir kommen auch mit Gegenwind zurecht“, sagte der SPD-Politiker in seiner Neujahrsansprache, deren Text am Samstag vorab verbreitet wurde. „Das macht die Herausforderungen unserer Zeit nicht kleiner.“
Scholz fordert gegenseitigen Respekt
Doch die Einsicht, dass jede und jeder gebraucht werde – die Spitzen-Forscherin genauso wie der Altenpfleger, die Polizistin genauso wie der Paketbote, die Rentnerin genauso wie der junge Auszubildende – mache stark. „Wenn wir uns das klarmachen, wenn wir uns gegenseitig mit diesem Respekt begegnen, dann brauchen wir keine Angst zu haben vor der Zukunft!“
Scholz sprach aber auch von Verständnis für die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger. „Kaum war Corona halbwegs vorbei, brach Russland mitten in Europa einen unerbittlichen Krieg vom Zaun“, sagte er. Kurz darauf habe der russische Präsident Wladimir Putin den Gashahn abgedreht, und im Herbst habe es noch den brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel gegeben. „Unsere Welt ist unruhiger und rauer geworden. Sie verändert sich in geradezu atemberaubender Geschwindigkeit.“
Scholz kündigt an, in die Zukunft zu investieren
Deshalb müsse auch Deutschland sich verändern. „Bei einigen sorgt das auch für Unzufriedenheit. Ich nehme mir das zu Herzen“, sagte er. „Und zugleich weiß ich: Wir in Deutschland kommen da durch.“ Mit diesen Worten ruft der Kanzler Erinnerungen an drei kleine Worte von seiner Vorgängerin im Amt, Angela Merkel (CDU), wach. Ihr „Wir schaffen das“ in der Flüchtlingskrise 2015 wurde danach oft zitiert und mit Bedeutung aufgeladen.
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Scholz kündigte an, kraftvoll in die Zukunft investieren zu wollen. „Denn wer in diesen Tagen mit der Bahn unterwegs ist oder vor einer maroden Brücke im Stau steht, der merkt: Unser Land wurde zu lange auf Verschleiß gefahren. Deshalb investieren wir jetzt: in ordentliche Straßen und eine bessere Bahn.“
Gerichtsurteil zu Etat 2021 erschwert Investitionen
Das alles sei jedoch vor dem Hintergrund des weitreichenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November nicht einfacher geworden. „Nicht alle Vorhaben, die wir in den Blick genommen hatten, werden wir umsetzen können.“
Mitte November hatte das Bundesverfassungsgericht die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Etat 2021 für nichtig erklärt. Das Geld war als Corona-Kredit bewilligt worden, sollte aber nachträglich für den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Zugleich entschieden die Richter, der Staat dürfe sich Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen.
Kanzler übt auch Kritik an Politik im Jahr 2023
Der Kanzler fand auch kritische Worte für die Politik des auslaufenden Jahres. „Diskussionen über den richtigen Weg gehören dazu. Das Ringen um faire Kompromisse ebenfalls – auch wenn ich auf manch laute Debatte in den vergangenen Wochen und Monaten durchaus hätte verzichten können.“
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Angesichts der anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA und einer möglichen Wiederwahl des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trumps appellierte Scholz an eine Geschlossenheit der EU. Wenn diese geschlossen auftrete, dann handele sie für mehr als 400 Millionen Bürgerinnen und Bürger. „In einer Welt mit acht, künftig sogar mit zehn Milliarden Menschen ist das ein echtes Pfund“, sagte der Kanzler. Darum sei es so wichtig, dass Europa geeint und gestärkt aus der Europawahl im Jahr 2024 hervorgehe. Denn Russlands Krieg in der Ukraine sei noch nicht vorbei, und in den USA stünden Präsidentschaftswahlen an, „möglicherweise mit weitreichenden Konsequenzen – auch für uns hier in Europa.“ (dpa/mp)