• Foto: Christian Charisius/dpa

Arbeiter zu langsam? Reedereien machen Bogen um Hamburger Hafen

Unternehmen im Hamburger Hafen sind auf Zinne: Die Abfertigung von Containerschiffen am Eurogate-Terminal dauert ihnen zu lange. Nun lassen die Reedereien Maersk und MSC als Konsequenz einige Schiffe in anderen Häfen abfertigen. Sind die Hafenarbeiter mit ihren Forderungen nach mehr Geld Schuld?

Die „MSC Leanne“ und die „MSC Kalina“ sollen ihre Ladung in Wilhelmshaven statt in Hamburg löschen lassen, schrieben Maersk und MSC, die als „2M“ zusammenarbeiten und sich Transportkapazitäten teilen, ihren Kunden am 31. Mai: „Da sich die Situation im Hamburger Hafen in den vergangenen Tagen nicht gebessert hat und es starke Kapazitätskürzungen im Inlandsnetz gibt, haben wir geschlussfolgert, dass es keine Möglichkeit gibt, ihre Ladung nach Hamburg zu bringen.“ Das berichtet das „Abendblatt“, dem das Schreiben vorliegt. Als Gründe werden Ladungsstau, Langsamarbeit und Proteste von Hafenarbeitern bei Eurogate genannt.

Maersk und MSC verlegen Schiffe von Hamburg

Am 1. Juni wandte sich dem Bericht zufolge Maersk noch einmal an seine Geschäftspartner: „Aufgrund hoher Auslastung und außergewöhnlicher Wartezeit für unsere Schiffe“ werde man Hamburg auf den nächsten vier Reisen des Ostasiendienstes nach Europa auslassen und stattdessen das Nordseeterminal NTB in Bremerhaven vornehmen.

Aus Branchenkreisen ist zu hören, dass auch die Reedereien Hapag-Lloyd und CMA planen beziehungsweise überlegen, Linien in andere Häfen zu verlegen. Allein die Maßnahmen von Maersk und MSC bedeuten dem „Abendblatt“ zufolge für den Terminalbetreiber Eurogate 25.000 Container pro Monat weniger.

25.000 Container weniger für den Hamburger Hafen

Diese Zahl möchte das Unternehmen nicht bestätigen: Auf MOPO-Nachfrage gibt Eurogate keine Stellungnahme zu den Mitteilungen der Reedereien ab. Auch die Vorwürfe aus dem Kundenschreiben von Maersk und MSC, dass die längeren Wartezeiten damit zusammenhängen, dass die Arbeiter langsamer arbeiten als sonst, weil die Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften stocken, kommentiert das Unternehmen nicht.

Deutlicher wird Axel Hoeckrich, Geschäftsführer des HHLA-Frucht- und Kühlzentrums, den die Verzögerungen beim Warenumschlag viel Geld kosten, wie ihn das „Abendblatt“ zitiert: „Die aktuelle Performance des Eurogate-Terminals ist für den Hamburger Hafen ohne Übertreibung standortschädigend und für alle nachgelagerten Betriebe geschäftsschädigend.“

Medienbericht: Chef von HHLA-Kühlzentrum sauer auf Eurogate

„Es muss das Ziel aller Beteiligter im Hamburger Hafen sein, mit diesen Belastungen für den Umschlagbetrieb fair, verständnisvoll und im Miteinander umzugehen“, sagt Hans-Jörg Heims, HHLA-Sprecher zur MOPO. Sei die Verlässlichkeit des Hafens nicht mehr gewährleistet, würden die Kunden das Vertrauen in den Standort und seine Dienste verlieren. „In der Konsequenz bedeutet weniger Menge weniger Beschäftigung.“

Tatsächlich kommen derzeit viele Schiffe mit erheblicher Verspätung in Hamburg an – Nachwirkungen der Suezkanal-Blockade im März. Die Lagerkapazitäten im Hafen sind am Anschlag, und das nicht nicht nur bei Eurogate.

Die HHLA setze ein Restruktrukturierungsprogramm für seine Hamburger Containerterminals um, sagt Sprecher Heims, damit diese wettbewerbsfähig bleiben. „Als Teil der Hamburger Hafenwirtschaft suchen wir das Gespräch mit allen Beteiligten, um gemeinsam Lösungen auch in herausfordernden Zeiten zu finden“, so Heims.

Tarifverhandlungen zwischen Verdi und Hafenunternehmen in Hamburg

Und nun kommen auch noch die Verhandlungen der Gewerkschaft Verdi mit dem Zentralverband der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) über neue Tarifverträge dazu. 

Tragen also die Arbeiter mit ihrem Ringen um bessere Arbeitsbedingungen zur Hafen-Misere bei? Das weist Lars Stubbe, Verdi-Sekretär für Maritime Wirtschaft, weit von sich: „Es geht nicht nur um einzelne Arbeitgeber wie Eurogate, sondern um das ganze Tarifgebiet“, sagt er auf MOPO-Anfrage. „Die Kollegen reagieren auf das völlig unzureichende Angebot der Arbeitgeberseite. Die Tarifkommission hat dazu aufgerufen, freiwillige Mehrarbeit abzulehnen, und dem sind die Kollegen massenhaft nachgekommen, um ihre Kommission zu unterstützen.“

Hamburg: CDU-Mann Götz Wiese greift Westhagemann an

Der Hafen erfülle eine elementare Rolle in der Versorgung von Industrie und Bevölkerung. Daher solle die Stadt ihre wirtschaftlichen Beteiligungen einsetzen, um Arbeitsplätze zu guten Bedingungen dauerhaft zu sichern.

Götz Wiese, hafenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Senat: „Warum macht der Senat nichts? Was braucht der Hafensenator noch für Alarmzeichen? Der Abzug von Schiffen durch Maersk und MSC ist ein Schlag ins Kontor.“ Der Senat spreche zwar gern davon, wie wichtig der Hafen ist, aber es geschehe zu wenig. 

Der parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann und der Senat hätten kein Konzept für die maritime Wirtschaft im Hafen. „Die Kosten des Hamburger Hafens sind zu hoch. Schwerfällig, bürokratisch, zu teuer – das darf nicht der Ruf des Hamburger Hafens sein“, so Wiese zur MOPO.

Hamburger Wirtschaftsbehörde will sich nicht einmischen

Man habe „keine Einflussmöglichkeiten auf den Terminal“ und könne sich „nicht in unternehmerische Entscheidungen einmischen“, heißt es auf Nachfrage der MOPO aus der Wirtschaftsbehörde. Abgesehen davon gebe es aber regelmäßig Gespräche mit den Unternehmen. „Denn alle Player im Hafen haben das Interesse, dass die Abläufe und die Performance im Hafen stimmen“, so der Behördensprecher.

Aber hat die Politik bisher genug getan, um den Hafen attraktiv zu halten? „Wie Sie wissen, arbeiten wir an der Entwicklung des Hafens mit klarem Blick auf die Themen der Zukunft“, so der Sprecher. „Dazu gehören Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Wertschöpfung, gute Arbeit, eine vernünftige Infrastruktur, Umschlag und Beschäftigung.“

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