„Finanzen nicht im Griff“: Autofreies Ottensen: Schwere Vorwürfe gegen Bezirksamt
Ottensen –
Sechs Monate lang wurden Teile von Ottensen in eine autofreie Zone verwandelt – bis das Projekt „Ottensen macht Platz“ Ende Januar vorzeitig vom Hamburger Verwaltungsgericht gekippt wurde. Die SPD-Fraktion Altona wollte nun wissen, welche Kosten damals entstanden sind. Die Antwort sorgt bei den Abgeordneten für Empörung.
Das Projekt sei noch nicht schlussgerechnet, da sowohl die Abrechnung des Abbruchs des Projekts als auch die Erstellung des Evaluationsberichts noch nicht abgeschlossen sei, hieß es in der Stellungnahme auf eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Mithat Capar.
„Sobald das Projekt schlussgerechnet ist, wird das Fachamt Management des öffentlichen Raumes eine Mitteilungsdrucksache für den Verkehrsausschuss erstellen. Daher ist eine derzeitige Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht möglich“, heißt es weiter.
Fragen zu Kosten von „Ottensen macht Platz“ bleiben unbeantwortet
Unter anderem wollte man wissen, welche Planungskosten bei der Vorbereitung des Modellversuchs entstanden sind, wie hoch die Kosten für hinzugezogene, externe Firmen waren und welche zusätzlichen Personalkosten durch den Modellversuch entstanden sind.
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Dass das Bezirksamt Altona dazu keinerlei Angaben machen kann, sorgt bei den Abgeordneten für Unverständnis: „Wir sind hochgradig irritiert, dass das Bezirksamt Altona überhaupt keine Zahlen dazu liefern kann, welche Kosten durch den Modellversuch entstanden sind“, sagt Oliver Schmidt, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion Altona.
Gutes und verantwortungsvolles Haushalten sehe aus seiner Sicht anders aus. „Auch wenn das Projekt noch nicht schlussgerechnet wurde, muss das Bezirksamt Altona doch mindestens einen Zwischenüberblick darüber haben, welche Kosten durch externe Dienstleister im Rahmen des Modellversuchs entstanden sind. Weiterhin muss doch klar sein, welche Personalressourcen eingesetzt wurden. Dass wir hierzu keine Auskunft bekommen, heißt für mich schlichtergreifend, dass hier kein Kostencontrolling stattfindet. Das Bezirksamt Altona hat seine Finanzen also nicht im Griff!“
SPD-Mann Mithat Capar: „Auskunftsrecht wurde mit Füßen getreten“
So sieht das auch sein Parteikollege Mithat Capar: „Das Bezirksverwaltungsgesetz ist in Paragraf 24 ganz klar: Es ist das Recht jedes Abgeordneten, Kleine Anfragen zu stellen und die Pflicht der Bezirksamtsleitung, auf diese Anfragen nach besten Wissen und Gewissen zu antworten“, ergänzt der SPD-Wahlkreisabgeordneter aus Ottensen verärgert.
„Dieses Auskunftsrecht wurde hier mit Füßen getreten – gar keine Informationen zu den Kosten des Modellversuchs geben zu können, halte ich für vollkommen unglaubwürdig. Hier macht sich das Bezirksamt auf Kosten der Rechte der Bezirksabgeordneten einen schlanken Fuß. Das ist hochgradig problematisch!“
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Auf Nachfrage erklärt das Bezirksamt Altona der MOPO: „Tatsächlich ist es so, dass das ganze Projekt – welches hochkomplex war und viele einzelne Kostenpositionen aufweist – noch nicht schlussgerechnet ist. Daher ergibt es wenig Sinn, unvollständige und womöglich verzerrende Zwischenstände zu übermitteln“, so Pressesprecher Mike Schlink.
Im Video: „Ottensen macht Platz“ verboten – das sagen Anwohner
So ist es auch im Verkehrsausschuss einvernehmlich beschlossen worden. Man wolle jedoch weder mauern noch etwas verstecken. „Selbstverständlich wird das Bezirksamt die Schlussrechnung vollumfänglich und transparent darstellen, sobald diese vorliegt. Es bedarf nur einfach leider seine Zeit.“
Hamburgs Pilotprojekt „Ottensen macht Platz“ vorzeitig gekippt
Am 1. September vergangenen Jahres wurde das Zentrum von Ottensen monatelang zur autofreien Zone. Geplant war das Projekt ursprünglich für einen Testzeitraum von September bis Ende Februar 2020. Doch der Versuch musste Ende Januar abgebrochen werden. Das Hamburger Verwaltungsgericht hatte den Eilanträgen von zwei gewerblichen Anliegern stattgegeben.
Nach MOPO-Informationen laufen jedoch derzeit die Vorbereitungen der Planungen für ein „Ottensen macht Platz 2.0“, welches mit einem Finanzierungsvolumen im mittleren einstelligen Millionenbereich für die richtige Umgestaltung kalkuliert wird.