• 6000 Menschen schwammen nach Ceuta, darunter 1500 Kinder. Ein Mensch starb bei dem Versuch.
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Schlimme Szenen am Mittelmeer: Tausende versuchen schwimmend nach Spanien zu gelangen

Ceuta –

6000 Menschen an einem Tag. So viele Migrant:innen sind noch die nach Ceuta gekommen, der kleinen spanischen Exklave mit rund 85.000 Einwohnern auf dem afrikanischen Kontinent an der Straße von Gibraltar in der Nachbarschaft Marokkos. Dieses hatte die Kontrolle der Grenze zur benachbarten Exklave plötzlich ausgesetzt. Tausende Menschen nutzten die Chance und schwammen zu dem Außenposten Europas. Es gab mindestens einen Toten.

In der spanischen Nordafrika-Exklave Ceuta sind bis Dienstagmorgen etwa 6000 Migrant:innen aus Marokko angekommen. Davon seien bereits 1600 in das Nachbarland zurückgebracht worden, sagte Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska dem TV-Sender RTVE. Bei etwa 1500 der seit Montagmorgen angekommenen Menschen handele es sich um Minderjährige. Diese werden in der Regel nicht sofort zurückgeschickt. Auf marokkanischer Seite gebe es immer noch Menschen, die versuchen wollten, illegal nach Ceuta zu kommen, sagte der Minister. Die Regierung habe zusätzlich 200 Polizisten nach Ceuta entsandt.

Die lokalen Behörden waren überfordert

Noch nie zuvor sind so viele Menschen binnen eines Tages in die kleine Exklave mit rund 85.000 Einwohnern gekommen. Marokko hatte die Kontrolle der angrenzenden Strände ohne Erklärung ausgesetzt. Tausende nutzten die Chance, um an der Küste bis an den Grenzzaun zu gehen. Von dort mussten sie nur um eine Mole herum schwimmen, um nach Ceuta zu gelangen.

Migranten aus Marokko schwimmen zur spanischen Nordafrika-Exklave Ceuta.

Migranten aus Marokko schwimmen zur spanischen Nordafrika-Exklave Ceuta.

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picture alliance/dpa/EUROPA PRESS

Die Behörden der Exklave wurden völlig überwältigt und konnten nicht mehr tun, als Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Es gab dennoch einen Toten. Die Erwachsenen, die zunächst durch die Stadt liefen, wurden in ein Stadion gebracht. Die Minderjährigen wurden in einem inzwischen völlig überfüllten Auffanglager untergebracht.

Möglicher Grund: Diplomatische Verstimmungen

Marokko ließ die Menschen nach Einschätzung spanischer Medien passieren, weil es darüber verärgert ist, dass Spanien die medizinische Behandlung des Chefs der Unabhängigkeitsbewegung Polisario für Westsahara, Brahim Ghali, in einem Krankenhaus in Logroño erlaubte. Marokko beansprucht das Gebiet an seiner Südgrenze als Teil seines Staatsgebiets. Eine Erklärung aus Rabat gab es zunächst nicht.

Einige Migranten versuchten per Boot in die Exklave überzusetzen.

Einige Migranten versuchten per Boot in die Exklave überzusetzen.

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imago images/Agencia EFE

Westsahara an der nordafrikanischen Atlantikküste war bis 1975 spanische Kolonie. Marokko kontrolliert große Teile des dünn besiedelten Gebiets an seiner Südgrenze. Die Polisario strebt nach Unabhängigkeit für die Westsahara. Marokko will der Region nur Autonomie zugestehen.

Donald Trump anerkannte Marokkos Souveränität über Westsahara

Im Dezember hatte der damals bereits abgewählte, aber noch amtierende US-Präsident Donald Trump Marokkos Souveränität über Westsahara anerkannt. Seither wachsen die Spannungen zwischen Marokko und europäischen Ländern, die Trumps Entscheidung kritisierten. So rief Rabat Anfang Mai seine Botschafterin aus Berlin zurück.

Die spanische Zeitung „El País“ beschrieb die Lage vor Ceuta am Vortag als eine „Autobahn auf dem Meer“. Die meisten der Ankommenden seien Männer, aber es seien auch Frauen und Familien mit Babys darunter gewesen. Einige hatten Schwimmringe oder kleine Schlauchboote dabei. Nach unbestätigten Medienberichten hatten sich auch in der marokkanischen Hafenstadt Tanger Migranten aus Ländern südlich der Sahara auf den Weg in Richtung Ceuta gemacht.

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Viele Marokkaner im Umfeld von Ceuta und der anderen spanischen Nordafrika-Exklave Melilla haben ihre Arbeit und Einkommen verloren, seit Marokko die Grenze zu den beiden Gebieten im März 2020 wegen der Corona-Pandemie geschlossen hat. Immer wieder demonstrierten Menschen, die sonst in den Exklaven arbeiteten, für ein Ende der Schließung. (km/dpa)

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