• Gaia und Cornelius von Rantzau wollen die Welt im Minutentakt klüger machen.
  • Foto: Gaiali 

Klugscheißern gefällig?: Mit dieser App wird jeder zum Besserwisser

Eine gute Ausbildung heißt noch lange nicht, dass man gebildet ist – das stellte der gebürtige Hamburger Cornelius von Rantzau (32) vor fünf Jahren fest, als er mit seiner Frau Gaia (31) das erste Mal die Oper La Bohème sah und durch das ein oder andere Museum streifte: „Neben Gaia wurden mir meine Wissenslücken bewusst!“ Damit es anderen nicht so geht, hat er eine App entwickelt, die in kleinen, spannenden Audio-Geschichten Allgemeinwissen vermittelt.

Was ist ein Oxymoron? Wann startete die Industrielle Revolution? Welche Wirtschaftsordnung hat eigentlich die Bundesrepublik Deutschland? Diese Fragen stammen aus Einstellungstests. Heute nimmt durch Smartphones, mit denen schnell etwas recherchiert werden kann, und die Flut an Informationen im Netz das Allgemeinwissen immer mehr ab. 

„Ich muss ehrlich zugeben, dass ich früher ein ziemlicher Kulturbanause war“, sagt von Rantzau, der mittlerweile in Berlin lebt, im Gespräch mit der MOPO. Er habe sich zehn Jahre so auf seinen damaligen Job fokussiert, dass er zwar hochspezialisiert war, allgemeines Wissen aber auf der Strecke blieb – mit Impressionismus oder gotischen Kirchen konnte er nicht viel anfangen.

Neue App: Kleine Geschichten für mehr Allgemeinwissen

Erst als er seine Frau Gaia, die Kunsthistorikerin ist, kennenlernte, tauchte er mehr und mehr in die Kunst- und Kulturszene ein. „Gaia hat mir immer kleine Geschichten erzählt“, sagt er. Eine der ersten drehte sich um die Entstehung korinthischer Säulen. Die Überlieferung: Eine Amme habe einen Korb mit den geliebten Dingen einer verstorbenen jungen Frau auf dem Friedhof mit einer Steinplatte abgedeckt. Über die Zeit wuchsen daran Akanthusblätter empor. Ein Bildhauer griff dieses Bild auf, und so soll die Sockelform entstanden sein, die unter anderem am Reichstag zu finden ist.

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„Es gab einen Aha-Moment“, sagt von Rantzau. Plötzlich sah er in den Städten nicht mehr nur Gebäude: „Kirchen waren nicht mehr einfach nur Kirchen, ich konnte Gotik und Romanik unterscheiden und sah auf einmal die Fensterrosen und Rundbögen“. „Ich nenne das auch gerne den Gaiali-Effekt“, sagt er lächelnd.

Alte Philosophen können bei aktuellen Diskussionen weiterhelfen

Erst wenn man wisse, was es alles um einen herum gibt, könne man die Dinge auch wahrnehmen. Beim Thema Architektur merke man schnell, wie der Blick geschärft wird, bei Gemälden sei das etwas schwieriger.

Geschichte oder Philosophie sind auch auf aktuelle Themen anwendbar. „Aristoteles hat sich damit beschäftigt, Sophisten, also Menschen die populistische Aussagen treffen, zu entlarven – seine Logiken lassen sich eins zu eins auf Trump anwenden“, sagt von Rantzau. Ebenso wie die Fragetechnik von Sokrates noch heute in Diskussionen behilflich sein kann: anstatt seine Überzeugungen laut in den Ring zu schmeißen, einfach so lange Fragen stellen, bis der Diskussionspartner über seine eigenen Argumente stolpert.

App soll Anstoß für mehr Allgemeinwissen sein

Bei Cornelius von Rantzau war seine Frau der Anstoß, sich mit Kunst, Kultur, Geschichte oder Literatur zu beschäftigen. Für andere soll dieser Anstoß jetzt die App „Gaiali“ sein – benannt nach seiner Frau: „Ich wollte Gaias Geschichten in eine App verpacken“, sagt er lächelnd. Es gehe darum, die Hintergründe zu erfahren; aktuelle Themen wie der Klimawandel werden in Form von Informationen über Vegetation oder die Frage, was eigentlich Warm- und Kaltzeiten sind, aufbereitet.

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Die „Gaiali“-App vermittelt Allgemeinwissen in kurzen spannenden Geschichten.

Foto:

Gaiali

Die Basisversion der App ist kostenlos, jede Woche kommen sieben neue Geschichten hinzu. Wer mehr wissen will, bekommt für 4,99 Euro im Monat Zugang zu bisher über 600 Geschichten.

Mehr Allgemeinwissen: Damit Gespräche nicht nur aus Job-Anekdoten bestehen

„Wir hoffen, dass Menschen mit offeneren Augen durch die Welt gehen, bessere Entscheidungen treffen oder besser verstanden werden und dass sich Unterhaltungen nicht immer nur um den Job drehen“, sagt von Rantzau – denn eigentlich ist es spannend, mehr über den ungepflegten Philosophen Sokrates zu erfahren, der in Athen alle ungefragt in nervige Gespräche verwickelte und später zu einer zentralen Figur der Philosophie wurde.

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