• Viele Tränen, keine Fans: Urgestein Jan-Philipp Kalla machte vor einem Jahr sein letztes Spiel für St. Pauli in einem leeren Stadion. Der damalige Co-Trainer André Trulsen (r.) spendete Trost. Kallas Abschiedsspiel steht noch aus.
  • Foto: Lam/Witters/Pool/Witters

Keine Verabschiedungen wegen Corona: Deswegen liegen jetzt alle Hoffnungen auf Kalla

Die Corona-Pandemie hat nicht nur schwerwiegende und zum Teil sogar dramatische wirtschaftliche Konsequenzen für die Vereine, sondern auch diverse emotionale Nebenwirkungen. Der FC St. Pauli kann nicht richtig Abschied nehmen. 20 Kiezkicker haben den Verein in den vergangenen zwölf Monaten verlassen – nicht heimlich, aber still und leise. Darunter mehrere langjährige „Boys in Brown“, Urgesteine und auch eine Legende.

Aus. Ohne Applaus. Sang- und klanglos. Das ist die traurige Realität in Zeiten der Pandemie. Es gibt Schlimmeres, keine Frage. Ebenso unstrittig ist aber, dass sich diverse Kiezkicker liebend gerne von den Fans, mit denen sie so einiges durchgemacht haben, am Millerntor verabschiedet hätten – und umgekehrt. So manchem blutet regelrecht das Herz. 

Bornemann erklärt, warum es keine Verabschiedungen gab

Hätte, hätte, Infektionskette. Die Pandemie macht angemessene offizielle Verabschiedungen unmöglich. Der Verein hat sich in diesem wie auch schon im vergangenen Sommer aus nachvollziehbaren Gründen dagegen entschieden, die scheidenden Spieler beim letzten Heimspiel mit dem üblichen Protokoll zu verabschieden – im trostlosen Rahmen eines Geisterspiels.

„Es hätte keinen Sinn gemacht, den Spielern in einem leeren Stadion Blumen und Bilder zu überreichen“, sagt Sportchef Andreas Bornemann zur MOPO. Er bedauert, dass der FC St. Pauli die Profis nicht würdig verabschieden konnte. Es sind viele, darunter auch prägende Figuren, bei denen das besonders schmerzt.

Buballa, Myaichi und Co. sind weg – ohne Abschied vom Millerntor

In diesem Sommer haben drei langjährige Kiezkicker den Verein verlassen: Daniel Buballa (sieben Jahre), Ryo Miyaichi (sechs) und Svend Brodersen (15 inklusive Jugend). Der im Winter verpflichte Tore Reginiussen beendete bei St. Pauli seine Karriere. Die zuvor verliehenen Spieler Florian Carstens und Kevin Lankford sind endgültig gewechselt. Zudem kehren die Leihspieler Rodrigo Zalazar, Omar Marmoush und Dejan Stojanovic zu ihren Stammvereinen zurück.

Im Winter hatten bereits der langjährige Keeper Robin Himmelmann (neun Saisons) und Boris Tashchy den Verein verlassen. Und dann sind da ja noch all die Ehemaligen, die im vergangenen Sommer nicht richtig verabschiedet werden konnten. Darunter Urgestein Jan-Philipp Kalla (17 Jahre St. Pauli), Waldemar Sobota (fünfeinhalb Jahre), Marc Hornschuh (fünf), Johannes Flum (dreieinhalb), Dimitrios Diamantakos (zweieinhalb), Henk Veerman (zwei). Dazu Korbinian Müller und die Leih-Profis Leo Östigard, Viktor Gyökeres, Matt Penney (je ein Jahr).

Abschiedsspiel für Kalla bei St. Pauli steht noch aus

Abschieds-Stau! Aus den Akteuren, die den Verein seit Beginn der Pandemie verlassen haben und denen ein Lebewohl im vollen Millerntor verwährt geblieben ist, ließe sich ein durchaus konkurrenzfähiger Zweitliga-Kader formen.

Alle Genannten hätten einen stimmungsvollen Abschied verdient gehabt – und einige ob ihrer langen Vereinszugehörigkeit oder großen Verdienste noch mehr. Insbesondere auch André Trulsen, der vergangenen Sommer als Co-Trainer von Jos Luhukay mit dem Chef gehen musste. Insgesamt 23 Jahre war „Truller“ in mehreren Rollen für den Kiezklub aktiv, eine Legende. 

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Ist der Abschied auf großer Bühne unwiederbringlich verpasst? Nicht unbedingt. „Das Abschiedsspiel von Jan-Philipp Kalla steht ja auch noch aus, wenn die Fans wieder ins Stadion dürfen“, sagt Bornemann. „Es bleibt zu hoffen, dass wir dann einen Termin finden, zum Beispiel in einer Länderspielpause, und dann könnte man die Gelegenheit nutzen, um die Verabschiedungen vorzunehmen.“ Das wäre den ehemaligen Kiezkickern und auch den Fans zu wünschen.

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