Mitarbeiter sauer: Ärger um Löhne bei der Hochbahn
Saubere Sitze in den Waggons und Bussen, desinfizierte Haltegriffe und „entmüllte“ Haltestellen: Für die Sauberkeit bei der Hochbahn ist die Reinigungsfirma Tereg verantwortlich. Seit Monaten fordern deren Mitarbeiter:innen faire Löhne – und fühlen sich ungerecht behandelt.
Denn obwohl die Firma Tereg mehrheitlich der städtischen Hochbahn gehört, bekommen die Angestellten nicht den Hamburger Mindestlohn von zwölf Euro. Dieser gilt als Empfehlung für städtische Beschäftigte, Landesbetriebe und öffentliche Unternehmen. Hamburg solle damit zur „Stadt der guten Arbeit“ werden, hieß es 2018.
Hochbahn in Hamburg: Forderung nach fairem Lohn
Trotzdem gibt es Schlupflöcher: Tereg ist auch noch auf dem Wettbewerbsmarkt tätig und fokussiert sich laut eigener Aussage erst seit dem 1. Januar auf die Metropolregion Hamburg. Im Tarifvertrag 2018 waren die zwölf Euro zwar vereinbart, wurden aber bis jetzt nicht umgesetzt. Zunächst hatte die „Zeit“ berichtet.
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„Wir sind in einer harten Wettbewerbssituation“, erklärt Tereg-Geschäftsleiter Dirk Kratz im Gespräch mit der MOPO. „Wenn wir einem Kunden nach dem Gewinn einer Ausschreibung gesagt hätten, dass wir die Preise um 20 Prozent anpassen müssen, hätten die uns direkt gekündigt.“
Reinigungsfirma Tereg gehört mehrheitlich der Hochbahn
Man orientiere sich am allgemeinverbindlichen Branchen-Tarifvertrag. Dieser liegt derzeit bei den unteren Lohngruppen bei 11,11 und 11,77 Euro pro Stunde. Laut einer Anfrage der Linksfraktion bekommen derzeit knapp 40 Prozent der Tereg-Beschäftigten weniger als zwölf Euro die Stunde — zwei Drittel davon sind Frauen.
Von Seiten der Hochbahn heißt es zudem: „Auch wir als Unternehmen sind gehalten, das wirtschaftlichste Angebot einzuholen. Sonst kommen wir in Rechtfertigungsschwierigkeiten mit unserem Anteilseigner, also der Stadt“, so Sprecher Christoph Kreienbaum.
Der Hamburger Mindestlohn soll verbindlich umgesetzt werden
Ein Weg aus dem Dilemma wäre, den Hamburger Mindestlohn von zwölf Euro nicht mehr nur als Empfehlung, sondern als verbindliches Kriterium zur Vergabe von städtischen Aufträgen einzuführen. Ende 2019 hat das die Bürgerschaft auf Antrag von SPD und Grüne bereits beschlossen. Dieser soll „zeitnah in der ersten Hälfte der Legislaturperiode“ umgesetzt werden. Heißt konkret: bis Ende 2022.
Die Gewerkschaft Verdi befindet sich derzeit in Verhandlungen mit Tereg. Von Arbeitgeberseite sei ein Angebot gemacht worden, zum 1. Juli 2021 die zwölf Euro Mindestlohn zu zahlen. „Das ist allerdings eine Mogelpackung“, kritisiert Irene Hatzidimou, die als Verdi-Gewerkschaftssekretärin für die Tereg-Verhandlungen zuständig ist. „Denn die beiden unteren Entgeltgruppen sollen die zwölf Euro erst über die nächsten drei Jahre, also 2023, erhalten.“
In Verhandlung mit Tereg: Verdi fordert Mindestlohn
Die Gewerkschaft fordert die Einführung des Mindestlohns in den nächsten zwölf Monaten. „Eigentlich müssten wir Verhandlungen mit der Stadt führen, weil Tereg nicht frei entscheiden kann, welche Löhne sie zahlen“, so Hatzidimou zur MOPO.
„Es ist ein wichtiger Grundsatz der Tarifautonomie, dass sich Regierungen und Parlamente nicht in laufende Tarifverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften einmischen“, sagt Jan Koltze, Sprecher für Arbeit der SPD-Bürgerschaftsfraktion der MOPO. Man begrüße aber natürlich die Einführung des Hamburger Mindestlohns bei der Tereg ab Juli.
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Aber da ist noch mehr als die Forderung nach fairem Lohn. Nach dem Streik der Tereg-Beschäftigten Ende März hätten sich Mitarbeitende bei Verdi gemeldet, die gesagt hätten, dass ihr Dienstplan geändert wurde. „Wenn man in der untersten Lohngruppe arbeitet und auf einmal keine Sonntagsschichten hat, ist das ein erheblicher Einschnitt“, sagt Hatzidimou.
Hamburger Mindestlohn: Brandenburg hat die Hansestadt überholt
Davon will man bei Tereg nichts wissen. „Mir ist ein Fall bekannt, bei dem sich ein Mitarbeiter zusammen mit Verdi über eine ungerechte Behandlung beschwert hat. Dort haben wir uns zusammengesetzt und das klären können“, so Tereg-Chef Dirk Kratz. Über den Betriebsrat seien keine Beschwerden gekommen.
Mit den zwölf Euro Mindestlohn wollte die Stadt Hamburg zum bundesweiten Vorreiter werden. Inzwischen haben Bundesländer wie Brandenburg die Hansestadt längst überholt. Dort gilt ab dem 1. Mai der Mindestlohn von 13 Euro pro Stunde bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen.