• Model und Unternehmerin Sara Nuru (r.) mit „Viva con Agua“-Geschäftsführerin Carolin Stüdemann
  • Foto: Nuru Coffee

Sara Nuru: Model und Unternehmerin: „Wir zahlen den Kaffeebauern mehr als das Doppelte“

Umweltzerstörung, Ausbeutung, Klimawandel – so wie jetzt können wir nicht weitermachen. Die MOPO stellt gemeinsam mit „Viva con Agua“-Geschäftsführerin Carolin Stüdemann in der Serie „Auf ein Wasser mit …“ Unternehmerinnen und Vordenker vor, die eine bessere Welt schaffen. Heute: Model und Unternehmerin Sara Nuru, die über den Verkauf von Kaffee Kleinbauer-Kooperativen stärkt und die Lebensbedingungen von Frauen in Äthiopien verbessert.

Carolin Stüdemann:Sara, was hat dich dazu bewogen, neben deiner beeindruckenden Modelkarriere als Unternehmerin durchzustarten?

Sara Nuru: Es gab mehrere Beweggründe für meine Schwester und mich. Wir haben es als Chance gesehen, Äthiopien, das Land unserer Eltern, aus einer anderen Perspektive zu zeigen. Häufig wird nur das Leid, die Bedürftigkeit und Abhängigkeit in westlichen Medien in den Vordergrund gestellt. Daher haben wir uns überlegt, wie wir eine positivere Sicht auf die Vielfalt und Schönheit des Landes zeigen können. Da Äthiopien das Ursprungsland des Kaffees und Kaffee immer noch Exportgut Nummer eins ist, war es für uns naheliegend, unser Social Business „nuruCoffee“ darum aufzubauen. Ein Großteil der landwirtschaftlichen Bevölkerung lebt vom Kaffeeanbau und Handel, allerdings gibt es große Missstände vor Ort. Die Diskrepanz zwischen dem, was wir als Konsument:innen bereit sind zu zahlen, und dem, was bei den Menschen als Lohn ankommt, war die große Motivation für uns, diesen Schritt zu gehen.

Auf ein Wasser mit Viva con Agua MOPO

Auf ein Wasser mit: Die Interview-Reihe von Viva con Agua und MOPO

Foto:

Viva con Agua

Es geht euch also in erster Linie darum, die Zustände vor Ort zu verändern. Wie geht ihr das an?

Es ist eigentlich ganz simpel. Wir beziehen den Kaffee ausschließlich von Kleinbauern-Kooperativen. Damit unterstützen wir die Strukturen vor Ort und zahlen den Kleinbauern mehr als das Doppelte des üblichen Preises. Wir wollen aber noch einen Schritt weiter gehen, da wir bemerkt haben, dass es entlang der Wertschöpfungskette gerade Frauen sind, die die meiste Arbeit leisten, davon aber am wenigsten profitieren. Deshalb vergeben wir Mikrokredite an Frauen, die keinen Zugang zum Handel mit Kaffee haben. Mit einer Starthilfe zwischen 250 und 350 Euro können sie ein eigenes Business aufbauen und so ihre Existenz sichern.

Genau, häufig ist es die Startfinanzierung, die Unternehmertum erst ermöglicht. Wie finanziert ihr die Kredite?

50 Prozent unserer Gewinne fließen in unseren Verein „nuruWomen“, der extra dafür gegründet wurde. In Äthiopien arbeiten wir mit Implementierungspartnern zusammen, weil es uns zum einen noch nicht so lange gibt und wir zum anderen lieber auf bestehende funktionierende Strukturen zurückgreifen wollen.

Die Lebensbedingungen von Frauen sind auch für Viva con Agua immer wieder ein großes Thema, da die Frauen häufig verantwortlich für die Beschaffung von Wasser in den Familien oder Gemeinden sind. Wie beurteilst du die Situation für Frauen in Äthiopien?

Frauen leben in Äthiopien häufig noch in absoluter Abhängigkeit der Männer. Über die Entwicklungszusammenarbeit und über Viva con Agua habe ich gelernt, wie wichtig es ist, dass es Brunnen gibt, die möglichst viele Menschen nutzen können. Auch in Äthiopien ist es, wie du sagst: Frauen können oft nicht arbeiten und Kinder nicht zur Schule gehen, da sie für die Wasserversorgung zuständig sind. Bei weit entfernten Brunnen kann das einen ganz Tag beanspruchen. Im Austausch mit den Bäuerinnen wurde deutlich, wie froh sie darüber sind, bei den Kooperativen zu arbeiten. Dort steht ein Brunnen, sodass sie auf dem Heimweg sauberes Wasser mitbringen können. Dadurch ist die Arbeit der Frauen dort auch für die Männer sehr attraktiv, da die Frauen gleichzeitig Geld verdienen und für sauberes Trinkwasser sorgen können.

Der Wasserverbrauch bei der Kaffeeproduktion ist sehr hoch. Wie geht ihr damit um?

Das stimmt und meine Schwester und ich sprechen viel darüber. In dem Herstellungsprozess gibt es Einsparmöglichkeiten, was den Wasserverbrauch betrifft. Wir versuchen darauf zu reagieren, indem wir zum Beispiel das verwendete Wasser wieder aufbereiten.

Euren Kaffee gibt es in keiner Supermarktkette oder Drogerie. Eine bewusste Entscheidung?

Ja. Zwar ist im Supermarkt die Reichweite deutlich höher, jedoch hätten wir preislich viel günstiger werden müssen, um konkurrenzfähig zu sein. Das kam nicht infrage, da am Ende wieder die Bauern in Äthiopien verlieren würden. Online können wir auch viel besser die Geschichte des Kaffees, Äthiopiens und der Bauern kommunizieren und es bleibt einfach mehr übrig, um die Frauenprojekte zu unterstützen. Wir würden einen Verkauf im Supermarkt aber in Zukunft nicht kategorisch ausschließen.

Funktioniert euer Modell des reinen Onlinehandels?

Wir schreiben schwarze Zahlen und haben keine Investoren, was uns unabhängig macht. Darauf sind wir stolz. Mittlerweile haben wir ein Team hier in Deutschland und uns ist es wichtig, dass alle, die im Wertschöpfungsprozess beteiligt sind, gerecht und fair bezahlt werden.

Gibt es etwas, dass du den Hamburger:innen noch mitgeben möchtest?

Ich finde es wichtig, zu hinterfragen, wie man nachhaltiger und bewusster konsumieren kann. Dabei ist es egal, was man konsumiert, ob Bananen, Kleidung, Kaffee oder Wasser. Einen Moment nehmen und sich fragen: Woher kommt das eigentlich? Und so auch an die Menschen denken, die am gesamten Wertschöpfungsprozess beteiligt sind. Dann wird einem selbst bewusster, was man überhaupt kauft, und merkt vielleicht, dass man gar nicht so viel braucht.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp