Kiebitz mit Küken
  • Kiebitze sind Wiesenvögel und stark bedroht. In Frankreich werden sie gegessen.
  • Foto: Thorsten Krüger

Süße Küken bei uns aufgepäppelt – und dann in Frankreich geschossen und verspeist

Weiß-schwarzes Gefieder, eine kecke Haube und ein verrückter Auf-und-Ab-Flug, als wäre der Vogel besoffen: Kiebitze sind wunderbare Vögel. Weil für die Wiesenbrüter der Lebensraum dramatisch schrumpft, werden sie mit viel Liebe von der Vogelschutzwarte Niedersachsen betreut. Bis sie ins Winterquartier nach Frankreich fliegen. Da beginnt dann das Gemetzel!

Im letzten Frühjahr beringte Ornithologe Christopher Marlow ein am Dümmer (Landkreis Diepholz) geschlüpftes flauschiges Kiebitz-Küken. Es entwickelte sich prima und zog im Herbst dann mit einigen Artgenossen gen Süden. Doch im Winterquartier in Frankreich endete die Spur des Jungvogels plötzlich. Die traurige Wahrheit: Schon am 23. September 2023 wurde der Kiebitz mit der Ringnummer 64 20 421 in Nordfrankreich getötet. Und zwar legal.

Kiebitz steht in Deutschland auf der Roten Liste

Denn in Frankreich ist die Jagd auf Kiebitze und viele andere Arten, die in weiten Teilen Europas geschützt werden, nach wie vor erlaubt. Mit Schrot oder brutal in Netzen werden die Vögel erlegt, denn sie gelten bei Jägern dort als Delikatesse. Die Koordinaten des gefundenen Kiebitzes bezeichnen ein kleines Dorf etwa 150 Kilometer nördlich von Paris. Die Umgebung ist von Landwirtschaft geprägt, aber das Flüsschen vor Ort ist umgeben von Auenstrukturen mit vielen offenen Wasserflächen – offenbar ein gutes Rastgebiet für durchziehende Kiebitze.

Wie viele Kiebitze jedes Jahr abgeschossen werden, ist nicht bekannt. Die letzten Zahlen stammen aus der Jagdsaison 2013/2014. In Frankreich, Spanien und Malta wurden damals insgesamt 107.802 Kiebitze geschossen. Allein in Frankreich waren es 96.361 Vögel. Und die Dunkelziffer ist hoch, denn nur ein kleiner Teil ist beringt.

Der ehemals in nahezu allen offenen Landschaften Deutschlands häufige Kiebitz gilt mit seinen kaum noch 50.000 Brutpaaren in Deutschland inzwischen laut Roter Liste als „stark gefährdet“. Trotzdem werden in der EU jährlich ungefähr genauso viele Kiebitze geschossen und damit die hiesigen Schutzbemühungen ebenso wie die in anderen Ländern untergraben. Deutschlandweit ist die Zahl brütender Kiebitze seit den 80er Jahren um 93 Prozent zurückgegangen.

Niedersachsen hat die meisten Kiebitze

Niedersachsen ist das wichtigste Wiesenvogelland Deutschlands. Die Brutbestände dort machen einen hohen Anteil der gesamtdeutschen Population aus. „Daraus resultiert eine besondere Verantwortung für deren Schutz, nicht nur in Deutschland, sondern auch in ganz Europa und in den Überwinterungsgebieten“, sagt Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer.

„Während wir zeigen, dass mit Projekten wie dem „GrassBirdHabitats“ durch gezielte Maßnahmen bedrohte Wiesenvogelarten geschützt und gestärkt werden können, werden die Tiere etwa in Frankreich weiterhin großflächig bejagt. Die Jagd auf Zugvögel gefährdet damit die aufwendigen und kostenintensiven Schutzbemühungen des NLWKN. Die Jagd auf gefährdete Zugvögel im Mittelmeerraum gehört abgeschafft.“

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