Kampf um das rostige Skelett der Schilleroper – neues Gutachten liegt vor
Schon seit Jahren ragt das angerostete Metallskelett der Schilleroper in den Himmel über St. Pauli – ein Gerüst mit spannender Vergangenheit und ungewisser Zukunft. Die Eigentümerin will die 24 Meter hohe Rotunde allerdings nicht erhalten, sondern plant einen Neubau. Die Stadt Hamburg will das verhindern und pocht auf den Denkmalschutz – der Streit schien festgefahren. Jetzt liegt endlich das Gutachten vor, das alles verändern soll.
Eigentümer des Geländes ist die Schilleroper Projekt GmbH, die dort laut ihrer Website „Wohnraum für ältere Menschen“ schaffen will. Im Erdgeschoss sollen unter anderem ein Restaurant, ein Bäcker, ein Fitnessstudio und Büros für einen ambulanten Pflegedienst entstehen. „Das alte Stahlgerüst kann so nicht erhalten werden“, heißt es dort weiter.
Gutachten zeigt: Schilleroper kann erhalten werden
Das Gutachten, das die Stadt Hamburg im August 2023 in Auftrag gegeben hat, kommt jetzt allerdings zu dem Ergebnis, dass die denkmalgeschützte Rotunde sehr wohl erhalten werden kann. „Die denkmalgeschützte Rotunde ist in einem sehr guten Zustand. Lediglich rund zehn Prozent der Bestandbauteile müssten erneuert werden, um die denkmalgeschützte Stahlgerüstkonstruktion zu erhalten“, sagte Kulturbehörden-Sprecher Enno Isermann zur MOPO. Zudem müssten zusätzliche Zugbänder angebracht, das Fundament ertüchtigt und Korrosionsschutz aufgebracht werden.
Grundlage des Gutachtens war unter anderem ein 3D-Laserscan, um die aktuelle Statik berechnen zu können. Jetzt hat das Denkmalschutzamt verschiedene Varianten erarbeitet, wie der Bestand der Schilleroper gesichert werden könnte. Eine davon würde um die 1,18 Millionen Euro kosten.
Wie geht es jetzt mit der Schilleroper auf St. Pauli weiter?
Der Eigentümerin sei das Gutachten am vergangenen Donnerstag in der Kulturbehörde präsentiert worden, so Isermann. Um die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion zu sichern, sei aber zunächst eine weitere Anhörung erforderlich. Erst danach könnte eine entsprechende Aufforderung seitens der Stadt verschickt werden.
„Wenn die Eigentümerin der Aufforderung zur Sicherung des Denkmals nicht fristgerecht nachkommt, kann das Denkmalschutzamt die Arbeiten selbst in Auftrag geben und der Eigentümerin in Rechnung stellen“, fährt der Sprecher fort. Gegen die Verfügung könnten allerdings auch Rechtsmittel eingelegt werden – was wiederum Verzögerungen bedeutet.
Was war die Schilleroper von St. Pauli früher?
„Das Ergebnis des Gutachtens ist erfreulich“, urteilt Heike Sudmann, Stadtentwicklungsexpertin der Hamburger Linken. „Damit die denkmalgeschützte Schiller-Oper aber wirklich erhalten bleibt, muss der Senat der Eigentümerin endlich Daumenschrauben anlegen.“ Seit Jahren lasse er sich auf der Nase herumtanzen, kritisiert sie.
Im ehemaligen Zirkus, der später in ein Opern- und Theaterhaus umgewandelt wurde, traten Elefanten und Eisbären, aber auch Schauspielstars wie Hans Albers (1891-1960) und Asta Nielsen (1881-1972) auf. Nach schwerer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und späterem Großbrand steht die damals hochmoderne Zirkus-Stahlkonstruktion als deutschlandweit einzige ihrer Art seit 2012 unter Denkmalschutz.