Hamburger Kult-Theater setzt Bühne unter Wasser – so reagiert das Publikum
Der alte „Diek“ taugt nichts! In „Deich- und Sielsachen“ lässt sich Hauke Haien von Bauern und Hofbesitzern nichts vormachen. Fasziniert von der Urgewalt des Meeres, sieht er die Katastrophe, die mit der nächsten schweren Sturmflut auf die Menschen an der Nordseeküste zukommt, bereits als Junge voraus…
Doch wer den Teufel an die Wand malt, wird schnell zum Außenseiter. Wie der als „De Schimmelrieder“ verhöhnte Hauke Haien. Die Hauptfigur in Theodor Storms melancholisch-düsterer Novelle „Der Schimmelreiter“ steht mit der Idee, den Deichbau zu revolutionieren, auf verlorenem Posten – jetzt in einer dramatisch aktuellen Inszenierung im Ohnsorg-Studio.
„De Schimmelrieder“: Bis Ende April im Ohnsorg-Studio
Durch seine Kenntnisse im Deichbau und eine reiche Heirat gelingt es dem ehrgeizigen Hauke, sich zum Deichgrafen hochzuarbeiten. Um besser gegen Hochwasser und Sturmfluten gerüstet zu sein, treibt er gnadenlos den Bau des von ihm entwickelten neuen Deichs voran. Was Konflikte Kompromisse mit sich bringt. Den größten Widerstand gegen alle Veränderungen setzt ihm dabei Großknecht Ole Petersen entgegen.
Es ist die Lebensgeschichte eines Visionärs, die Regisseur Ingo Putz nach der berühmten, mehr als 100 Jahre alten Erzählung fantasievoll und packend umsetzte.
Wasserspritzer treffen Menschen in der ersten Reihe
Das Meer bestimmt das Leben der Küstenbewohner – darauf verweist das Wasserbecken, das auf der kleinen Bühne (eingerichtet von Yvonne Marcour) den meisten Raum beansprucht, den Figuren nur einen schmalen Streifen „Land“ unter den Füßen lässt und sie fast unablässig zum Hantieren mit Sandsäcken zwingt – wobei Wasserspritzer schon mal Zuschauerinnen und Zuschauer in der ersten Reihe treffen und quasi hautnah ins Geschehen einbeziehen.
Gefangen nimmt das Schicksal Hauke Haiens, den Laurens Walter in seiner Widersprüchlichkeit zwischen überlegenem Eigenbrödler, verbittertem Deichgrafen und liebevollem Familienvater zeigt. In einer Vielzahl weiterer Rollen: Kristina Bremer unter anderen als Spökenkiekerin Trin Jans und Ehefrau Elke sowie Stephan Möller-Titel als Vater Tede Haien und Ole Peters. Und als Erzählerin und Erzähler verknüpfen die beiden hochdeutsche Originaltexte der Novelle mit op Platt geführten Dialogen in den Spielszenen. Großartig.
Ohnsorg Theater/Studio-Bühne: bis 24.4., diverse Uhrzeiten, ab 29,12 Euro, Tel. 35 08 03 21