Flaute auch in Hamburg: Darum bekommen Frauen weniger Babys
Frauen in Deutschland haben 2023 durchschnittlich weniger Kinder bekommen als noch wenige Jahre zuvor. Auch in Hamburg sank die Zahl. Forscher sehen die verschiedenen Krisen als möglichen Grund.
Die Geburtenrate in Deutschland ist einer aktuellen Studie zufolge innerhalb der vergangenen beiden Jahre deutlich zurückgegangen. Nach Einschätzung von Wissenschaftlern könnte dies mit den verschiedenen weltweiten Krisen zusammenhängen, teilte das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung am Mittwoch in Wiesbaden mit. Die Geburtenrate sei von 1,57 Kindern pro Frau im Jahr 2021 auf rund 1,36 im Herbst 2023 gefallen. Damit sei das so bezeichnete Fertilitätsniveau so niedrig wie seit 2009 nicht mehr.
Die Zahlen basieren auf einer gemeinsamen Veröffentlichung des Bundesinstituts und der Universität Stockholm in der Fachzeitschrift „European Journal of Population“. Grundlage sind Berechnungen der monatlichen Geburtenzahlen.
Forscher: Rückgang vollzog sich ungewöhnlich rasch
Nachdem in Deutschland die Geburtenrate in der Corona-Pandemie nach Angaben des Bundesinstituts zunächst stabil geblieben war, sank sie im weiteren Krisenverlauf ab Januar 2022 auf 1,4 und erholte sich im Sommer 2022 wieder auf 1,5 Kinder pro Frau. 2023 sei die Geburtenrate dann wieder gesunken und habe nach vorläufigen Berechnungen im Durchschnitt der Monate Januar bis November 1,36 betragen.
„Der beobachtete starke Rückgang der Fertilität innerhalb von zwei Jahren ist deshalb ungewöhnlich, da sich Phasen sinkender Geburtenraten in der Vergangenheit eher langsamer vollzogen haben“, erläuterten die Experten.
In Hamburg kamen im vergangenen Jahr 22.554 Kinder zur Welt. Das sind zwar weniger als 2022, als die Zahl bei 23.475 lag, doch der Rückgang ist im Vergleich mit dem Jahr davor moderater (2021: 25.499). Trotz des rückläufigen Trends liegen die Geburtenzahlen in Hamburg weiterhin auf einem hohen Niveau, heißt es von der Sozialbehörde.
Experte: In einer Zeit multipler Krisen setzen viele den Kinderwunsch nicht um
Der deutschlandweite Rückgang könne verschiedene Ursachen haben, so die Experten. Demnach hat der abrupte Einbruch der Zahlen im Januar 2022 womöglich mit der beginnenden Impfkampagne gegen das Coronavirus neun Monate zuvor zu tun. Es könnte nach Meinung der Bevölkerungsforscher sein, dass viele Frauen angesichts der damals für Schwangere nicht zugelassenen Impfstoffe den Kinderwunsch aufgeschoben haben, um sich erst impfen zu lassen.
Aber warum gingen ab Herbst 2022 die Geburtenzahlen zurück? „Der Krieg in der Ukraine, die gestiegene Inflation oder auch der fortschreitende Klimawandel haben die Menschen zusätzlich zur Pandemie verunsichert“, erläuterte Martin Bujard vom Bundesinstitut, Co-Autor der Studie. „In einer solchen Zeit multipler Krisen setzen viele ihren Kinderwunsch nicht um.“ Inwiefern die aktuellen Zahlen einen generellen Trend zu sinkenden Geburtenzahlen in Deutschland einleiten oder nur einen temporären Effekt abbilden, sei bislang nicht absehbar.
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Die Geburtenrate in der Bundesrepublik pendelte nach 1975 vier Jahrzehnte lang zwischen 1,2 bis 1,4 Kindern pro Frau und gehörte lange Zeit zu den niedrigsten in Europa, wie das Institut mitteilte. Von 2015 bis 2021 lag sie dann deutlich höher mit Werten von 1,5 bis 1,6. (dpa/vd)