„Repression!“: Bezahlkarte für Flüchtlinge in Hamburg viel restriktiver als gedacht
In Hamburg sollen Asylsuchende auch dann Geldleistungen nur über die neu eingeführte Bezahlkarte erhalten, wenn sie ein Bankkonto haben. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Anfrage der Linksfraktion in der Bürgerschaft hervor. Im Rahmen des Pilotprojekts sei vorgesehen, „dass nach dem Auszug aus Erstaufnahme die Leistungen weiterhin auf die Bezahlkarte und nicht auf ein privates Konto gezahlt werden“, heißt es darin. Die Linke ist empört, der Senat verteidigt die Regelung.
Die Linken wittern einen Kursschwenk des rot-grünen Senats: „Der Senat räumt damit ein, dass es allein um Repression geht“, sagt Carola Ensslen, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion. Die Linke spricht von einem „Skandal“: „Damit ist der letzte Hauch eines Service-Gedankens der SocialCard verschwunden.“
Seit Mitte Februar wurden in Hamburg 357 Bezahlkarten eingeführt, mit denen die Inhaber über ihr monatliches Taschengeld von 185 Euro (204 Euro minus 19 Euro für das Deutschlandticket) verfügen können. Nur 50 Euro des Guthabens können sie bar abheben, der Rest funktioniert als Kartenzahlung überall dort, wo Visa akzeptiert ist. Überweisungen sind nicht möglich.
Hamburger Pilotprojekt bundesweit einmalig
Das Hamburger Pilotprojekt ist bundesweit das erste und soll verhindern, dass Sozialleistungen an Schlepper im Ausland überwiesen werden. Ob das überhaupt ein Massenphänomen ist, ist unter Experten umstritten.
Im Sommer vergangenen Jahres habe der Senat die SocialCard noch als Serviceverbesserung für Sozialleistungsberechtigte ohne Konto „verkauft“, so die Linken. Nun sollen aber auch Asylbewerber mit eigenem Konto ihr Taschengeld nur auf die Karte gebucht bekommen.
Rot-grüner Senat weist Kritik zurück
Die Linken kritisieren, dass ohne Überweisungsmöglichkeit keine Handy- oder Mietverträge abgeschlossen oder Anwälte bezahlt werden könnten. Darauf kontert der Senat, dass es Prepaidkarten gebe, dass Wohn- und Heizkosten ohnehin direkt an die Privatvermieter überwiesen würden und dass Verfahren vor dem Sozialgericht für Asylbewerber nichts kosten, es sei denn, sie verlieren. Für die vorherige Beratung gebe es die öffentliche Rechtsauskunft, die nur vier Euro koste.
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Dennoch sind die Bargeld-Einschränkungen auch bei den Grünen unbeliebt: Es sei für die Grünen wichtig, dass Leistungsbeziehende ohne Einschränkungen am Alltag teilnehmen könnten, sagte die Fraktionsvorsitzende Jennifer Jasberg kürzlich: „Wenn ihnen von staatlicher Seite aber nun der Zugang zum Bargeld massiv beschränkt wird, sehen wir dies in Gefahr.“ Nach Abschluss des Pilotprojekts müsse über die Sinnhaftigkeit der mit der Karte verbundenen Beschränkungen diskutiert werden.