Steuer-Streit: Dressel liefert sich tagelangen Twitter-Zoff mit Lindner
Bis zur Übernahme durch Elon Musk im Jahr 2022 war Twitter (heute X) ein faszinierender Ort: Nirgendwo sonst war es leichter, mit prominenten Persönlichkeiten in den Austausch zu treten. Auch das Hin- und Hergeschreibe von Promis untereinander konnte in Echtzeit verfolgt werden, ob gegenseitige Komplimente oder ein handfester Streit in aller Öffentlichkeit. All das ist zwar auch heute noch möglich, allerdings nur, wenn man sich nicht von Sexbots und rechten Trollen stören lässt. Davon offensichtlich ungerührt sind der Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und sein Hamburger Amtskollege, der Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Auf dem Kurznachrichtendienst kriegten sich die beiden kürzlich in die Wolle. Dabei ging es – natürlich – ums Thema Steuern.
Am Anfang jedes Twitter-Zoffs steht – ein Tweet. Finanzminister Christian Lindner machte den Anfang und schrieb Ende März über die jüngst vollzogene Erhöhung des Bürgergelds: „Das Bürgergeld wurde überproportional erhöht. Deswegen muss es jetzt auch rückwirkend eine Erhöhung des Grundfreibetrags in Lohn- und Einkommensteuer geben. Das bedeutet auch im laufenden Jahr eine steuerliche Entlastung für die arbeitende Bevölkerung“, so Lindner, der seine selbst geschriebenen Tweets stets mit seinem Kürzel „CL“ endet.
Hamburg: Finanzsenator Dressel beharkt sich mit Christian Lindner auf X
Andreas Dressel kommentierte Lindners Beitrag (in einem sogenannten Quote-Tweet) und entgegnete: „Jede #Steuerentlastung muss finanzierbar sein.“ Ein Vorschlag zur Gegenfinanzierung liege im Bundesrat. Über eine Bekämpfung der kalten Progression nachzudenken sei „absurd“, so Dressel, der auf die „dramatische Haushaltslage“ verweist.
Lindner wiederum kontert: „Die SPD hat kein Problem, das #Bürgergeld drastisch zu erhöhen. Bei der arbeitenden Bevölkerung drohende Steuererhöhungen (!) (,kalte Progression‘) abzuwenden, das finden manche aber gar ,absurd’“. Er kämpfe weiter für jene, die den Staat finanzierten.
Bei der kalten Progression wird eine Gehaltserhöhung durch die steigende Inflation aufgefressen, aber dennoch höher besteuert. Arbeitnehmer haben dadurch real weniger Geld zur Verfügung als vor dem Gehaltsplus. Der Abbau der kalten Progression ist seit langem ein Anliegen der FDP.
Dressel: Länder haben keinen finanziellen Spielraum mehr
Den Vorwurf seines Amtskollegen lässt der Senator nicht auf sich sitzen. Lindner habe keine Antwort darauf, wie die Einnahmeausfälle kompensiert werden sollen. „Wann willst Du darüber mit Ländern & Gemeinden verhandeln? Wir haben 0 Spielraum!“ Der Minister pocht dagegen auf eine 2022 getroffene Vereinbarung innerhalb der Koalition, „heimliche Steuererhöhungen durch die kalte Progression abzuwenden“. Wieso SPD und Grüne das für die kommenden Jahre aufkündigen wollen, verstehe er nicht.
Das könnte Sie auch interessieren: 151.000 Euro Nachzahlung: Nach Heizkosten-Schock gibt es Hoffnung für Mieter
Auch darauf reagiert Dressel am Mittwoch noch einmal mit einem Tweet, seither herrscht Funkstille – jedenfalls auf Musks Plattform. Vielleicht sollten sich die zwei einfach mal auf einen Kaffee treffen? So ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht kann manchmal Wunder wirken. (doe)