Vorschlag mit Sprengkraft: Kommt jetzt die Rente mit 68?
Arbeiten wir bald alle bis 68? Geht es nach dem Wissenschaftlichen Beirat im Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU), dann: Ja. Die Expertenrunde hält ein höheres Renteneintrittsalter zwingend für notwendig, anderenfalls drohe bereits 2025 ein „schockartiges Finanzierungsproblem“. Die Opposition spricht von einem geplanten „Rentenklau“.
Da die zahlenmäßig besonders große Generation der „Babyboomer“ bald das Rentenalter erreiche, müsse rasch gehandelt werden, fordern Altmaiers Fachleute. Auf Grund einer immer älter werdenden Bevölkerung sieht die aktuelle Rechtslage bislang eine schrittweise Anhebung der Altersgrenze in Deutschland bis zum Jahr 2029 vor – von 65 auf 67 Jahre. Nun soll noch ein Jahr draufkommen.
Experten: Zu viel Steuergeld fließt in die Rentenkasse
Es sei unter den aktuellen Umständen „eine Illusion zu glauben, höhere Beiträge und ein niedriges Rentenniveau ließen sich dauerhaft vermeiden“, sagte Klaus M. Schmidt, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates, zur Begründung. Zudem verwies er darauf, dass schon heute viel Steuergeld zur Finanzierung der Rentenkasse fließen muss – mit steigender Tendenz. „Dieses Geld fehlt dann bei wichtigen Zukunftsinvestitionen“, argumentiert er.
DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel kritisierte die Argumentation mit einer womöglich drohenden Staatspleite als „Propaganda“: „Aus diesem schrägen Blickwinkel sind Betroffene selbst schuld, wenn die Rente nicht reicht: Sie hätten ja mehr privat vorsorgen können. Dass rund 40 Prozent der deutschen Haushalte deshalb nicht sparen können, weil der Monat zumeist länger währt als das Geld, wird im Elfenbeinturm ausgeblendet.“
Linken-Chefin: „Ein asozialer Oberhammer“
Auch die Linke gibt sich empört. Von einem „asozialen Oberhammer“ sprach Linkenchefin Susanne Henning-Wellsow. Der Vorschlag müsse sofort vom Tisch genommen werden, anderenfalls „beginnt morgen der Rentenwahlkampf“. Dietmar Bartsch (Linke) hält das Vorhaben schlicht für „Rentenklau“.
Und auch SPD stellt sich gegen die Pläne aus dem Wirtschaftsministerium: „Eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters halte ich für den falschen Weg“, sagte der für die Rente zuständige Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Die gesetzliche Rente sei ein zentrales Versprechen des Sozialstaates. Es gehe um Anerkennung von Lebensleistung und Sicherheit im Alter. „Darauf muss sich jede und jeder verlassen können.“
Die Union versucht das Thema bereits wieder abzuräumen
Unterstützung kommt hingegen von den Arbeitgebern: „Wir dürfen nicht in eine Situation geraten, in der es mehr Leistungsempfänger als Leistungsgeber gibt“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Die Diskussion müsse ehrlich geführt werden, mahnte er. Mit sturer Ablehnung sei das Thema nicht abzuschließen.
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Aber selbst in der Union findet der Vorschlag einer Anhebung des Renteneintrittsalters momentan wenig Unterstützung. Dort würde man das Thema am liebsten aus dem Wahlkampf heraushalten, heißt es in Berlin hinter vorgehaltener Hand. Alexander Dobrindt (CSU) versuchte das Thema bereits wieder abzuräumen: „Die Diskusion sollte sich um eine gute Rente im Alter durch die Kombination einer Stabilisierung des Rentenniveaus und einer Stärkung der privaten Vorsorge drehen.“