Deutlich mehr antisemitische Straftaten in Hamburg
Es sind schockierende Zahlen: Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 nehmen die Anfeindungen gegen Jüdinnen und Juden bundesweit stark zu. Auch in Hamburg zeigt sich: die Zahl antisemitischer Straftaten in der Hansestadt hat sich fast verdoppelt. Was nun getan werden muss.
Es ist eine beunruhigende Entwicklung: Die Zahl antisemitischer Straftaten ist in Hamburg deutlich gestiegen. So registrierte die Polizei Hamburg im vergangenen Jahr 132 antisemitische Straftaten, wie das „Hamburger Abendblatt“ berichtet. 2022 waren es noch 73 registrierte Taten – ein Anstieg von mehr als 80 Prozent. Mehrheitlich handele es sich hierbei um Fälle der Volksverhetzung, so die Einschätzung der Polizei. Und auch im laufenden Jahr gibt es bereits einen Anstieg an registrierten Taten: So wurden im ersten Quartal 21 Straftaten registriert. Das seien fünf mehr als in der Vergleichszeit 2022.
Zahl antisemitischer Straftaten ist deutlich gestiegen
Aber: „Ich gehe davon aus, dass die Zahlen der Polizei nur die Spitze des Eisbergs sind. Es gibt ein riesiges Dunkelfeld“, so Hamburgs Antisemitismusbeauftragter Stefan Hensel zur MOPO. Der Grund: Mittlerweile existiert eine Form der „Gewöhnung“ unter Jüdinnen und Juden. Judenfeindliche Vorfälle werden also zunehmend „hingenommen“ und damit oft gar nicht gemeldet, erklärt Hensel.
Er beobachtet, dass sich jüdische Menschen seit dem 7. Oktober zunehmend aus dem sozialen Leben zurückziehen: Der Kontakt zu anderen Menschen wird eingeschränkt, die Kette mit dem Davidstern in der Öffentlichkeit versteckt. Gar bei Lieferdiensten wollen einige jüdische Menschen aus Angst nicht mehr unter ihrem Namen bestellen. „Antisemitismus wirkt bereits so sehr, dass sich jüdische Menschen gar nicht mehr zu erkennen geben“, so Hensels Fazit.
Hensel: „Es gibt ein riesiges Dunkelfeld“
Dass die Zahlen antisemitischer Straftaten noch weiter steigen werden, hält Hensel für wahrscheinlich. Was also muss getan werden? „Ein realistischer Abgleich ist das beste gegen das Vorurteil“, so Hensel. Daher setzt er auf eine Stärkung der Medienkompetenz von Hamburgs Schülerinnen und Schülern. Diese sollten falsche Informationen erkennen und politische Motivationen auseinanderhalten können. Lehrkräfte müssten dafür entsprechend geschult werden. Außerdem setzt sich Hensel unter anderem für ein Hamburg-Israelisches Jugendwerk ein, denn: „Begegnung baut Vorurteile ab.“
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Schließlich braucht es aber „eine effektive Landesstrategie, die sich selber motiviert und Themen benennt“, meint Hensel. Eine solche Landesstrategie zur „Präventation von Antisemitismus“ ist in Hamburg schon seit 2019 in Arbeit. Wie das „Abendblatt“ berichtet, soll sie noch in diesem Jahr vorgestellt werden.