„Kann mir keiner sagen!“ So hart gehen die HSV-Profis mit sich ins Gericht
Sebastian Schonlau ist ein Mann der sachlichen Worte. Das beweist er unmittelbar nach Spielen, egal wie sie ausgegangen sind. Und das bewies der Kapitän auch am Mittwoch wieder, als er im Volksparkstadion gefasst über die Lage des HSV sprach – ohne dabei aber etwas schönzureden. Vielmehr ging er mit sich und seinen Teamkollegen nach dem jüngsten „brutalen Rückschlag“ auch hart ins Gericht.
„Die Mannschaft hat definitiv ihre Aktien da dran“, sagte Schonlau. Also daran, dass der erneute Nicht-Aufstieg seit dem 0:1 gegen Holstein Kiel das aktuell realistischste HSV-Szenario ist. „Jeder einzelne Spieler hat damit zu tun, dass es so aussieht, wie es gerade aussieht“, weiß der Spielführer um die Verantwortung von sich und seinen Kollegen. „Das hat wenig mit Steffen Baumgart zu tun und das hatte wenig mit Tim Walter zu tun.“
HSV-Kapitän Schonlau verteidigt Baumgart und Walter
Der Ex-Trainer musste im Februar nach über zweieinhalb Jahren gehen, weil spielerische Fortschritte ausblieben. „Dafür haben wir leider Gottes gesorgt“, ist sich Schonlau bewusst. Und der Abwehrchef stellt sich auch schützend vor Walters Nachfolger Baumgart: „Genauso liegt es auch in unserer Verantwortung, dass es unter Steffen rein ergebnistechnisch nicht gut läuft.“
Von acht Spielen unter Baumgart gewann der HSV nur drei, neben zwei Remis setzte es drei Niederlagen – zuletzt die Pleite gegen Kiel, durch die der HSV nun sechs Punkte hinter dem Tabellendritten Fortuna Düsseldorf rangiert.
„Das muss sich jeder ankreiden lassen, da muss sich jeder hinterfragen“, fordert Schonlau. „Da muss jeder für sich herausfinden. Was hätte ich anders machen können? Was hätte ich mehr einbringen können? Das ist Aufgabe der Spieler. Alles andere macht Steffen mit seinem Trainerteam für sich.“
Schonlau macht zweifellos den Eindruck, dass er die jüngsten Auftritte seines Teams kritisch sieht. Und in Jonas Meffert hatte am Samstagabend beispielsweise auch ein anderer Führungsspieler das bittere Urteil gefällt: „Wir sind selber Schuld.“
Einzelfall Bénes: „Keiner hat überragende Saison gespielt“
Hinterfragen sich aber tatsächlich alle HSV-Profis? „Das Gefühl habe ich und das will ich auch stark hoffen“, sagt Schonlau. „Es kann mir keiner sagen, dass er eine überragende Saison gespielt hat.“ Hamburgs Topscorer László Bénes, der am Mittwoch erneut nicht auf dem Platz trainieren konnte und drinnen individuell übte, nahm der Kapitän bei seinen Ausführungen etwas heraus, schließlich spielt der angeschlagene Slowake mit 13 Toren und elf Assists die wohl beste Saison seiner Karriere.
„Aber auch Lazi hat definitiv Grund, sich zu hinterfragen“, will Schonlau niemanden aus der Verantwortung nehmen. Dafür ist die Formkrise seit Wochen zu groß. Die Frage, warum man es nicht schaffe, gute Leistungen Woche für Woche zu bestätigen, stelle man sich intern auch, verriet der Innenverteidiger und spracht von „vielen Gründen, die zu dieser Situation geführt haben“. Vor allem natürlich: die fehlende Konstanz in den Ergebnissen.
Keine Konstanz, viele Platzverweise: Die HSV-Mängelliste
„Ich glaube, wir haben es – bis auf den Anfang der Saison – nicht geschafft, mal wirklich mehrfach nacheinander zu punkten“, kritisiert Schonlau. In der Rückrunde hat der HSV noch kein einziges Mal zweimal hintereinander gewonnen, die letzten zwei Erfolge in zwei aufeinanderfolgenden Wochen gab es Ende August/Anfang September.
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Außerdem habe es zu viele Platzverweise gegeben, setzt Schonlau die Mängelliste fort. Und einige Spiele hätten schlicht einen unglücklichen Verlauf genommen. „Wir sind zurückgekommen, haben zurückgelegen, sind zurückgekommen und haben wieder verloren“, berichtet Schonlau und zieht ernüchtert das Fazit: „Ich glaube, das sind alles Punkte, die sicherlich dazu geführt haben, dass wir jetzt deutlich zu wenige Punkte auf dem Konto haben.“