Männer und Frauen längst gleichberechtigt? „Soweit sind wir noch lange nicht!“
Als Geschäftsführerin und Head of Marketing bei OMR steht für Isabelle Gardt die Entwicklung der übergeordneten Marketingstrategie im Vordergrund. Neben ihrer Vision, die Welt digitaler zu gestalten, setzt sie sich aber auch für Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitswelt ein. Hierfür ruft sie 2018 zusammen mit ihrer Kollegin Kira Schubert die Initiative „OMR 5050“ ins Leben. In den vergangenen Jahren habe sich schon vieles verändert, aber das Ziel sei noch lange nicht erreicht, sagt die 33-Jährige im Interview – und nennt Gründe und macht Verbesserungsvorschläge.
Wenn es um das Thema Gleichberechtigung – nicht nur im Arbeitskontext – geht, hört man oft, meist von Männern, die Aussage, das sei ja längst der Fall, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Wie siehst du das?
Isabelle Gardt: „So weit sind wir noch lange nicht. Da müssen wir uns nur die Gender-Pay-Gap anschauen, da verdienen Frauen immer noch 18 Prozent weniger als Männer. Oder die Start-up-Welt, da weist eine Studie nur 21 Prozent Gründerinnen-Teams aus – und die werden zudem auch noch viel weniger gefördert von Investor:innen und Fonds. Da müssen wir noch sehr viel Aufklärungsarbeit leisten. Auf der „5050 Stage“ wird es genau darum gehen: Wo stehen wir gerade und was fehlt uns noch für eine gerechte Aufteilung? Und das wollen wir mit der Community zusammen besprechen, jedoch ohne erhobenen Zeigefinger. Wir wollen die Missstände aufdecken und erarbeiten, wie wir als Einzelperson, aber auch als Unternehmen die Situation verbessern können. Und da sehe ich noch sehr, sehr viel Potenzial.“
Ist „OMR 5050“ für dich eine Herzensangelegenheit?
„Ich komme aus der Tech-Branche, da war ich oft die einzige Frau im Raum. Auch bei OMR17 habe ich auf den Bühnen und im Publikum viel mehr Männer gesehen. Das wollte ich ändern und auch bei uns im Unternehmen zu einem Umdenken anregen. Mit Erfolg. Das Bewusstsein hat sich total gedreht: Wir haben auf der Bühne fast 50:50 und im Publikum auch.“
Was bzw. wer muss sich ändern, damit unsere Arbeitswelt diverser wird?
„Unternehmen können viel beim Thema Vereinbarkeit dazu beitragen. Denn Frauen übernehmen in der Familie immer noch viel mehr Elternzeit und Zeit für die Kinderbetreuung – also ein hohes Maß an Mental Load. Dazu gehört auch, dass Mütter, die aus der Elternzeit zurückkommen, nicht mehr im äquivalenten Job eingesetzt werden. Oder sie bekommen nicht die Flexibilität, ihren Vollzeitjob familiengerecht einzuteilen. Eine Schwangerschaft sollte niemals negativ behaftet sein. Viele Frauen haben sogar Angst, es ihren Arbeitgebern mitzuteilen. Dabei sollte das als normalste und schönste Sache der Welt angesehen und gefördert werden. Es gibt viele Möglichkeiten, wie Unternehmen die Frauen und auch Männer dabei unterstützen können.“
Sind Frauen die besseren Chefs?
„Es gibt sicherlich Unterschiede im Führungsstil, aber das ist individuell bei jedem Menschen anders. Vielleicht können Frauen sich anders in ihr Gegenüber einfühlen oder haben bestimmte Themen, die ihnen besser liegen. Wir sollten diese Frage aber nicht pauschalisieren.“