Anwohner enteignet: Regierung will „zehn neue Balis“ erschaffen
Die Regierung in Indonesien will den Tourismussektor massiv ausbauen. Das boomende Bali dient dabei als Vorbild für die Erschließung anderer Inseln. Bloß: Die Bewohner hat niemand gefragt.
Viele Bali-Urlauber kennen die Nebeninsel Lombok von Kurztrips. Beschaulicher und unberührter als die turbulente Schwester lockt das indonesische Eiland bislang vor allem Surfer und Vulkanfans an, die den mächtigen Gunung Rinjani besteigen möchten. Schon 2022 aber will die Regierung ein Mega-Projekt auf Lombok fertig haben: das Mandalika Resort. Es sorgt bereits jetzt für heftige Kontroversen: UN-Experten und Anwohner sprechen von Zwangsräumungen und Einschüchterung.
Indonesien: Behörden wollen zehn „neue Balis“ erschaffen
Und das ist erst der Anfang: Die Behörden wollen insgesamt zehn „neue Balis“ erschaffen, um noch mehr Urlauber ins Land zu locken! Diese Strategie hatte Präsident Joko Widodo schon 2016 angekündigt.
Mandalika, das klingt nach Exotik, tropischen Cocktails und Wellness-Massagen in märchenhafter Atmosphäre. Und genau das sollen die Luxushotels in dem mehr als 1000 Hektar großen Areal auf Lombok bieten. Auch Freunde des Motorsports kommen auf ihre Kosten: Schon im kommenden Jahr soll eine pompöse Rennstrecke für die MotoGP eröffnen. Zudem: Einkaufsmöglichkeiten, Top-Restaurants, eine Lagune und noch mehr.
Das Drei-Milliarden-Dollar-Projekt (rund 2,5 Milliarden Euro) soll in den nächsten fünf Jahren immerhin eine halbe Million Arbeitsplätze mit sich bringen. Leidtragende sind aber wie so oft jene Menschen, die traditionell in der Region gelebt haben und die ihre Grundstücke räumen mussten, um Platz zu schaffen.
Anwohner müssen ihre Grundstücke räumen
„Sie haben uns nicht einmal gefragt“, sagt ein Anwohner aus dem Örtchen Kuta Village. „Sie sind einfach gekommen und haben uns zur Räumung gezwungen.“ Bisher habe er keine finanzielle Kompensation erhalten. Diejenigen, die unter diesen Bedingungen nicht gehen wollten, seien von Sicherheitsbeamten eingeschüchtert worden, erzählt der Indonesier.
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Auch die Vereinten Nationen hat das Projekt „Mandalika Special Economic Zone“ schon auf den Plan gerufen. Vor einigen Wochen veröffentlichten UN-Menschenrechtsexperten eine Erklärung, in der sie die Regierung in Jakarta eindringlich aufforderten, die Rechte der Anwohner zu achten. „Farmer und Fischer wurden von ihrem Land vertrieben und mussten die Zerstörung ihrer Häuser, Felder und Wasserquellen sowie ihrer kulturellen und religiösen Stätten erdulden“, sagte Olivier De Schutter, UN-Sonderberichterstatter für extreme Armut und Menschenrechte. „Glaubwürdige Quellen haben herausgefunden, dass Menschen Drohungen und Einschüchterungen ausgesetzt und ohne Entschädigung von ihrem Land vertrieben wurden“, so De Schutter.
Regierung weist Vorwürfe zurück
Die Regierung wies die Vorwürfe als falsch und völlig übertrieben zurück. Das Resort werde den Einheimischen zugute kommen, betonte Miranti Rendranti, eine Sprecherin des staatlichen Unternehmens „Indonesia Tourism Development Corporation“ (ITDC). „Wir können garantieren, dass die Entwicklung von Mandalika im Einklang mit den geltenden Gesetzen steht und die Menschenrechte und der Umweltschutz berücksichtigt werden.“
Betroffene auf Lombok stellen die Geschehnisse anders dar. Darunter Damar, der nur für 3300 seiner insgesamt 5600 Quadratmeter Grundeigentum entschädigt wurde. Als er ein Schild aufstellte, auf dem er eine faire Vergütung forderte, kam die Polizei. Sie habe gedroht ihn anzuzeigen, wenn er die Bedingungen nicht akzeptiere, erzählt er. Doch damit nicht genug: Selbst für die Bauarbeiten seien keine Menschen aus der Region angestellt worden.
Alles sei ohne Vorwarnung passiert, erzählt Aktivist Muhammad Amin. „Die sind plötzlich in die Dörfer gekommen und haben Schilder aufgestellt, auf denen stand, dass das Land jetzt der ITDC gehöre und die Dorfbewohner gehen müssten.“ Fischern sei es verboten worden, in den Gewässern der Region weiter ihre Netze auszuwerfen. „Das ist die Wurzel der Wut“, meint Amin. „Zugegeben, manche Leute unterstützen das Mandalika-Projekt – aber die sind entweder nicht direkt betroffen oder sie sind fair entschädigt worden.“ (dpa)