Europa-Besuch: Das erwartet Biden von Merkel & Co.
Donald Trump reiste nach Saudi-Arabien. Sein Nachfolger Joe Biden hat Europa zum Ziel seiner ersten Auslandsreise als US-Präsident gemacht. Schon die Dauer von einer Woche zeigt: Biden betrachtet die Europäer als wichtigste Partner der USA. Doch in Berlin und Brüssel herrscht keineswegs nur Begeisterung über sein Anliegen.
Bei seiner Landung im britischen Cornwall rief Biden die westlichen Demokratien zum Schulterschluss gegen die Autokraten dieser Welt auf. „Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Weltgeschichte.“ Man müsse diejenigen „in Misskredit bringen“, die glaubten, das Zeitalter der Demokratie sei vorbei, sagte er.
Biden nimmt sich in Europa Zeit. Nach dem G7-Gipfel am Wochenende – dem wohl letzten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) – besucht der US-Präsident die EU und die Nato in Brüssel. Zum Abschluss trifft er sich in Genf mit Wladimir Putin. Russlands Präsident ist aus amerikanischer Sicht aber vor allem ein Störfaktor. Denn als eigentlichen Rivalen auf der Weltbühne betrachten die Amerikaner die Hightech-Diktatur China.
Biden wandelt bei China auf Trumps Fußspuren
„Biden redet und handelt in Richtung China kaum anders als sein Vorgänger“, sagt Michael Hüther vom Institut der Deutschen Wirtschaft. So hat Biden Dutzende chinesische Unternehmen auf eine schwarze Liste gesetzt, die Trump einst eingeführt hat. Zudem hat der Senat gerade ein 250 Milliarden-Dollar-Pakt auf den Weg gebracht, das den USA in Sachen Technik und Forschung Vorteile gegenüber Peking verschaffen soll.
Um die Eindämmung Chinas perfekt zu machen, will Biden nun die Europäer an Bord holen. Sie sollen ihre Wirtschaftsbeziehungen zu Peking massiv herunterfahren. Angela Merkel betrachtet China nach offizieller Lesart zugleich als „Wettbewerber, Partner und systemischer Rivale”. Und das hat Gründe. Denn Europa und vor allem Deutschland können es sich mit den Chinesen nicht völlig verderben. Die EU exportiert Waren im Wert von mehr als 200 Milliarden Euro nach China – doppelt so viel wie die USA.
Deshalb hielten sich Merkel & Co. zu Bidens Ansinnen im Vorfeld des G7-Treffens auch bedeckt. Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) hingegen spricht Klartext in seinem Podcast: „Unsere wirtschaftlichen Beziehungen zu China sind riesig und wir brauchen sie auch.“ Es sei nicht im deutschen Interesse, den Handelskrieg zwischen China und den USA anzutreiben.
Unterschiedliche Vorstellungen beim Impfstoff
Wie die Europäer den Drahtseilakt zwischen Bidens Wunsch und eigenen Interessen hinbekommen wollen, ist noch unklar. Klare Kante hingegen zeigt Europa bei einem anderen Anliegen: Biden hatte sich überraschend hinter die Forderung ärmerer Länder gestellt, die Patente der Corona-Impfungen aufzuheben. Zudem kündigte er an, 500 Millionen Biontech-Impfdosen zu kaufen und an ärmere Länder zu spenden.
Aber bei einer Patentfreigabe wollen die Europäer nicht mitmachen: „Unsere Position dazu hat sich nicht geändert“, ließ Merkel am Donnerstag mitteilen. In Berlin wie in Brüssel hält man einen solchen Schritt für „nicht hilfreich“. Denn der begrenzende Faktor seien Produktionskapazitäten, Kenntnisse und Rohstoffnachschub. Und beim Spenden von Impfdosen sei Deutschland bereits „einer der großen Unterstützer“.
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Wie weit im speziellen Merkel Biden am Ende entgegenkommt, wird sich wohl erst nach einem Vier-Augen-Gespräch der beiden zeigen. Dieses soll am Wochenende stattfinden.