Eine Frau zündet einen Joint an.
  • Die Schulbehörde empfiehlt Hamburgs Schulen, Cannabis per Hausordnung zu verbieten. (Symbolbild)
  • Foto: picture alliance / PHOTOPQR/OUEST FRANCE/MAXPPP | Marc OLLIVIER

Nach der Cannabis-Legalisierung: Was Hamburgs Schulen jetzt machen sollen

Etwa zwei Monate nach der Cannabis-Legalisierung wird in Hamburg Bilanz gezogen: Die Legalisierung sende ein falsches Signal an Schulen, befürchtet Hamburgs Schulsenatorin Bekeris. Unterdessen beklagt ein Club die strikten Anbauregeln – und kündigt weitere Lobbyarbeit an.

Knapp zwei Monate nach Inkrafttreten des neuen Cannabisgesetzes stehen auch in Hamburg Befürworter und Kritiker der Drogenfreigabe vor vielen offenen Fragen. Die Schulbehörde verschickte am Freitag einen Brief an alle rund 470 Schulen, in dem sie darauf hinwies, dass nach der neuen Rechtslage über 18-Jährigen das Mitführen von 25 Gramm Cannabis grundsätzlich gestattet ist. Die Behörde empfahl den Schulleitungen jedoch: „Um hier Klarheit und Sicherheit für alle zu schaffen, können Sie von Ihrem Hausrecht Gebrauch machen und in Ihrer Hausordnung ergänzen, dass auch das Mitführen von Cannabis in der Schule und auf schulischen Veranstaltungen (inklusive Klassen- und Studienreisen) grundsätzlich untersagt ist.“ Zahlreiche Oberstufen- und Berufsschüler sind über 18 Jahre alt.  

Senatorin: Cannabiskonsum gefährdet die Gesundheit junger Menschen

Zugleich bekräftigte die Behörde, dass Lehrkräfte und Schulmitarbeiter weder im Dienst Rauschmittel konsumieren noch unter dem Einfluss von Drogen zum Dienst erscheinen dürfen. „Dies gilt auch für Rauschmittel wie z.B. Cannabis, die legal erhältlich sind bzw. nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen“, heißt es in dem Brief weiter.

Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) erklärte: „Es besteht die Gefahr, dass die Legalisierung des Cannabiskonsums für Erwachsene bei jungen Menschen ein falsches Signal der Harmlosigkeit von Cannabis setzt.“ Tatsächlich gefährde der Cannabiskonsum Gesundheit und Entwicklung von jungen Menschen sehr. Der Senat wolle daher dafür Sorge tragen, dass Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu Cannabis erhielten. 

Am 9. Mai hatte der Senat einen Bußgeldkatalog für Verstöße gegen das Cannabisgesetz erlassen. Demnach droht für den Konsum vor Minderjährigen ein Bußgeld von 1000 Euro. Wer in der Nähe von Schulen, Kindergärten, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen oder öffentlichen Sportstätten einen Joint raucht, riskiert 500 Euro Strafe. Nach den einwöchigen Pfingstferien beginnt am Montag wieder der Unterricht in Hamburg.

Suchtforscher: Cannabisgesetz ist guter Einstieg

Auf einer Expertentagung zum Thema Cannabis an der Universität Hamburg wurde das neue Gesetz am Freitag unterschiedlich bewertet. „Das ist ein guter, sanfter Einstieg“, sagte der Politikwissenschaftler und Mitarbeiter am Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung, Jens Kalke. Er erwarte eine nur leichte Zunahme der Konsumenten. Er hob die im internationalen Vergleich liberalen Bestimmungen des neuen Gesetzes hervor. Beim straffreien Besitz von 25 Gramm spiele die Herkunft des Cannabis keine Rolle, sagte Kalke. 

Zum Eigenanbau dürfe jeder Erwachsene in Deutschland drei Pflanzen anbauen. So könne ein Haushalt aus einem Ehepaar mit zwei volljährigen Kindern zwölf Pflanzen haben. „Das ist weitgehend“, sagte Kalke. In den USA, wo Cannabis in 24 Bundesstaaten legalisiert ist, seien nur sechs Pflanzen pro Haushalt gestattet. Eine weitere Besonderheit in Deutschland sei die Möglichkeit, auch Genossenschaften zum Anbau zu gründen. 

Cannabis-Club: Anbauregeln schließen Gelegenheitskonsumenten aus

Andreas Gerhold, Vereinsvorsitzender des Cannabis Social Clubs Hamburg, kündigt weitere Lobbyarbeit an. picture alliance/dpa/Markus Scholz
Andreas Gerhold, Vereinsvorsitzender CSC Hamburg
Andreas Gerhold, Vereinsvorsitzender des Cannabis Social Clubs Hamburg, kündigt weitere Lobbyarbeit an.

Der Gründer des Cannabis Social Clubs Hamburg, Andreas Gerhold, kritisierte die engen Grenzen des Gesetzes für Selbstversorger und Gelegenheitskonsumenten. Anbauvereine müssten sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge finanzieren und dürften keine Angestellten haben, weder eine Verwaltungskraft noch eine Reinigungskraft oder einen Gärtner. Alle Arbeiten sollten ehrenamtlich erledigt werden. Alte, Behinderte oder auch Berufstätige könnten sich aber kaum beteiligen. Gerhold schlussfolgerte: „Gelegenheitskonsumenten sind quasi ausgeschlossen.“ Er kritisierte auch, dass Ausländer erst nach sechs Monaten und mit geregelten Aufenthaltsrecht Mitglied einer Anbauvereinigung werden könnten.

Runder Tisch zum Cannabis-Anbau gefordert

Die Regelungen zum Eigenanbau treten am 1. Juli 2024 in Kraft. Der Cannabis Social Club werde keine Anbaulizenz beantragen, sagte Gerhold. Das werde von den Anbauvereinigungen gemacht. Die Anbauflächen würden meist außerhalb von Hamburg liegen. Er habe darum vorgeschlagen, einen Runden Tisch mit Politikern sowie Behördenvertretern aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu bilden. Die Hamburger Grünen hätten positiv auf den Vorschlag reagiert. 

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Zu den Mitgliedern des Cannabis Social Clubs gehören nach Angaben von Gerhold auch die Grünenpolitikerin und Justizsenatorin Anna Gallina sowie der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Michael Gwosdz. Der Club mache auch Öffentlichkeitsarbeit sowie Politikberatung und setze sich für Aufklärung, Prävention und Jugendschutz ein. „Beispielsweise sind wir häufiger an Schulen zu Gast“, sagte der Club-Gründer. (dpa/mp) 

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