Nutria
  • Das Nutria ist nur eine von vielen invasiven Arten, die sich in Norddeutschland ausgebreitet haben.
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Invasive Arten im Norden – diese Tiere sind hier nicht mehr wegzukriegen

Ob Nutria, Chinesische Wollhandkrabbe oder Spätblühende Traubenkirsche: Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten sind in den Norden Deutschlands gezogen oder wurden vom Menschen mitgebracht – und sorgen hier jetzt für Probleme.

Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz gibt es in der Bundesrepublik 1015 etablierte, gebietsfremde Arten. Doch diese gebietsfremden Arten müssen keinen Schaden anrichten, als invasiv gelten davon gerade einmal etwa 10 Prozent (107 Arten).

Invasive Arten hingegen zeichnen sich laut Sonja Sporn vom Naturschutzbund (Nabu) Schleswig-Holstein, Landesstelle Wasser, dadurch aus, dass sie ein ökologisches oder wirtschaftliches Schadpotenzial haben. Diese verdrängen etwa heimische Arten, sind gesundheitsschädlich, gefährlich oder kosten viel Geld, da deren Ausbreitung eingedämmt werden muss oder sie Schäden zum Beispiel an Deichen verursachen.

Hier eine Vorstellung einiger invasiver Pflanzen und Tiere, die im nördlichsten Bundesland zu finden sind:

Das Nutria

Das Nutria ist nur eine von vielen invasiven Arten, die sich in Norddeutschland ausgebreitet haben. picture alliance / Zoonar | Christian Lademann
Nutria

Die Nutria (Myocastor coypus) kommt laut Sporn ursprünglich aus Südamerika und sind wegen ihrer Pelze nach Deutschland gebracht worden. Jedoch konnten immer wieder Nager aus den Pelzfarmen entkommen oder wurden befreit. Die Tiere ernähren sich überwiegend von Wasserpflanzen, aber auch von heimischen Muscheln.

Durch ihre Gefräßigkeit hätten sie ein Schadpotenzial auf manche Ökosysteme, betonte Sporn. Zudem graben sie etwa an Flussufern und Deichen Gänge und würden aus diesem Grund auch oft bejagt. Pro Jahr würden mehr als 1000 Nutrias in Schleswig-Holstein erlegt.

Der Kamberkrebs

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Kamberkrebs

Der Kamberkrebs (Orconectes limosus) lebt in Flüssen und Seen und kommt nicht nur in Schleswig-Holstein, sondern auch bundesweit vor, erklärte Sporn. Das aus Nordamerika stammende Tier sei mit dem Schiffsverkehr nach Deutschland gekommen und reproduziere sich rasant.

Das Problem an dem Kamberkrebs ist laut der Nabu-Expertin, dass er einen Krankheitserreger, die sogenannte Krebspest in sich trägt. Diese durch einen Pilz ausgelöste Infektionskrankheit töte dann die heimischen Edelkrebse innerhalb von zwei Wochen nach einer Infektion. Der Kamberkrebs selbst sei gegen die Pest immun. Daher kommt es zur Verdrängung der heimischen Edelkrebse. Sie werden durch sogenannte Krebs-Sperren, also Dämmen, die nicht infizierte Flussabschnitte vom restlichen Fluss isolieren, vor dem Kontakt geschützt.

Die Chinesische Wollhandkrabbe

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Chinesische Wollhandkrabbe

Die chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis) ist eine aus China stammende Krabbenart, die sich etwa im Salzwasser der Nordsee vermehrt, erklärte Elizabeta Briski vom Kieler Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung.Probleme verursachen die Tiere jedoch nicht im Meer, sondern in Süßwassersystemen wie der Elbe, wo sie auch noch 700 Kilometer von der Mündung entfernt gefunden werden kann. 

Durch ihre schiere Masse verdrängen und fressen sie die heimischen Flusstiere. Zudem können sie Löcher in die Deiche bohren und so die Struktur beschädigen. Fischer beschweren sich laut Briski oftmals, dass sie keinen Fisch mehr fangen, sondern nur noch Wollhandkrabben. Diese können allerdings teuer nach China verkauft werden – dort zählt die Art als Delikatesse.

Die Pazifische Auster

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Pazifische Auster

Die Pazifische Auster (Crasostera Giga) wurde in die Nordsee gebracht, nachdem die europäische Auster im 19. Jahrhundert zu verschwinden begann und andere Arten, wie etwa die Portugiesische Auster, sich nicht durchsetzen konnten.

Die Auster steht auf der Liste der schlechten Arten, da sie sehr resistent gegenüber Umwelteinflüssen ist und durch ihre hohe Population mit den heimischen Arten um Platz und Nahrung konkurriert, so Geomar-Expertin Briski. Sie wolle die Art jedoch nicht als „schlecht“ bezeichnen, denn obwohl sich die Auster global ausbreite, wurde sie absichtlich in Aquakulturen eingeführt. Es könne bisher nicht gesagt werden, wie schnell sie die Art ohne die Zuchtfarmen von selbst ausbreiten könne.

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Doch es gibt nicht nur gebietsfremde Tiere, die Probleme verursachen können, sondern auch Pflanzen und Pilze: 

Die Spätblühende Traubenkirsche

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spätblühende traubenkirsche

Die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) stellt vor allem auf sandigen Böden in Kiefernforsten ein Problem dar. Die Baumart war im 17. Jahrhundert nach Europa eingeführt worden – in erster Linie als Ziergehölz, aber auch weil man sich erhofft hat, dass die Art auch auf nährstoffarmen Sandböden wächst, erklärte Alexandra Erfmeier vom Institut für Ökosystemforschung der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Dies habe sich jedoch aus forstwirtschaftlicher Perspektive nicht bewahrheitet. 

Stattdessen verdunkelt die Traubenkirsche den Unterwuchs des Waldes und verdrängt so andere Arten der Krautschicht, die unter den Bäumen wachsen. Die Traubenkirschen-Art bringt laut Erfmeier aber auch Vorteile: So ist das Fruchtfleisch der Kirschen etwa für samenfressende Vögel attraktiv, wodurch die Ausbreitung dieser Arten unterstützt wird.

Der Riesenbärenklau

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Riesenbärenklau

Der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum), auch Herkulesstaude genannt, stammt ursprünglich aus dem Kaukasus und wurde in die europäischen Länder als Gartenpflanze eingeführt, so Nabu-Expertin Sporn. Die Pflanze breitet sich an Ufern und feuchten Waldrändern aus. Dabei wächst die Staude rasant und verdrängt andere heimische Arten völlig. Innerhalb eines Jahres kann die Art bis zu vier Meter hoch werden.

Zudem sei die Pflanze giftig. Der Pflanzensaft kann laut Sporn in Verbindung mit Sonnenlicht zu Verbrennungen führen. Gleichzeitig sei der Riesenbärenklau aber ein Nektarspender für viele Insekten. Bekämpfungsmaßnahmen seien vor allem in der Nähe zum Menschen an Straßen, Wegrändern oder Spielplätzen sinnvoll.

Das Falsche Weiße Stängelbecherchen

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Falsches Weisses Staengelbecherchen

Das Falsche Weiße Stängelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus) ist ein Pilz aus Ostasien, der vor etwa 30 Jahren nach Europa eingeschleppt wurde, wie Professorin Erfmeier sagte. Dieser Pilz befalle Eschen und lasse die Bäume erkranken und schließlich absterben.

Dies könne langfristig zu einem Verlust von Diversität in dem Ökosystem führen. Um der Entwicklung entgegenzuwirken, werden laut Erfmeier einzelne Bäume prophylaktisch aus dem Wald genommen, damit sich der Pilz nicht weiter verbreitet und das Holz gesunder Bäume verkauft werden kann. Eine Ausbreitung lasse sich so aber nicht wirksam verhindern.

Viele invasive Arten können nicht effektiv bekämpft werden

Viele invasive Arten wie etwa die Herkulesstaude, die Spätblühende Traubenkirsche oder die Nutria sind in Deutschland etabliert und es lohnt sich nicht mehr, diese zu bekämpfen – wenn, dann ist laut Erfmeier nur noch an besonders schützenswerten Stellen gegebenenfalls eine lokale Eindämmung möglich, um das jeweilige Ökosystem zu schützen.

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Mit vielen der eingewanderten Arten müsse der Mensch vor Ort leben. So zeigen die diese Arten, dass Ökosysteme nicht abgeschlossen sind, sondern stetigen Veränderungen unterliegen, betonte Nabu-Expertin Sporn. Daher sei es wichtig, gesunde und funktionierende Ökosysteme zu schaffen, die stabil auf gebietsfremde Arten reagieren könnten. (dpa/mp)

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