Kandidat Kwasniok? Warum sich der Coach selbst bei St. Pauli unmöglich machte
Der alte Trainer, wenngleich ein blutjunger, war noch gar nicht weg, da kursierten schon die ersten Namen potentieller Nachfolger von Fabian Hürzeler. Spätestens mit dem Ende der einwöchigen Verhandlungen und dem besiegelten Abgang des Aufstiegstrainers zu Brighton & Hove Albion wird beim FC St. Pauli mit Hochdruck der neue Chefcoach für die erste Bundesligasaison nach 13 Jahren braun-weißer Abstinenz gesucht. Ein plausibler und auch ernsthafter Kandidat ist Christian Eichner. Ein anderer, der als solcher gehandelt wurde und immer noch wird, dagegen nicht. Aus Gründen, die mit St. Pauli zu tun haben.
Naheliegend? Möglicherweise, weil es um die gleiche Liga geht, die Zweite, der der Kiezklub allerdings gerade entwachsen ist. Oder weil Paderborn überschaubare 280 Kilometer von Hamburg entfernt liegt. Jedenfalls wurde schon früh der Name Lukas Kwasniok als potenzieller Hürzeler-Ersatz gespielt. Angeblich habe sich St. Pauli mit ihm beschäftigt.
Nach Hürzeler-Abschied: Lukas Kwasniok ein Kandidat?
Das verwundert. Und das hat weniger mit seiner sportlichen Qualifikation oder seiner Bilanz (108 Spiele, 1,57 Punkte im Schnitt, Platz sieben in der abgelaufenen Saison) zu tun. Kwasniok gilt als einer der besten Übungsleiter im Unterhaus. Hürzeler hatte ihn vor dem Zweitliga-Duell Ende März (2:1) sogar als „Toptrainer“ und dessen Arbeitsweise gelobt. Kwasniok wiederum hatte mit Aussagen zum Thema Trainer bei St. Pauli für Aufsehen gesorgt. Und zwar im Dezember 2022.
Mit für die Branche ungewöhnlicher Deutlichkeit hatte Kwasniok öffentlich die Entlassung des damaligen St. Pauli-Trainers und seines Kumpels Timo Schultz und damit den Kiezklub kritisiert. „Es gibt keinen besseren Trainer für St. Pauli“, hatte Kwasniok, der gemeinsam mit Schultz Lehrgang zum Fußball-Lehrer absolviert und mit der Note 1,0 abgeschlossen hatte, nach dessen Demission in einem Interview mit der „Neue Westfälische“ geurteilt und ausgeführt: „Wenn St. Pauli wirklich schlecht spielen oder es in der Mannschaft nicht stimmen würde, wäre es eine andere Sache. Aber Timo hat das Maximale aus diesem Team herausgeholt. Sie spielen hervorragenden Fußball, liegen in fast allen Statistiken wie bei den Expected Goals vorne und haben die meisten Abschlüsse. Sie schießen leider nur zu wenig Tore“, so Kwasnioks Analyse.
Kwasniok kritisierte öffentlich St. Paulis Kaderplanung
Damit nicht genug: Kwasniok kritisierte offen die Kaderplanung des Konkurrenten und damit indirekt auch St. Pauli-Sportchef Andreas Bornemann, der sich zu diesem Zeitpunkt heftiger Kritik von Fan-Seite ausgesetzt sah. „St. Pauli hat ein Problem, weil sie keinen Stürmer, keinen Torhüter und keinen guten Innenverteidiger geholt haben“, diagnostizierte der SCP-Coach, der damit auch gleich mal Spieler der Braun-Weißen abwertete.
Ein absolutes No-Go in der Branche, Verstoß gegen ein ungeschriebenes Gesetz – auch wenn er wohl in erster Linie seinem Trainer-Kumpel beispringen und ihn in Schutz nehmen wollte. Eigentlich undenkbar, dass Kwasniok mit dieser Vorgeschichte ein Trainerkandidat bei St. Pauli ist oder auf absehbare Zeit wird. Denn ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten ist die Basis.
Wie sollte das möglich sein mit der Vorgeschichte? Kwasniok dürfte sich mit seiner damaligen Verbal-Attacke selbst die Tür nach Hamburg-St. Pauli, sollte sie denn jemals einladend offen gewesen sein, zugeschlagen haben.
Mallorca-Vorfall sorgte für Schlagzeilen
Nicht zuletzt dürfte er vielen St. Pauli-Fans aufgrund des Mallorca-Vorfalls im Mai 2023, der aufgrund seiner Verhaftung und gravierender Vorwürfe Schlagzeilen gemacht hatte, nur schwer zu vermitteln sein, weil auch nach der juristischen Beilegung und angesichts der geltenden Unschuldsvermutung moralische Fragezeichen blieben.