Olympia-Traumstart für deutsche Handballer: Wolff-Show, Knorr-Rot und Fan Boris
Traumstart in Paris! Deutschlands Handballer sind mit einem Sieg in das olympische Handballturnier gestartet und hat ein Ausrufezeichen gesetzt. Gegen den EM-Dritten Schweden gewann die leidenschaftlich aufspielende DHB-Auswahl trotz einer frühen Rote Karte gegen Spielmacher Juri Knorr verdient mit 30:27 (12:11). Der überragende Akteuer stand zwischen den Pfosten: Keeper-Hüne Andreas Wolff, der schon von einem Medaillen-Omen sprach. Ein Wermutstropfen war die Verletzung von Tim Hornke. Als nächstes wartet eine krasse Frühschicht.
Nach der Schlusssirene dröhnte der Karnevals-Hit „Kölsche Jung“ aus den Boxen der Halle 6 der Arena Paris Süd. Die MOPO war dabei. Das deutsche Team tanzte im Kreis, das Publikum applaudierte – längst nicht nur die deutschen Fans, sondern auch die Übermacht der französischen Fans, die sich bereits für den anstehenden Knaller ihrer Mannschaft gegen Dänemark eingefunden hatten.
Kapitän Golla „stolz“, Wolff mit überragendem Start
„Ich bin stolz auf die Mannschaft, wie wir das durchgezogen haben. Das war schon sehr stark“, sagte ein erschöpfter, aber überglücklicher Kapitän Johannes Golla. Luca Witzke, nach dem Feldverweis für Knorr der starke Alleinunterhalter auf der Mitte. „Das war eine fantastische Teamleistung von uns. So etwas schweißt zusammen. Ich habe auf jeden Fall Bock auf mehr!“
Die „Wand“ im Tor war ebenfalls hochzufrieden. „Es tut gut, dass wir endlich mal einen Großen geschlagen haben“, freute sich Wolff (13 Paraden), der sich mit der deutschen Mannschaft im Bronze-Spiel der Heim-EM im Januar noch den Schweden hatte geschlagen geben müssen. Dieser Sieg könnte ein gutes Omen sein. „Wir haben gegen Schweden zum zweiten Mal das Auftaktspiel gewonnen. 2016 gab es am Ende Bronze. Gegen eine Medaille hätte ich auch diesmal nichts einzuwenden.“ Schnell fügte er an: „Aber das ist noch ein langer Weg.“
Beide Keeper vernageln spektakulär ihre Tore
Der Beginn: zerfahren, Fehlwürfe und vor allem spektakuläre Torhüterparaden auf beiden Seiten. Teilweise im Akkord! Nach neun Minuten stand es 1:1. Nach zwölf Minuten und beim Stande von 2:2 hatten sowohl DHB-Keeper Andreas Wolff als auch sein Gegenüber Andreas Palicka schon jeweils fünf Bälle gehalten, einige derart artistisch, dass Publikum und auch der Hallensprecher ausflippten. Zur Halbzeit stand es nach Paraden 8:8.
Zwei Schocks musste die DHB-Auswahl schon sehr früh verkraften. Zunächst verletzte sich Rechtsaußen Tim Hornke gleich im ersten Angriff am linken Fuß und konnte nicht weiterspielen. Der Magdeburger werde nach der Partie mit dem Team ins Olympische Dorf zurückreisen und „dort weiter untersucht“, teilte der Verband in der Halbzeit mit. Verdacht auf Sehnenanriss unter der Fußsohle. Bestätigt sich das, wäre Olympia für Hornke beendet.
Rote Karte für Knorr, Hornke verletzt – Olympia-Aus droht
Nach einer Viertelstunde sah dann auch noch Knorr nach einer harten Abwehraktion gegen Albin Lagergren die Rote Karte und war ab da nur noch Zuschauer. Eine zu harte Strafe – befand TV-Experte Pascal Hens. „Das ist bitter. Klar, er trifft ihn im Gesicht, aber so eine Situation kommt in einem Spiel dauernd vor“, meinte der frühere Nationalspieler und Weltmeister von 2007. Knorr selbst sagte dazu: „Ich treffe ihn halt. Aber in erster Linie bin ich glücklich, dass wir das Spiel gewonnen haben.“
Trotz der frühen Rückschläge, die den ohnehin kleinen 14-Mann-Olympia-Kader empfindlich trafen, ließ sich die Mannschaft nicht verunsichern, ackerte vor allem in der Abwehr bravourös und war in einem engen Spiel die leicht überlegene Mannschaft. Die 12:11-Halbzeitführung – verdient.
DHB-Team vor den Augen von Boris Becker souverän
Im zweiten Durchgang konnten Golla und Co. den Vorsprung mit einer sehr stabilen Leistung behaupten und in der Schlussphase sogar über 25:22 (49.) und 28:24 (54.) vorentscheidend ausbauen. Souverän wie lange nicht mehr. Das beeindruckte auch Tennis-Legende Boris Becker, der das Spiel als Eurosport-Experte in der Halle verfolgte, nachdem er am Vortag bei der Eröffnungsfeier als Ehrengast dabei war.
„Ich bin extrem zufrieden, dass wir gewonnen haben und wie wir gewonnen haben“, sagte Bundestrainer Alfred Gislason. „Die Mannschaft war insgesamt sehr stark, die Abwehr überragend und auch vorne haben wir es gut gespielt.“ Und Wolff? „Das war unglaublich gut, auch von Palicka. Wirklich Weltklasse. Das war das Beste, was ich seit langem gesehen habe.“ Seine Nummer eins ist in Gala-Form – wichtig, wenn man weit kommen will, sehr weit. Aber Schritt für Schritt.
Uscins bester Torschütze – jetzt geht es gegen Japan
Im zweiten Gruppenspiel treffen Gislasons Mannen am Montag auf Japan. Es wird eine Frühschicht. Schon um 9 Uhr ist Anwurf. „Das ist sehr ungewohnt, aber wir werden dann halt entsprechend früher aufstehen“, meinte Rückraum-Youngster Renars Uscins, gegen Schweden mit acht Toren bester deutscher Schütze.
TORE Deutschland: Uscins (8), Golla (5), Witzke (4), Köster (3), Grgic (3/2), Mertens (3), Knorr (2), Steinert (1), Kohlbacher (1)