Bundesverkehrsminister will wichtige Straßenlücke im Norden schließen
Der Lückenschluss der Autobahn 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg ist umstritten. Angesichts angespannter Kassen ist er darüber hinaus auch ambitioniert. Doch Pendler sehnen die Verbindung herbei, Umweltschützer dagegen prüfen Klagen. Jetzt hat sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dazu positioniert.
Das Teilstück ist 106 Kilometer lang und soll laut Bundesverkehrsministerium 1,69 Milliarden Euro (Stand 2023) kosten. „Mit der A39 schaffen wir eine optimale Verbindung zwischen den Räumen Lüneburg und Wolfsburg und stärken die Hinterlandanbindung zu den norddeutschen Häfen“, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Die Bedeutung spiegele sich auch in dem vom Bundestag beschlossenen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen wider.
Darin sei der vierstreifige Neubau auf ganzer Länge in der Dringlichkeitsstufe „Vordringlicher Bedarf“ enthalten. Das bedeute, dass die Autobahn GmbH des Bundes den gesetzlichen Auftrag habe, die Strecke zu planen und umzusetzen. „Was wir jetzt schnellstmöglich brauchen, ist bestandskräftiges Baurecht“, betonte der Minister.
Umweltschützer prüfen Klagen
Durch den Neubau werde die Hinterlandanbindung zu den norddeutschen Häfen in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein weiter gestärkt und die Standortqualität der bisher wenig erschlossenen Regionen des Uelzener Beckens, der Randbereiche der Lüneburger Heide, des Wendlandes und der Altmark deutlich verbessert, hieß es weiter aus dem Ministerium in Berlin.
Der nördliche Teil der A39 führt von Hamburg nach Lüneburg, der südliche Teil von Wolfsburg über Braunschweig nach Salzgitter. „Wir halten das Projekt für sehr wichtig“, heißt es auch aus dem SPD-geführten Verkehrsministerium in Hannover. Die Zuständigkeit über die Autobahnen liege aber seit Anfang 2021 beim Bund.
Die Bürgerinitiative Keine A 39 und der Umweltschutzverband BUND kündigten an, Klagen konkret zu prüfen. Die Verkehrsader solle die Ost- und Südheide durchschneiden – das habe keinen Sinn, sagen die Gegner. „Diese Autobahn ist ein unzulässiger Eingriff in die Natur und Landschaft, das wollen wir mit allen gesetzlichen Mitteln verhindern“, sagt Manfred Michel, Vorsitzender des BUND Kreisverbandes Gifhorn.
Neuer Planfeststellungsbeschluss liegt öffentlich aus
2019 stoppte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Baupläne für den südlichen Abschnitt. Im Landkreis Gifhorn liegt seit dieser Woche der neue Planfeststellungsbeschluss öffentlich aus. Die Unterlagen der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr sind bis Mitte August einzusehen.
Darin soll unter anderem sichergestellt sein, dass im Abschnitt 7 von Weyhausen bis Ehra (14,2 Kilometer) kein belastetes Regenwasser von den Fahrbahnen ins Grundwasser sickert, wie die Samtgemeinde Boldecker Land schreibt. Das geplante Autobahnteilstück mit Kosten von mehr als 200 Millionen Euro umfasst die Auffahrten Weyhausen und Ehra-Lessien sowie die Tank- und Rastanlage „Tappenbecker Moor“. Es könne jeder Betroffene gegen die Pläne klagen, dies ist der Grund der Auslage in den Samtgemeinden Brome und Boldecker Land, wie die Gemeinde ausführt.
„Die Unterlagen sind nicht bürgerfreundlich strukturiert und nicht gut zu lesen“, sagt Annette Niemann von der Bürgerinitiative Keine A39: „Ich glaube, das ist Absicht.“ Die BI vertritt 37 Initiativen entlang der Strecke und prüft die rechtlichen Grundlagen für eine Klage. „Wir können es uns nicht leisten, neue Straßen zu bauen, wenn die alten nicht einmal repariert werden“, erklärt Niemann. „Deutschland hat das dichteste Verkehrsnetz in Europa, aber es bröckelt immer mehr.“
Auch aus Klimaschutzgesichtspunkten sei ein Neubau nicht zu vertreten. Rechtlich darf nur der BUND-Landesverband klagen. Dafür gibt es eine Frist von vier Wochen, danach noch einmal zehn Wochen für eine Begründung. „Wir nehmen an, dass wir diesen Beschluss gemeinsam fassen werden“, sagt Niemann, die danach damit rechnet, dass sich das Bauprojekt verzögern werde. Der Stau beim Bundesverwaltungsgericht betrage mindestens ein Jahr, sagt sie.
Ist das Autobahnprojekt zu teuer?
Der Landesverband des Verkehrsclubs Deutschland fordert, dass die Kosten verglichen werden sollten und damit erneut zu prüfen sei, ob das Projekt überhaupt wirtschaftlich sei. „Das ist für uns kein Lückenschluss, sondern ein klarer Neubau, so klein ist die Strecke nicht“, sagt VCD-Sprecher Hans-Christian Friedrichs.
Es reiche ein großes Verkehrsprojekt, man ziehe die Neubaupläne der Bahnstrecke Hannover-Hamburg einem Autobahnprojekt vor: „Das ist ein zukunftsfähigerer Verkehrsträger, wir sollten nicht länger auf Asphalt setzen.“ Die Umweltschädigungen einer Autobahn seien unter anderem wegen der Versiegelung und der Lärmbelastung wesentlich größer als eine neue Bahnstrecke.
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Auch gegen den 6. Bauabschnitt zwischen Ehra und Wittingen könnte es noch Klagen geben. Im kommenden Jahr soll aufgrund aktualisierter Kartierungen ein Deckblattverfahren gestartet werden, sodass ein Planfeststellungsbeschluss erst zu einem späteren Zeitpunkt ergehen könne, teilte die Autobahn GmbH mit. Vollziehbares Baurecht liege erst mit der Unanfechtbarkeit eines Beschlusses vor. (dpa)
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