Antonio Rüdiger zeigt den Tauhid auf einem Foto auf Instagram.
  • Antonio Rüdiger ist gläubiger Muslim. Wegen dieses Fotos unterstellt ihm der ehemalige Bild-Chef Julian Reichelt eine Nähe zum radikalen Islamismus. Rüdigers Geste ist der sogenannte Tauhid, eine Form des Glaubensbekenntnis im Islam.
  • Foto: Instagram/toniruediger

Zoff um Geste: Das wurde aus Rüdigers Anzeige gegen Julian Reichelt

Es geht um eine Zeigefinger-Geste im Netz: Antonio Rüdiger wollte sich mit einer Anzeige gegen Kritik von Journalist Julian Reichelt wehren, ist damit aber gescheitert. Die Staatsanwaltschaft Berlin teilte auf Anfrage mit, ein Ermittlungsverfahren gegen Reichelt mangels Tatverdachts eingestellt zu haben.

Im Frühjahr war bekanntgeworden, dass sich der Fußballstar gegen Internet-Posts des Journalisten, der früher „Bild“-Chefredakteur war und schon seit längerem für das Portal „Nius“ in verantwortlicher Position arbeitet, zur Wehr setzen will. Es ging bei den Ermittlungen um Vorwürfe der Beleidigung und Volksverhetzung.

Im Kern dreht sich der Fall um einen viel diskutierten Instagram-Beitrag des Profis von Real Madrid rund um den Fastenmonat Ramadan. In dem Beitrag hatte der praktizierende Muslim Rüdiger ein Foto von sich im weißen Gewand auf einem Gebetsteppich gepostet. Der Zeigefinger seiner rechten Hand zeigt in den Himmel. „Möge der Allmächtige unser Fasten und unsere Gebete annehmen“, schrieb der 31-Jährige als Gruß zum Ramadan.

Julian Reichelt deutete Antonio Rüdigers Geste als islamistisch

Reichelt war überzeugt, dass Rüdiger mit dem erhobenen Zeigefinger eine islamistische Geste zeigt. Der Abwehrspieler konterte, dass er sich nicht als Islamist verunglimpfen lassen wolle. Reichelts Kritik, die er im Internet in mehreren Beiträgen postete, führte dazu, dass Rüdiger gegen ihn Strafanzeige stellte, der DFB meldete die Angelegenheit zudem bei der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main.

Journalist Julian Reichelt deutete Antonio Rüdigers gehobenen Finger als islamistische Geste. picture alliance / epd-bild | Rico Thumser
Julian Reichelt
Journalist Julian Reichelt deutete Antonio Rüdigers gehobenen Finger als islamistische Geste.

Die Staatsanwaltschaft Berlin führte aus, dass eine Strafbarkeit wegen Beleidigung beziehungsweise übler Nachrede oder Verleumdung nicht gegeben sei. „Die Posts stellen keine Tatsachenbehauptungen, sondern – wie sich aus dem Gesamtkontext ergibt – bloße Werturteile dar.“

Auch in Abwägung mit der Freiheit der Meinungsäußerung könne kein hinreichender Tatverdacht bejaht werden. Auch den Vorwurf der Volksverhetzung sehen die Ermittler nicht als erfüllt an.

Das Zeichen ist eine typische Geste bei Muslimen und Teil des Gebets. Der gestreckte Zeigefinger symbolisiert den Glauben an den einen und einzigartigen Gott („Tauhid“). Das Zeichen ist der sichtbare Ausdruck des islamischen Glaubensbekenntnisses, in dem bezeugt wird, dass es neben dem einen Gott („Allah“) keine anderen Götter gibt (Monotheismus).

„Tauhid“-Finger im Islam weit verbreitet

Das Bundesinnenministerium hatte im Frühjahr rund um die Debatte zu dem Fingerzeig mitgeteilt: „Der sog. ‚tauhid‘-Finger gilt im Islam als Symbol der Einheit und Einzigartigkeit Gottes. Die Geste ist unter Musliminnen und Muslimen auf der ganzen Welt verbreitet.“

Bei der EM stand Antonio Rüdiger erneut im Kader der deutschen Nationalmannschaft. Foto imago/Laci Perenyi
Antonio Rüdiger bei der EM
Bei der EM stand Antonio Rüdiger erneut im Kader der deutschen Nationalmannschaft.

Nach Einschätzung des Ministeriums ist der sogenannte „tauhid“-Finger als Glaubensbekenntnis zu verstehen und insofern mit Blick auf die öffentliche Sicherheit als unproblematisch einzuordnen. „Dies gilt unabhängig von der Tatsache, dass islamistische Gruppen dieses Symbol vereinnahmen und für ihre Zwecke missbrauchen.“

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Insofern könne das Zeigen des „sogenannten ‚tauhid‘-Fingers in bestimmten Kontexten als Zeichen einer salafistischen bzw. islamistischen Radikalisierung angesehen werden, wenn Akteure sich bewusst dieser Mehrdeutigkeit bedienen.“ Hier komme es auf die Betrachtung im Einzelfall an. (aw/dpa)

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