Nackt oder nicht? Hier gibt’s FKK-Ärger an der Ostsee
Aufrufe zur Toleranz gibt es in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens – genauso an den Stränden, wenn es darum geht, wie viel nackte Haut gezeigt werden darf. Die eine feste Meinung dazu gibt es nicht.
Das Ende vieler Corona-Beschränkungen und die Hitze treiben die Menschen an die Ost- und Nordsee – schon beginnt an manchen Stränden die Diskussion: FKK ja, nein oder ein bisschen? In Rostock hat es das Thema sogar in die Bürgerschaft geschafft. In Warnemünde und Markgrafenheide auf der östlichen Seite der Warnow gibt es einige großzügige, gekennzeichnete FKK-Bereiche, wie Tourismuschef Matthias Fromm berichtet. Dort haben angezogene Badegäste nichts zu suchen – genauso umgekehrt: FKK ist FKK.
Diese Abgrenzung zu akzeptieren, fällt vielen Menschen vor allem mit DDR-Sozialisierung schwer, denn das Nacktsein am Strand gehörte im Osten zur Normalität. Ob es gelingt, in Rostock größere Mischbereiche zu etablieren, steht noch in den Sternen. Fromm geht aber davon aus, dass so das Konfliktpotenzial abgeschwächt und die Zahl der Beschwerden verringert werden kann. Das würde auch den Strandvogt von der Pflicht entbinden, Leute zum An- oder Ausziehen aufzufordern.
„Es ist schon gut, wenn es getrennt ist“, sagt dagegen Michaela Toepper, Vizepräsidentin des Deutschen Verbands für Freikörperkultur. Sie verweist auf Gaffer, die an gemischten Stränden zu finden sind. Andererseits rät sie zu Toleranz. „Vor allem im Osten springen die Menschen einfach nackt ins Wasser.“ Nach der Wende sei es vielfach versäumt worden, in Strandordnungen den Umgang mit dem Nacktbaden zu regeln. „So wurden viele Strände natürlich zu Textilstränden.“
Die Freikörperkultur in Schleswig-Holstein
Die Freikörperkultur ist an Schleswig-Holsteins Stränden eher ein Nischenphänomen, sagt Philipp Queiser von der Tourismus-Agentur des Landes. Aber entlang der Küsten sei es überall möglich, hüllenlos ins Wasser zu springen. In vielen Küstenorten gebe es eigens ausgewiesene FKK-Strände, andernorts schwimmen und sonnen sich Nackte und Angezogene friedlich nebeneinander.
Auf Sylt hat das Nacktbaden eine lange Tradition: 1919 gründete Knud Ahlborn das Freideutsche Jugendlager Klappholttal. 1927 erhielt es eine Ausnahmegenehmigung zum Nacktbaden und war damit Sylts erster legaler FKK-Strand. Heute gibt es in jedem Inselort entlang der Westküste mindestens einen textilfreien Strandabschnitt, wobei die einstmals festen Grenzen mehr und mehr verschwimmen.
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Auch auf Deutschlands einziger Hochseeinsel und der vorgelagerten Düne gibt es FKK-Bereiche: Laut Betriebsleiter Düne Helgoland, Michael Janßen, hat die Zahl der FFK-ler in den vergangenen Jahren abgenommen. Früher war der Bereich am Nordstrand streng vom Textilbereich getrennt. „Da durfte dann auch keiner mit Badeklamotten rein. Irgendwann vermischte sich das Ganze zusehends.“
FKK-Strände an der niedersächsischen Nordseeküste
An der niedersächsischen Nordseeküste finden sich wenige FKK-Strände – wer hüllenlos in die Wellen springen möchte, findet aber auch hier Gelegenheit. Im friesischen Wangerland am Strand von Hooksiel etwa sind FKK-Badegäste seit vielen Jahren willkommen. Dort gibt es auch eine Strandkorb-Vermietung und eine Strandsauna.
Auch auf einigen Ostfriesischen Inseln finden sich FKK-Badebereiche, etwa im Norden von Borkum. „Der ist ziemlich beliebt, weil der Strand an dieser Stelle auch so breit ist“, sagt Dennis Möller von der Nordseeheilbad Borkum GmbH. Ähnlich ist es auf Norderney: „Da fühlt es sich an wie auf einem anderen Planeten“, erklärt Sprecher Wolfgang Lübben. Der FKK-Strand im Inselosten sei naturnaher und weitläufiger als etwa der citynahe Weststrand. Zwar sei FKK auf Norderney nicht so populär wie etwa in Mecklenburg-Vorpommern – doch viele Naturliebhaber ziehe es an den „Oase“ genannten Strand.
„Nacktbaden hat Tradition im Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern“, sagt Katrin Hackbarth vom Landestourismusverband MV. „Über die Strandausweisung entscheidet jede Kommune selbst.“ Grundsätzlich sei es wünschenswert, wenn die Bedürfnisse aller Gäste, angefangen bei Familien über Hundebesitzer bis hin zu Nacktbadern, abgedeckt würden und die Nutzung durch gegenseitige Rücksichtnahme gekennzeichnet sei. „Bei der 2000 Kilometer langen Küstenlinie und den 2000 Seen sollte das auch möglich sein.“
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Auf Usedom gebe es 42 Kilometer durchgehenden Sandstrand, sagt Michael Steuer von der Usedom Tourismus GmbH. „Da ist genügend Platz für FKK-Liebhaber.“ Es sei aber erwünscht, dass die FKK-ler auch an den ausgewiesenen Ständen gehen. Über Beschwerden kann er nicht berichten. Mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall will Steuer auch nicht mehr über die Frage diskutieren, ob eher Ostdeutsche FKK betreiben oder nicht. „Die gibt es überall.“ (dpa)