Internationale Zeitungen (Symbolbild).
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„Politischer Zusammenbruch“ – „Düstere Zeiten“: Pressestimmen zu den Wahlen im Osten

Eine rechtsextreme Partei als stärkste Kraft in Thüringen und als zweitstärkste in Sachsen: Die Wahlerfolge der AfD am Sonntag schlagen in der internationalen Presse hohe Wellen.

„Es hat sich gezeigt, dass 34 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung eine Mehrheit der Menschen in zwei Regionen des ehemals kommunistischen Ostens des Landes enttäuscht sind von den etablierten Parteien der Mitte und frustriert sind von der Art und Weise, wie Deutschland regiert wird“, schreibt die Londoner „Financial Times“.

Düster fällt die Analyse des britischen „Guardian“ aus: „Nach dem Fall der Berliner Mauer im November 1989 prophezeite der ehemalige westdeutsche Bundeskanzler Willy Brandt, mit der Wiedervereinigung werde endlich ,zusammenwachsen, was zusammengehört‘. 35 Jahre danach wirkt diese Vorstellung von einer natürlichen Heilung allzu optimistisch“, schreibt die Tageszeitung. „Die historischen Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen vermitteln viel mehr das Bild eines Deutschlands, dessen östliche und westliche Regionen immer weiter auseinanderdriften. Solange es den übrigen Parteien gelingt, den Cordon sanitaire um die Rechtsextremen aufrechtzuerhalten und sie daran zu hindern, eine absolute Mehrheit zu erlangen, werden ihre Machtambitionen wohl nur Wunschträume bleiben. Dennoch wirft die Etablierung der AfD als dominante regionale Kraft ernste und beunruhigende Fragen über die politische Identität Deutschlands und darüber auf, wie der Aufstieg solcher Kräfte in Zukunft eingedämmt werden kann.“

Wiener „Standard“: Berliner Dreier-Koalition „fertig miteinander“

Die Wiener Zeitung „Der Standard“ bescheinigt der Berliner Dreier-Koalition, sie sei „fertig miteinander, zusammen hält das unattraktive Dreierbündnis nur noch die Angst vor den Wählerinnen und Wählern.“

Der Anschlag von Solingen lege „nicht nur tatsächliche Versäumnisse offen, sondern auch Emotionen, die weder Ex-Kanzlerin Angela Merkel noch ihr Nachfolger Olaf Scholz begriffen haben: Die Menschen haben Angst. Gegen die Furcht kommen die Zahlen, Fakten und Beteuerungen des Kanzlers immer weniger an. (…) Deutschland erlebt gerade düstere Zeiten.

„NZZ“: „Ansehen des Kabinetts von Kanzler Scholz im freien Fall“

Zur Wahlniederlage der Ampel-Parteien in Thüringen meint die „Neue Zürcher Zeitung“: „Das Debakel zeigt, wie sehr sich das Ansehen des Kabinetts von Kanzler Olaf Scholz im freien Fall befindet. Der Triumph der AfD belegt, dass viele Wähler sich weder von den Berichten des Inlandsgeheimdienstes noch von den Warnungen der politischen Konkurrenz oder von besorgten Leitartiklern beeindrucken lassen.“ Die Kritik der Zeitung an der Ampelregierung: „Eine Politik, die die Mitte der Bevölkerung aus den Augen verliert, darf sich nicht wundern, wenn die Ränder erstarken.“

Der Schweizer „Tages-Anzeiger“ hat zwei Hauptthemen ausgemacht, die seiner Meinung nach für den Wahlausgang in Thüringen und Sachsen entscheidend waren: „Breite Mehrheiten in Ostdeutschland wollen die irreguläre Einwanderung nicht bremsen, sondern stoppen – und die Lieferung von Waffen an die Ukraine ebenfalls. Beide Themen erklären den Triumph der rechtsextremistischen AfD und der neuen populistischen Querfront-Gruppe von Sahra Wagenknecht. Zusammen sammeln sie in Thüringen fast die Hälfte aller Stimmen ein.“

„El Mundo“: AfD-Erfolge „Szenario des politischen Zusammenbruchs“

Die spanische „El Mundo“ betrachtet die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen als „Szenario des realen politischen Zusammenbruchs in dem Land, das traditionell an der Spitze der europäischen Wirtschaft steht. Die Zunahme extremistischer und einwanderungsfeindlicher Diskurse, die bereits bei den Europawahlen zu beobachten war, stellt eine ernsthafte Bedrohung für das europäische Projekt dar und macht es notwendig, die Debatte vernünftig und intelligent zu führen.“

Die italienische Tageszeitung „La Stampa“ sieht vor allem die SPD und den Kanzler unter Druck: „Wenn zu Thüringen und Sachsen am 22. September auch noch Brandenburg hinzukommt, ein traditionell sozialdemokratisches Bundesland, wird es für Olaf Scholz schwierig, die therapeutische Verbissenheit fortzusetzen, um im Kanzleramt zu überleben.“

Das Blatt macht sich Sorgen um die EU: „Wie sollen angesichts eines Frankreichs, das noch immer nach einer Regierung sucht, und eines Deutschlands mit zerrütteten Mehrheitsverhältnissen die Vereinbarungen gestaltet werden, die in der Vergangenheit die größten Fortschritte in der europäischen Politik gebracht haben?“ Wladimir Putin sehe „seine fünfte Kolonne im Osten Deutschlands gestärkt“.

„La Repubblica“: „Der Keim des Putinismus wächst“

Die italienische „La Repubblica“ sieht Europa „auf dem schmalen Grat eines möglichen Kriegs und eines Infarkts der Demokratie“ – und Russlands Einflussnahme als Ursache: „Der Keim des Putinismus wächst sogar in strukturierten Ländern mit einer soliden demokratischen Tradition. Was in den beiden deutschen Regionen geschehen ist, ist der jüngste Beweis.“ Russlands Präsident habe einen „außergewöhnlichen und beunruhigenden politischen Sieg errungen“.

Die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ betrachtet die Wahlerfolge von AfD und BSW als Zäsur für ganz Deutschland: „Aus dem Wirbelsturm der beiden Landtagswahlen geht ein anderes Land hervor, ein anderes Deutschland. In Erfurt und Dresden vertraut eine Mehrheit der Bevölkerung ihre Enttäuschungen und Frustrationen zwei populistischen Parteien an.“ Eine Mehrheit in den beiden Bundesländern fühle sich als „Deutsche zweiter Klasse oder, schlimmer noch, als Ausländer in ihrer Heimat.“

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Das amerikanische „Wall Street Journal“ übt scharfe Kritik an der Ampelregierung: „Die Wähler haben die Nase voll von Olaf Scholz und einer Koalition, die Migration nicht steuern kann und sich trotz des greifbaren und wachsenden wirtschaftlichen Schadens an Klimazielen festklammert.“ Man dürfe es den Wählern nicht vorwerfen, „keine Geduld mehr mit ihren dysfunktionalen Regierungsparteien zu haben.“ (dpa/mp)

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