Jonas Boldt und Mario Vuskovic beim Prozess in Frankfurt
  • Jonas Boldt hatte Mario Vuskovic in seiner Funktion als HSV-Vorstand immer unterstützt.
  • Foto: picture alliance/dpa/Frank Rumpenhorst

„Der HSV muss überlegen“: So sieht Ex-Boss Boldt das Vuskovic-Urteil

Eine Woche bevor Jonas Boldt beim HSV entlassen wurde, hatte er am 14. und 15. Mai zwei wichtige Termine. An diesen beiden Tagen stand im Doping-Fall um Mario Vuskovic der Prozess vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS an – und der Ex-Vorstand stand dem Kroaten in Lausanne bei. Das tat Boldt in seiner Funktion als HSV-Boss immer, denn er ist von Vuskovic’ Unschuld überzeugt. Die Richter sahen dies allerdings anders und sperrten den 22-Jährigen in der Vorwoche für Jahre. Jetzt hat Boldt öffentlich aufs Urteil reagiert.

„Ich habe die Überzeugung, dass Mario Vuskovic unschuldig ist“, sagte der Manager im „Flatterball“-Podcast der Ex-Profis Max Kruse und Martin Harnik. Und weil er an die Unschuld von Vuskovic glaubt, hatte Boldt kürzlich auch die Vermutung geäußert, dass der Verteidiger von der höchsten Sportgerichtsbarkeit freigesprochen wird. Es kam bekanntlich jedoch anders – zum Unverständnis der HSV-Profis, der neuen Verantwortlichen und auch von Boldt.

Ex-HSV-Vorstand Boldt kritisiert EPO-Doping-Verfahren

Der Ex-Boss machte im Gespräch mit Kruse und Harnik noch einmal deutlich, wie fragwürdig es sei, dass die Anti-Doping-Agenturen WADA und NADA zum Nachweisen von EPO-Doping nicht auf die Massenspektrometrie, sondern auf das SAR-PAGE-Verfahren setzen, bei dem anhand von Bildern entschieden wird, ob ein positives oder negatives Ergebnis vorliegt. „Die Herangehensweise, wie man das feststellt, ist mit die unsauberste Variante“, sagt Boldt.

Der 42-Jährige hat sich seit dem positiven Doping-Test von Vuskovic im November 2022 intensiv mit der Thematik befasst und weiß über das angewandte Verfahren: „Man nimmt Urin, das auf eine Bande gelegt wird und mit einem Mittel bearbeitet wird. Dann gibt es zwei Bilder, es ist wie beim Röntgen, man hat grau und grau. Dann vergleicht das menschliche Auge, ob das positiv ist oder nicht. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass du so ein Urteil anhand einer Bewertung eines menschlichen Auges triffst.“ Boldt verweist darauf, dass es ein „hochkomplexes Thema ist“.

Mehrere Wissenschaftler kamen auf Boldt und den HSV zu

Vuskovic zu verteidigen, stand für den ehemaligen HSV-Vorstand nie infrage. „Das tue ich immer noch und kämpfe dafür“, sagt Boldt. „Es ist nicht so: Ach, der ist jetzt beim HSV, der hat Vertrag und kann jetzt machen, was er will. Natürlich haben wir uns sehr intensiv damit auseinandergesetzt, was passiert ist und was hätte passieren können.“ Boldt weiß, dass EPO „die schlimmste Doping-Variante“ sei, die nicht ohne Weiteres möglich sei. „Deshalb liegt darauf mit vier Jahren auch die längste Sperre.“ Genau deshalb beäugt er aber das Nachweisverfahren kritisch.

Boldt erzählt im Podcast, dass mehrere Wissenschaftler, „die darüber lehren“, unisono beim HSV vorstellig geworden seien und mit Blick auf Vuskovic’ A-Probe gesagt hätten: „Das ist falsch interpretiert.“ Auf Basis dieser Annahme beschäftigte sich Boldt ausführlich mit der Thematik und lernte über EPO-Doping: „Du musst es dir spritzen. Man kann nicht zufällig irgendetwas reinbeißen, sondern es ist Blut, das bewusst bearbeitet wird. Bei allen anderen überführten Doping-Sündern ist es so gewesen, dass man im Hintergrund Mittäter festgestellt hat.“

Boldt betont: Er war von Vuskovic’ Unschuld überzeugt

Das allerdings war bei Vuskovic nicht der Fall, weshalb Boldt sagt: „Das ist der Grund, aus dem wir von der Unschuld überzeugt sind. Weil es außer der Bewertung der Bilder – bewusst provokant: ein menschliches Auge bewertet grau und grau – kein einziges Indiz dafür gibt, dass dieser Spieler gedopt hat.“ Boldt erinnert auch an das Ergebnis von Lügendetektor-Tests und daran, dass von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmte Gegenstände von Vuskovic keine belastbaren Doping-Hinweise ergäben hätten. „Da kann sich jeder gerne einlesen und einarbeiten.“

Pünktlich zum Wochenende erhalten Sie von uns alle aktuellen News der Woche rund um den HSV kurz zusammengefasst – direkt per Mail in Ihr Postfach.

Mit meiner Anmeldung stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Boldt versichert, dies getan zu haben und nicht allein aus Sympathie-Gründen von Vuskovic’ Unschuld überzeugt zu sein. „So fahrlässig darfst du gar nicht sein.“ Das Fazit des Ex-HSV-Bosses ist dieses: „Egal, wer sich damit auseinandergesetzt hat (…): Alle sind sich unsicher – und man fällt so ein Urteil.“ Vuskovic hätte alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um seine Unschuld zu beweisen. Die aber überzeugten die CAS-Richter schließlich nicht. Boldts Statement schließt so: „Wenn du überzeugt bist, dass du unschuldig bist: Wie willst du dann beweisen, dass du nichts getan hast? Dieses Thema ist hochkomplex – und ich habe mir nicht gewünscht, dass ich da reingerate.“

Das könnte Sie auch interessieren: Kämpft er weiter? So lief der Besuch der HSV-Profis bei Vuskovic

Er ist es aber – bis seine Arbeit im Volkspark endete. Jetzt müssen die Bosse um den neuen Sportvorstand Stefan Kuntz entscheiden, wie sie nach dem Urteil mit Vuskovic umgehen. „Der HSV muss überlegen, ob man den Vertrag (mit Vuskovic, d. Red.) kündigt“, sagt Boldt. „Weil man rein rechtlich ein verurteilter Dopingsünder ist. Da bin ich nicht involviert. Was ich aber weiß, ist, dass der HSV dahintersteht.“ Also hinter Vuskovic. Wie schon unter Boldt.

Email
Share on facebook
Share on twitter
Share on whatsapp