„Die Wettmafia wollte zuschlagen“: Konkreter Manipulations-Versuch bei Oberliga-Spiel
Es ist gerade mal drei Tage her, dass die MOPO-Recherchen zu 17 mutmaßlich manipulierten deutschen Fußballspielen von der 3. Liga bis zur Oberliga öffentlich wurden. Womöglich gab es keine 48 Stunden zuvor ebenfalls einen konkreten Manipulationsversuch – und zwar in der Oberliga Baden-Württemberg. Der FSV 08 Bissingen hat entsprechende Hinweise bekommen, bestätigte der Verein gegenüber der MOPO.
„Bei uns wollte die internationale Wettmafia zuschlagen“, teilte der Verein aus dem baden-württembergischen Bietigheim-Bissingen (20 Kilometer nördlich von Stuttgart) kurz nach der MOPO-Veröffentlichung am Freitagnachmittag mit. Die MOPO nahm daraufhin Kontakt zu dem Fünftligisten auf – und dieser bestätigte, dass man konkrete Hinweise auf einen Manipulationsversuch bekommen hatte.
Wettskandal: Bissingen meldet Manipulations-Verdacht
Für das Heimspiel des FSV 08 Bissingen gegen den SV Oberachern in der Oberliga Baden-Württemberg (2:1) am vergangenen Mittwochabend, also zwei Tage vor der MOPO-Veröffentlichung, seien bei dem Verein entsprechende Hinweise auf eine mögliche Manipulation eingegangen, berichtete Vorstand Manfred Bleile der MOPO. Demnach habe man kurz vor Spielbeginn einen Tipp bekommen und sei in Alarmbereitschaft gewesen.
Tatsächlich hielt sich später dann auch ein Datenscout, der Live-Daten der Partie in Echtzeit an einen ausländischen Anbieter übermittelte, auf dem Sportgelände am Bruchwald auf – ähnlich wie auch am Wochenende bei Altona 93. Der Mann, schätzungsweise Ende 50, sei unerlaubt im Stadion gewesen. „Wir haben ihm keine Akkreditierung ausgestellt und er hatte diverse weitere Akkreditierungen für andere Oberliga-Vereine dabei“, erzählte Bleile der MOPO. Die Presse-Akkreditierungen habe er mutmaßlich online gefälscht oder fälschen lassen.
Der Mann, der durch sein Headset und sein Smartphone schnell enttarnt gewesen sei, wurde daraufhin vom Sicherheitsdienst aus dem Stadion entfernt. „Danach war auch keine Online-Wette mehr möglich“, sagte Bleile. „Man muss ehrlich sagen: Schon in der Vergangenheit sind uns immer mal Zuschauer mit Headset aufgefallen, aber wir haben dem bis jetzt keine größere Bedeutung zugeschrieben.“
Oberliga: FSV Bissingen will gegen Wettbetrüger vorgehen
Das habe sich durch die nun aufgekommene Berichterstattung massiv geändert. „Uns ist jetzt ganz klar, dass das kriminelle Handlungen sind“, erklärte Bleile. „Und das wollen wir unterbinden.“ Der Verein kündigte an, künftig jedem Datenscout, der im Stadion gesichtet wird, lebenslanges Stadionverbot zu erteilen und ihn der Polizei zu übergeben. Sportwetten auf Amateurspiele unterhalb der 3. Liga sind in Deutschland seit 2021 laut Glücksspielstaatsvertrag gesetzlich verboten, weil sie „in erheblichem Maße anfällig für Manipulationen“ sind und somit „die Integrität des sportlichen Wettbewerbs gefährden“ könnten.
In Bissingen ist man überzeugt davon, dass das Spiel im Visier der Wettbetrüger gewesen sein könnte. Nachweisen konnte man eine Manipulation allerdings nicht. Ob die Paarung zu den 17 Verdachtsfällen zählt, von denen die MOPO berichtet hatte, ist nicht bekannt. Klar ist nur: Auch ein Großteil dieser Begegnungen fanden nicht am Wochenende statt und begannen erst spätabends. Die betroffene Partie wurde um 19 Uhr angepfiffen, Außenseiter Bissingen gewann durch einen Treffer wenige Minuten vor Spielschluss mit 2:1.
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Die MOPO hatte an diesem Freitag öffentlich gemacht, dass nach unseren Informationen 17 deutsche Fußballspiele seit November 2022 unter Manipulationsverdacht stehen. Chatverläufe aus einem die Anonymität wahrenden Messer-Dienst belegen entsprechende Indizien, dass die Spiele verschoben und deren Spielergebnisse vorab über das Darknet verkauft worden sein sollen. Damit könnten möglicherweise hohe Gewinne bei Sportwetten erzielt worden sein. Der DFB ist bereits seit einiger Zeit alarmiert, inzwischen ermitteln auch Polizeibehörden in mehreren Bundesländern.