Schüler
  • Die Initiative „G9 Hamburg” fordert die Umstellung der Gymnasien von acht auf neun Schuljahre (Symbolbild).
  • Foto: dpa

Zurück zu G9? Lasst die Finger davon!

Abschlussfeier 2010 in Hamburg: Als eine von rund 13.000 Abiturienten des sogenannten „Doppeljahrgangs“ verließ ich die Schule. Das Abitur an den Gymnasien wurde damals gerade von neun auf acht Jahre umgestellt, um die Schüler früher auf den Arbeitsmarkt zu bringen. Viele Schüler fühlten sich eines Lernjahres beraubt – trotzdem würde ich G9 heute nicht zurückholen wollen.

Schleswig-Holstein tut es, Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen auch – die Rückkehr zu neun Jahren Abitur am Gymnasium. In Hamburg sammelt derzeit eine Initiative Unterschriften, um dasselbe zu erreichen.

Als 2002/2003 das Abitur in acht Jahren in Hamburg eingeführt wurde, lief die Umstellung eher suboptimal. In der Oberstufe wurden wir plötzlich mit fremden älteren Schülern in Kursen zusammengewürfelt. Die langen Unterrichtstage bis in den Nachmittag und die Fülle an Stoff zehrten an uns.

Umstellung auf G8: Chaos mit Ansage

Weil für das Abitur formal eine bestimmte Stundenanzahl erreicht werden musste, gab es jede Woche am späten Nachmittag „Zusatzunterricht“. In Englisch haben wir meistens Songtexte übersetzt. Weder Schüler noch Lehrer hatten um diese Zeit noch Energie für straffen Unterricht. Das Resultat: „Sound of Silence“ und „Bobby McGee“ kann ich heute noch fast auswendig. Nett, aber nicht lebenswichtig.

Das Sozialleben und die berufliche Orientierung liefen eher nebenher. Für Auslandserfahrungen hatte von den G8ern auch kaum jemand Zeit. Wer es sich leisten konnte, legte nach der Schule erstmal eine Pause ein.

Ob wirklich mehr Abiturienten schneller in den Arbeitsmarkt gestartet sind, ist bis heute kaum untersucht worden. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hat 2015 ermittelt, dass der Anteil der Sitzenbleiber unter den G8ern höher ausfiel als bei G9ern. Sie legten außerdem öfter eine Pause ein nach dem Abitur und wechselten im Studium häufiger ihr Fach.

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Obwohl vieles gegen G8 spricht, wäre eine Rückkehr zu G9 an Gymnasien aktuell der falsche Weg. Allein die Umstellung des Schulsystems würde eine Generation von Schülern zusätzlich belasten und erneut für organisatorisches Chaos sorgen. Wo sollen allein all die Lehrer und Räume plötzlich herkommen? Wer für das Abitur mehr Zeit haben möchte, hat in Hamburg immerhin die Wahl und kann innerhalb von neun Jahren das Abitur an einer Stadtteilschule ablegen.

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