Eduard Greif
  • Von links: Heinrich Braune, Helmut Eggert Verlger Eduard Greif und Verlagsleiter Freddy Burghardt
  • Foto: MOPO-Archiv

Wie zwei Brüder als MOPO-Retter antreten – und die „Nuttenkasse“ erfinden

Dass ihr das Aus drohte – das kam in der Geschichte der MOPO häufiger vor. Aber selten war es so konkret wie 1980. Die Einstellung der Zeitung war bereits beschlossene Sache, als zwei Brüder aus der Schweiz der SPD auf den letzten Drücker den defizitären Laden abkaufen. Das war die gute Nachricht. Die schlechte: Die vermeintlichen Retter wirtschaften noch unseriöser als die Genossen.

Die Gebrüder Greif aus Basel hatten dort Millionen verdient, mit dem Verkauf eines Anzeigenblattes. Geld, das sie nun in Deutschland anlegen wollten – ausgerechnet bei der MOPO, die zu diesem Zeitpunkt komplett heruntergewirtschaftet ist.

70 Millionen Mark Miese fährt die SPD in den 1970er Jahren ein. Das Pressehaus am Speersort hat die Partei bereits verscherbelt. Belegschaft und Verlagsräume sind gekündigt. Am 29. Februar 1980 soll die letzte MOPO erscheinen. Zehn Tage vorher schlagen die Gebrüder Greif zu. „Hätten sie das nicht getan, wäre sie unwiderruflich eingestellt worden“, sagt Holger Artus heute, langjähriger Betriebsrat bei der MOPO.

Wilde Zeiten bei der MOPO: Kronleuchter, Designer-Möbel und Champagner mit dem Bürgermeister

Doch dann wird’s wild. Redaktion und Verlag ziehen plötzlich ins feine Kaufmannshaus an der Bleichenbrücke. Eine teure Adresse, roter Teppich, Kronleuchter, livrierter Pförtner. Die Greifs ordern Designer-Möbel aus der Schweiz.

Wenn der Bürgermeister zu Besuch kommt, juchzt Eduard Greif: „Wir brauchen Champagner!“ Der Verlagschef fotografiert nach Feierabend in der Redaktion Diamanten für seine Frau – die handelt mit Edelsteinen. Und auch der Rest der Führungstruppe ist, nun ja, bunt. Springer-Vorstand Peter Tamm lästert im „Spiegel“: „Ich frage mich, wie die das machen.“

Die MOPO verdient Millionen mit der „Nuttenkasse“

Eine Antwort kommt aus dem Rotlicht-Milieu. Unter den Greifs wird die MOPO zum „größten Zuhälter der Stadt“, wie ein Stadtteil-Blatt damals anklagend formuliert. Unter der Kleinanzeigen-Rubrik „Treffpunkte“ bieten Prostituierte ihre Dienste an – ein Millionengeschäft. Und bezahlt wird meist in bar – das Geld der Frauen landet in der so genannten „Nuttenkasse“.


Buchbild
Morgen wird nicht gedruckt. Papier ist alle.

Ein besonderes Jubiläumsbuch – ganz ohne langweilige Danksagungen: Zum 75. Geburtstag der „Hamburger Morgenpost“ zieht Deutschlands älteste Boulevardzeitung blank und erlaubt ehrliche Einblicke in das Innenleben der Redaktion – ungeschönt, nicht immer hübsch, manchmal ganz schön heftig. Aber auch voller Liebe, Energie und Respekt für das, was Menschen hier in 75 Jahren geleistet haben.

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Aber am Ende nützt alles nix, die MOPO kommt unter den Greifs nicht in den grünen Bereich, selbst Mitarbeiter werden massiv unter Druck gesetzt, den Verlegern Geld zu leihen, damit die Papier und Druckkosten zahlen können. 1986 erlöst Gruner + Jahr die MOPO und kauft den Verlag für 5 Millionen Mark.

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