Raab-Comeback: Warum habe ich nicht gleich wieder abgeschaltet?!
Der sogenannte Boxkampf von Stefan Raab gegen die ehemalige zigfach Weltmeisterin Regina Halmich mag ein Riesenquoten-Erfolg für RTL gewesen sein – so nach der Devise: „Scheiße schmeckt, Millionen Fliegen können nicht irren“. In der Spitze sollen acht Millionen vor den Fernsehern zugeschaut haben. Aber es war doch nur eine miese und erbärmliche Show. Man fragt sich hinterher, warum die erfolgreiche und verdiente Sportlerin Halmich sich darauf eingelassen hat und auf ein so niedriges Niveau ziehen ließ.
Vor 17 Jahren hatte Halmich den großmäuligen Raab schon zum zweiten Mal verprügelt. Jetzt also das vermeintliche Jahrhundert-Comeback Raabs in der Düsseldorfer Arena – inszeniert als Auferstehung vielleicht etwas unterhalb von der von Jesus. Erst einmal stundenlange Lobhudeleien ernstzunehmender Fernseh- und Showgrößen wie Thomas Gottschalk, Campino, Anne Will oder Markus Lanz. Raab wurde hochstilisiert, als sei er das letzte lebende deutsche Unterhaltungs-Genie und tatsächlich ein großer Sportler, DER Champ.
Schaukampf mit Raab: „Regelrechte Demütigung“ für Regina Halmich
Nach Stunden der televisionären Anbetung endlich der Countdown. Aber dann noch immer kein Kampf. Regina Halmich, beste deutsche Boxerin aller Zeiten, kam zwar in den Ring. Hier jedoch musste sie eine gefühlte Ewigkeit warten, als sei sie die kleine Herausforderin. Eine regelrechte Demütigung. Wer nicht völlig Raab-besoffen war, musste sich fragen, warum sie nicht ging und stattdessen aus dem Ring die langweilige Endlos-Fortsetzung der Überhöhung des Stefan Raab über sich ergehen ließ. Es gab nochmal Countdown, dann schwebte ein Engelchen über die Masse in der Düsseldorfer Arena und zwitscherte irgendwas mit „Stefan Raab“. Dann endlich erschien der in gleißendem Scheinwerferlicht, nicht mehr so schwabbelig wie früher, aber immer noch sehr füllig. Ekstatischer Jubel.
Die vor dem Kampf ausgehandelten Regeln waren nur darauf ausgelegt, dass Raab irgendwie überleben konnte: Lediglich sechs Runden, die auch noch verkürzt und die Pausen besonders lang, damit der 57-jährige genug Zeit zum Regenerieren bekam. Schon ab Runde Eins taumelte er durch den Ring, schnaufte. Denn die Halmich zeigte auch 17 Jahre nach Karriere-Ende noch beachtliches Können. Das Einzige, was bei Raab in diesem schrecklich einseitigen Kampf imponierte, war seine Frechheit, ihn überhaupt angesetzt zu haben. Zwischendurch mutierte die Ringrichterin zur mitfühlenden Betreuerin, unterbrach, fragte Raab, ob er noch könne. Der nickte, und weiter ging die blödsinnige Kirmes-Schlägerei.
Publikum hat sich „hinter die Fichte führen“ lassen
Raab ging nicht zu Boden. Auch das mag man bestaunen. Das aber war es denn auch. Er feierte sich hinterher und ließ sich von den 14.000 in der Halle feiern wie ein Sieger. Da stand Regina Halmich längst wieder irgendwo abseits, die Siegerin wurde zur Randfigur degradiert. Und sie musste sich dann auch noch von Raab verspotten lassen. Als sie ins Mikrofon sagte, dieser dritte Kampf und Sieg gegen den Entertainer sei definitiv der letzte gewesen, griente der mit Häme, da habe wohl eine ausgesorgt.
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Und die Bilanz? Dieser ganze Riesen-Rummel nur, damit Stefan Raab nach dem Kampf vor großem Publikum sein Fernseh-Comeback bei RTL nach langer Bildschirm-Abstinenz verkünden konnte. Regina Halmich, diese bewundernswerte Sportlerin und bis heute beste deutsche Boxerin ließ sich von einem TV-Clown missbrauchen – man munkelt, für sehr viel Geld. Und wir Millionen, die wir zuschauten, ließen uns „hinter die Fichte führen“ … Ich jedenfalls frage mich, warum ich nicht ganz schnell wieder abgeschaltet habe.