Jackson Irvine und Philipp Treu klatschen ab.
  • Jackson Irvine (l.) und Philipp Treu sind St. Paulis laufstärkste Spieler – und die Kiezkicker die Kilometerfresser der Liga.
  • Foto: WITTERS

Vor Bayern und Leverkusen: Wo St. Pauli in der Bundesliga schon mittendrin ist

Die Tabelle lügt nicht, heißt es. Für Aussagekraft braucht es zweifellos eine repräsentative Anzahl von Spielen, aber im Falle des FC St. Pauli lässt sich auch nach erst drei Partien in der Bundesliga schon sagen, dass die Kiezkicker zu wenige Punkte – nämlich keinen – und auch nicht genügend Tore – nämlich eines – auf dem Konto haben. Damit ist niemand in den Reihen der Braun-Weißen zufrieden. Und so finden sich die Aufsteiger aktuell auf dem vorletzten Platz wieder. Aber es gibt auch Bereiche, in denen St. Pauli im Mittelfeld der Liga liegt, sogar vorne – und auch vor dem ein oder anderen Topklub. Einige Zahlen überraschen.

Auch wenn die Spieler nach der jüngsten 1:3-Niederlage in Augsburg sichtlich frustriert waren, Trainer Alexander Blessin deutliche Kritik übte und niemand im Verein den Start in die ersehnte Erstliga-Spielzeit als gelungen bezeichnen würde, ist nicht alles schlecht und längst nicht jede Statistik weist St. Pauli als Kellerkind der Liga aus. Wenig überraschend fängt das bei der Laufleistung und auch -Intensität an.

St. Pauli läuft am meisten in der Bundesliga

Mangelnden Einsatz und Fleiß kann man den „Boys in Brown“, die am kommenden Sonntag den klaren Favoriten RB Leipzig am Millerntor empfangen, nicht vorwerfen. Bei den zurückgelegten Kilometern ist St. Pauli (358,5 km) Spitzenreiter der Liga vor Bayern München (355,7) und Holstein Kiel (354), was zeigt, dass zwar gerade die Aufsteiger und Mannschaften, die um den Klassenerhalt kämpfen, über die harte Arbeit kommen, aber eben auch Topteams. Bayer Leverkusen riss in der abgelaufenen Meistersaison die viertmeisten Kilometer ab.

Bei den sogenannten intensiven Läufen rangieren die Hamburger (2211) auf Rang drei hinter dem VfL Wolfsburg (2249) und den Kielern (2218) und direkt vor Leverkusen und Bayern. Drittletzter in dieser Kategorie ist übrigens der letzte Gegner Augsburg, Letzter der kommende Gegner RB Leipzig.

Bei der Anzahl der Sprints (602) sind die Braun-Weißen dagegen nur 14., liegen damit aber noch vor Vize-Meister Stuttgart.

Zweikämpfe, Passquote, Flanken: St. Pauli im Mittelfeld

Gewonnene Zweikämpfe hat St. Pauli bisher 267 verbucht, was im Ligavergleich Platz zehn bedeutet. Die Nummer eins ist Leipzig (333). Und bei gewonnenen Kopfballduellen (60) haben die Hamburger den siebtbesten Wert aller 18 Klubs.

Auch mit dem Ball am Fuß ist nicht alles schlecht, wenngleich es bislang in zu vielen Phasen an Mut, Durchsetzungsvermögen und Präzision mangelt. In der einen oder anderen Szene fehlten allerdings auch nur Zentimeter – und auch mal das nötige Spielglück. Es wäre interessant gewesen zu sehen, wie die Spiele verlaufen wären, wenn St. Pauli in Führung gegangen wäre und der Gegner hätte kommen müssen. Konjunktiv.

Mit einer Passquote von 82 Prozent liegt das Blessin-Team auf Rang elf und damit im Mittelfeld der Liga. Flanken aus dem Spiel heraus haben die St. Paulianer 27 geschlagen und liegen damit als Neunter der Liga direkt hinter dem VfB und vor den Bayern.

Mehr Ballbesitz als der Meister – wegen der Gegner

In Sachen Ballbesitz rangiert St. Pauli auf den ersten Blick überraschend mit 56 Prozent auf Platz vier – hinter Bayern München (64), dem VfB Stuttgart (60) und Borussia Dortmund (58), was aber in erster Linie daran liegt, dass die bisherigen drei Gegner Heidenheim, Union Berlin und Augsburg gerne dem Gegner den Ball überlassen und auf Umschaltmomente lauern. Das Trio zählte in der vergangenen Saison nach 34 Spieltagen zu den vier Mannschaften mit dem geringsten Ballbesitz.

Momentaufnahmen. Drei Spieltage sind nicht wirklich repräsentativ und können nur Trends zeigen. Und dann sind da ja noch die Kategorien, die St. Pauli bislang besonders wehgetan haben: Torschüsse, Tore und auch das Verhältnis – nämlich die mangelhafte Verwertung der wenigen Chancen. Bereits mehrfach thematisiert. Das macht vieles der mühevollen Fleißarbeit zunichte. Das gilt auch für Unachtsamkeiten oder mangelnde Konsequenz im Defensivverhalten wie etwa bei Standardsituationen.

Torschüsse und Chancenverwertung das größte Problem

Mit 31 Torschüssen ist St. Pauli Vorletzter vor Werder Bremen (30). Vor dem Augsburg-Spiel hatte Blessin noch einmal betont, dass sowohl Anzahl der Chancen als auch die Qualität der Abschlüsse gesteigert werden müsse. Nicht viel mehr Torschüsse als St. Pauli haben übrigens die Heidenheimer zu verzeichnen (34), sind aber enorm effizient (die Kiezkicker haben es am eigenen Leib erfahren), denn sie haben bereits achtmal getroffen, zweimal vom Elfmeterpunkt. Tabellenplatz vier.

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Dennoch: viele der braun-weißen Statistiken wirken im Vergleich zum Tabellenstand durchaus positiv. Und auch wenn die Zusammenhänge komplex sind und nicht jeder vermeintlich gute statische Wert auch automatisch Gutes besagt (zu den intensiven Läufen zählen auch Läufe nach einem unnötigen Ballverlust über den halben Platz): Mutmacher können die Kiezkicker derzeit gut gebrauchen.

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