Israel-Premier Benjamin Netanjahu braucht für einen größeren Schlag gegen die Hisbollah die Rückendeckung der USA.
  • Israel-Premier Benjamin Netanjahu braucht für einen größeren Schlag gegen die Hisbollah die Rückendeckung der USA.
  • Foto: picture alliance/dpa/Pool AP | Ohad Zwigenberg

Nahost nach Pager-Attacken: Droht diesmal der große Knall?

Kommt es im Nahen Osten nach den Pager-Anschlägen auf Mitglieder der Terror-Miliz Hisbollah zum großen Krieg? Die Furcht davor ist groß. Die entscheidende Rolle spielen Israel-Premier Benjamin Netanjahu und das Mullah-Regime in Teheran.

Fast ein Jahr nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel geht der Nahost-Konflikt in eine neue Phase. Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant selbst spricht davon. Nachdem die Armee die Hamas im Gaza-Streifen nach eigenen Angaben weitgehend zerschlagen hat, soll sich der Schwerpunkt „offensiv wie defensiv“ in den Norden des Landes verlagern – hin zur libanesischen Grenze wo sich Israel bereits seit Jahren Scharmützel mit der Hisbollah liefert. Diese bestreitet ebenso wie ihr Schutzpatron Iran das Existenzrecht Israels.

Israels neues Kriegsziel: Sicherheit im Norden des Landes

Seit dem 7. Oktober des vorigen Jahres haben mehrere 10.000 Israelis den Norden des Landes aus Sicherheitsgründen (Raketenbeschuss) verlassen müssen. Israels Regierung hat es nun zum Kriegsziel erklärt, dass seine Bürger sicher in die Region zurück kehren können. Das ist aber ohne einen Sieg gegen die Hisbollah zum jetzigen Zeitpunkt kaum vorstellbar.

Dienten die Pager- und Walkie-Talkie-Angriffe auf die Hisbollah also der Vorbereitung einer Bodenoffensive durch Israels Armee, um im Libanon eine Pufferzone zu errichten? Diesen Eindruck gewinnen immer mehr Beobachter. Allerdings könnte das Zünden der Pager zum jetzigen Zeitpunkt auch einen anderen Grund gehabt haben. Laut verschiedenen Medien-Berichte seien mehrere Hisbollah-Mitglieder wegen der Pager immer misstrauischer geworden. Zündete Israel die Kommunikationsgeräte also, bevor man der mutmaßlichen Geheimdienst-Operation auf die Schliche gekommen wäre?

Netanjahu hofft auf Eskalations-Schritt der Hisbollah

Für Natanjahu wäre eine Fortführung des Konfliks in Nahost politisch jedenfalls nützlich. Bräche plötzlich der Frieden aus, müsste er sich rasch für das Versagen seiner Regierung im Vorfeld des 7. Oktobers verantworten. Aus Netanjahus Sicht wäre es wünschenswert, wenn die Hisbollah den Konflikt nun von sich aus eskaliert. Nur das würde die volle Rückendeckung der USA und anderer Verbündeter für eine größere Operation im Libanon sichern.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat für Donnerstagnachmittag eine große Rede angekündigt. Darin wird er – wie so oft – Rache für die Angriffe schwören. Allerdings ist es fraglich, ob die Miliz selbst momentan überhaupt handlungsfähig ist. Zwar verfügt die „Partei Gottes“ noch immer ein großes Arsenal an Raketen, die auf Israel gerichtet ist. Gleichzeitig sind ihre Kommunikationsmöglichkeiten für den Moment weitgehend zerstört und weite Teile des Führungspersonals sind bei den jüngsten Anschlägen verletzt oder sogar getötet worden.

Der Iran hat bisher kein Interesse an einem großen Krieg

Ohne die Schutzmacht Iran wird die Hisbollah trotz aller verbalen Kraftmeierei kaum zu einem größeren Schlag ausholen. Bisher haben sowohl die Hisbollah als auch Israel genau darauf geachtet, eine bestimmte Schwelle nicht bewusst zu überschreiten. So verzichtete die Hisbollah beispielsweise auf den intensiveren Beschuss größerer Städte wie Tel Aviv oder Jerusalem, was automatisch eine harte Reaktion Israels nach sich gezogen hätte. Auch der Iran verhält sich – jenseits der Ebene der Worte – bisher eher zurückhaltend. In Teheran hat man erst einmal kein Interesse, in einen Konflikt mit den militärisch überlegenen Israel und womöglich den USA hereingezogen zu werden. Zumal Irans wichtigster Verbündeter Russland momentan militärisch in der Ukraine gebunden ist.

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Und so besteht zumindest die Hoffnung, dass die Diplomatie weiterhin ihre Chance bekommt. US-Außenminister Anthony Blinken hat jedenfalls angekündigt, sein Land wolle trotz der jüngsten Entwicklungen weiter „den Weg der Diplomatie“ gehen. Bleibt eben nur die Frage, wer bereit ist, diesen Weg ebenfalls weiter zu beschreiten.

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