Prozess um tödlichen Messerstich
  • Paolo B. (links) beim Prozessauftakt Anfang Juli neben seinem Verteidiger. (Archivfoto)
  • Foto: picture alliance/dpa | Bernhard Sprengel

17-Jährigen erstochen: Mann (25) verurteilt – „Opfer hatte nicht Hauch einer Chance“

Die Tat sorgte Anfang des Jahres für Fassungslosigkeit: Mitten in Billstedt wurde Ende Januar auf den 17-jährigen Mustafa S. eingestochen. Der junge Mann wurde dabei so schwer verletzt, dass er wenig später im Krankenhaus an den Folgen seiner schweren Verletzungen starb. Seit Anfang Juli musste sich der 25-jährige Paolo B. vor dem Landgericht Hamburg für die Tat verantworten. Jetzt wurde ein Urteil gesprochen.

Zehn Jahre Freiheitsstrafe wegen Totschlags: So lautet das Urteil gegen Paolo B., das am Freitagnachmittag vor dem Landgericht Hamburg gesprochen wurde. „Die Gefährlichkeit des Handels indiziert den Tötungsvorsatz“, sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung. „Wer einem anderen Menschen aus vollem Lauf heraus ein Messer in den Bauch rammt, nimmt dessen Tod in Kauf.“ Das Opfer habe nicht „den Hauch einer Chance“ gehabt, den tödlichen Messerstich abzuwehren.

Ausführlich begründete der Richter am Freitagnachmittag das Urteil, sprach dabei über den Streit vor den tödlichen Messerstichen und die Tat. Diese sei von einer Kamera festgehalten worden – „ein schockierendes Video, darauf zu sehen, wie ein Mensch erstochen wird. Kein Film, sondern die Realität.“ Der Richter ging auch auf Paolo B.s Verhalten nach der Tat ein: Der 25-Jährige habe demnach weiter auf sein Opfer eingestochen, als dieses schwer verletzt flüchtete. Dieses „Nachtatverhalten“ wiege schwer.

„Kurze Zündschnur und das weiß er auch“

In der Urteilsbegründung ging es auch um Paolo B.s Vorstrafen. Ladendiebstahl, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, vorsätzliche Körperverletzung. Der Richter: „Der Angeklagte hat eine kurze Zündschnur und das weiß er auch.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wird es rechtskräftig, ist es wahrscheinlich, dass Paolo B. zusätzlich eine noch offene Haftstrafe in Höhe von einem Jahr und acht Monaten aus einer vorherigen Verurteilung verbüßen muss. Die Staatsanwaltschaft hatte am Donnerstag eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren beantragt, Paolo B.s Verteidiger stellte keinen konkreten Antrag, forderte lediglich eine niedrigere Freiheitsstrafe.

Opfer Mustafa S. starb im Krankenhaus

Die Tat hatte sich am 25. Januar gegen 17 Uhr ereignet. Laut Anklage wollte das spätere Opfer einen 14-jährigen Freund aus einer Wohnung an er Legienstraße abholen, Paolo B. ließ ihn nicht rein, es kam zum Streit. Draußen dann die schreckliche Tat: Paolo B. stach vor dem Haus mit einem Klappmesser auf Mustafa S. ein. Das Opfer versuchte zu flüchten, aber B. ließ nicht von ihm ab, trat auf den ab Boden liegenden Jugendlichen ein, stach erneut zu.

Mustafa S. schleppte sich mit einer schweren Bauchwunde auf die Billstedter Hauptstraße, eine stark frequentierte Einkaufsmeile. Er kam sofort ins Krankenhaus, Ärzt:innen kämpften vergeblich um sein Leben: Am Abend, etwa drei Stunden nach der Tat, starb Mustafa S. an den Folgen seiner schweren Verletzungen.

Einsatzkräfte der Polizei stürmten nach dem Messerangriff eine Wohnung in Billstedt. (Archivfoto) picture alliance/dpa/NEWS5 | Schröder
Polizeieinsatz nach Messerangriff auf 17-Jährigen
Einsatzkräfte der Polizei stürmten nach dem Messerangriff eine Wohnung in Billstedt. (Archivfoto)

Die Polizei fahndete nach der Tat intensiv nach dem flüchtigen Paolo B.: Spezialkräfte stürmten unter anderem eine Wohnung, in der die Ermittler den damals Tatverdächtigten vermuteten. Direkt nach dem Messerangriff hatte es erste Hinweise gegeben.

Geständnis zum Prozessauftakt

Paolo B. hatte zum Prozessauftakt am 2. Juli ein Geständnis abgelegt. „Ich kann mich nur entschuldigen, vor allem bei der Familie, es tut mir unendlich leid“, hieß es in einer Erklärung, die B.s Anwalt im Namen seines Mandanten verlas. Bei dem Streit habe auch der 17-jährige Mustafa S. ein Messer in der Hand gehabt, behauptete er. Daraufhin habe er kopflos reagiert und zugestochen, an der Eskalation seien beide beteiligt gewesen. „Es war ein total idiotisches Verhalten von mir“, ließ der 25-Jährige von seinem Anwalt ausrichten.

Prozess ging nach Plädoyers weiter

Nachdem bereits Ende Juli die Beweisaufnahme geschlossen und Plädoyers gesprochen worden waren, gab es einen Wiedereintritt in den Prozess: Paolo B.s Verteidiger hatte Hilfsbeweisanträge gestellt, es wurden sechs neue Verhandlungstermine vereinbart.

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Am letzten Verhandlungstag wurde auf Antrag der Verteidigung erneut Videomaterial vom Tattag gesichtet, Paolo B.s Anwalt hatte eine technische Aufbesserung der schlecht aufgelösten Aufnahmen gefordert. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurde außerdem ein minderjähriger Zeuge verhört, die erneuten Plädoyers dann ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesprochen.

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