Infektionswagen
  • Die Feuerwehr war mit einem sogenannten Infektionswagen angerückt. Retter trugen Schutzanzüge.
  • Foto: André Lenthe

Verdacht auf Marburg-Virus: Dramatische Szenen in Hamburg – Behörde äußert sich

Große Aufregung am Hamburger Hauptbahnhof: Am Mittwoch ist ein Bahnsteig großflächig abgesperrt worden. Der Grund: Ein Mann, der offenbar in Begleitung seiner Freundin mit einem ICE angereist war, stand im Verdacht, mit dem Marburg-Virus infiziert zu sein. Die MOPO sprach mit Passagieren aus dem Zug – sie schildern dramatische Szenen. Was die Behörde zum Vorfall sagt.

Rund 20 Einsatzkräfte der Feuerwehr und Beamte der Bundespolizei waren vor Ort, auch ein spezieller Rettungswagen für Infektionstransporte rückte an. Wie die MOPO erfuhr, war der Mann (27) am Mittwochmorgen aus Ruanda kommend in Frankfurt gelandet und hatte sich dann zusammen mit seiner Freundin mit dem Zug auf den Weg in Richtung Hamburg gemacht. Er hatte laut Sozialbehörde im Rahmen seines Medizinstudiums in einem Krankenhaus in Ostafrika gearbeitet, wo mit dem Marburg-Virus infizierte Menschen behandelt wurden.

Großeinsatz am Hauptbahnhof: Zugreisender womöglich mit Marburg-Virus infiziert

Während der Reise nahm der Mann Kontakt mit Ärzten in Hamburg auf, weil er Sorge hatte, sich mit der tropischen Krankheit infiziert zu haben. Daraufhin wurden die Rettungskräfte alarmiert. Während die Feuerwehr am Bahnsteig die Lage sondierten, sperrten Bundespolizisten die Gleise 7 und 8 ab.

Der Bahnsteig 7/8 im Hauptbahnhof wurde komplett abgeriegelt. André Lenthe
Der Bahnsteig 7/8 im Hauptbahnhof wurde komplett abgeriegelt.
Der Bahnsteig 7/8 im Hauptbahnhof wurde komplett abgeriegelt.

Mann hat grippeähnliche Symptome – Gesundheitsamt und Bundespolizei ergreifen Maßnahmen

Das zuständige Gesundheitsamt entschied, beide Personen noch am Hauptbahnhof zu isolieren und mit dem sogenannten Infektionswagen in einen Spezialbereich des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zu transportieren. Dort wird nun geprüft, ob sich der 27-Jährige tatsächlich infiziert hat. Er habe grippeähnliche Symptome gehabt und ihm sei leicht übel gewesen, sagte ein Feuerwehrsprecher am Nachmittag. Fieber habe er nicht gehabt. Der Bahnsteig konnte dann wieder freigegeben werden.

Die Betroffenen wurden zur Untersuchung in einen Spezialbereich des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) gebracht. picture alliance/dpa/Bodo Marks
UKE
Die Betroffenen wurden zur Untersuchung in einen Spezialbereich des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) gebracht.

„Die für solche Fälle eingerichtete Fach- und Reaktionsgruppe Seuchenschutz des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bewertet die Lage fortlaufend und koordiniert Maßnahmen“, sagte Wolfgang Arnhold, Sprecher der Sozialbehörde am Abend. „Entscheidend ist jetzt eine schnelle Diagnostik. Diese findet aktuell statt.“ Innerhalb von 24 Stunden könne im Regelfall eine Vielzahl von Krankheiten diagnostiziert werden, hieß es.

Behörde: „Quarantänemaßnahmen sind nicht notwendig“

Von den Zugreisenden, die eventuell Kontakt zu den beiden Personen hatten, wurden über die Polizei vorsorglich die Kontaktdaten aufgenommen. Laut Deutscher Bahn saßen durchschnittlich 275 Reisende in dem Zug. Die Daten der Flugreisenden liegen vor. „Quarantänemaßnahmen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig“, sagte Arnhold. Nach MOPO-Informationen hatte die Bundespolizei davor umgehend den Flughafen in Frankfurt über den Vorfall in Hamburg informiert. Ob weitere Vorsichtsmaßnahmen und Schritte eingeleitet werden müssen, hänge vom Ergebnis der Diagnostik ab, so die Behörde.

Der ICE wurde in Harburg gestoppt. Sebastian Peters
Der ICE wurde in Harburg gestoppt.
Der ICE wurde in Harburg gestoppt.

Der ICE, mit dem der Mann nach Hamburg reiste, sollte wieder zurück nach Süden fahren. Der Zug wurde in Harburg gestoppt und untersucht. Nachdem Personalien von Reisenden erfasst wurden und nach Freigabe durch das Gesundheitsamt, konnte der Zug nach gut einer Stunde die Fahrt in Richtung Frankfurt am Main fortsetzen.

Passagier: „Als Bundespolizisten in den Zug stiegen, hatte ich Panikattacken“

Die MOPO sprach mit zwei Reisenden am Bahnhof Harburg. Eine Frau, die nach Bremen unterwegs war, bemängelt die lange Zeit der Ungewissheit. „Als angekündigt wurde, dass der Zug in Harburg längere Zeit gestoppt werden würde, wusste man nicht, was los war. Es gab keinerlei Informationen über den Grund des Stoppes“. Verunsichert war auch ein Fahrgast, der vom Hauptbahnhof aus mit dem ICE unterwegs war. „Ich hatte gefühlt zwei Panikattacken, als Bundespolizisten in den Zug stiegen. In Zeiten von Terror weiß man ja nie, was einem passiert“.

So gefährlich ist das Marburg-Virus – Ausbruch in Ruanda

Das Marburg-Virus ist ein hochgefährlicher Erreger, der schweres Fieber und innere Blutungen verursacht. Es wird durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen und kann ohne schnelle medizinische Hilfe tödlich verlaufen. Erkrankungen von Menschen wurden erstmals 1967 im hessischen Marburg festgestellt, der Erreger selbst wurde noch im selben Jahr in Hamburg als ein neues Virus identifiziert. Etwa ein Viertel der Infizierten sterben. Das Virus kommt vor allem in Ostafrika vor, nach Hessen kam es in den 60er Jahren über Affen, an denen Tierversuche durchgeführt wurden.

Erst kürzlich war in Ruanda das Marburg-Fieber ausgebrochen. Bisher seien zehn Patienten an der Viruserkrankung gestorben, berichtete Gesundheitsminister Sabin Nsanzimana auf der Plattform X. Insgesamt waren am 1. Oktober 29 Fälle bestätigt. Die 19 derzeit behandelten Patientinnen und Patienten gehörten überwiegend dem medizinischen Personal an und seien isoliert. 

Dass in Ruanda vor allem Mitarbeiter des Gesundheitswesens erkrankt sind, überrascht Maximilian Gertler, Tropenmediziner der Berliner Charité, nicht. „Das Perfide an der Infektion ist, dass es so unspezifisch anfängt, mit banalen Symptomen, die auch eine Malaria sein können oder ein grippaler Infekt“, sagt der Arzt, der auch schon im Einsatz für eine Hilfsorganisation bei einem Ebola-Ausbruch gearbeitet hat. „Bei all diesen Dingen ist man immer versucht, als Pflegekraft oder ärztliche Kraft in der Notaufnahme schnell mal Blut abzunehmen.“ Dabei bestehe die Gefahr einer Virusübertragung. 

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