Junge Hamburger: So leidet die Generation Corona
In dieser Woche haben die Sommerferien in Hamburg begonnen. Eigentlich würde jetzt für alle Schulabgänger ein großes Abenteuer beginnen. Endlich keine Schule mehr! Endlich Freiheit! Endlich Leben! Tja, eigentlich. Für viele Erwachsene läuft das Leben schon fast wieder wie vor Beginn der Pandemie. Für junge Leute nicht. Und das hat teils dramatische Folgen.
Es bei der Abi-Party ein letztes Mal mit den Mitschülern krachen lassen, danach tief ins Leben eintauchen. Erstmal reisen vielleicht. Je weiter, desto besser. Bei der Kiwi-Ernte in Neuseeland helfen oder Waisenkinder in Kapstadt betreuen, so etwas. Oder ein freiwilliges soziales Jahr machen, bevor dann in einer anderen Stadt ein Studium oder eine Ausbildung ansteht. Und vor allem feiern, feiern, feiern.
So leidet die Generation Corona
So lief es für viele Schulabgänger vor der Pandemie. Diese Sehnsuchtsziele fallen für die Generation Corona größtenteils flach, genau wie für den Jahrgang zuvor. Statt einer großen Portion Lebenshunger wartet das große Nichts. Und statt ins Uni-Leben einzutauchen, hocken sie vor dem Computer und schauen Online-Vorlesungen. Seit mehr als einem Jahr geht das so.
Zukunftsforscher Hartwin Maas vom Institut für Generationen attestiert den jungen Leuten ein hohes Maß an Leidensfähigkeit. „Es ist interessant zu sehen, dass sich die jungen Menschen in vielen Fällen an die Corona-Regeln halten. Andererseits wissen wir von den Betroffenen, wie sehr das hohe Maß an Selbstdisziplin zehrt. Die Kreativität nimmt ab, weil vieles Kreatives im Dialog entsteht. Lernen und Arbeiten sind außerdem soziale Prozesse – welche digital nur teilweise kompensiert werden können“, sagte er kürzlich in einem Interview mit der MOPO.
Erwachsene haben ihr Leben weitestgehend zurück
Außerdem frustrierend für sie: Ihre Eltern haben ihr Leben größtenteils wieder zurück. Essen gehen, ein Theater besuchen, ins Büro fahren – alles wieder möglich. Und die Jugendlichen und jungen Erwachsenen? Die Clubs sind weiter geschlossen, Konzerte wie vor der Pandemie gibt es auch noch nicht und wenn sie sich in großen Gruppen draußen treffen, etwa im Stadtpark oder am Winterhuder Kai, werden sie von der Polizei verscheucht.
Kein Wunder, dass es vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen an die Substanz geht. Sie sind in der Corona-Pandemie bis zu 80 Prozent häufiger von Depressionen und Angststörungen betroffen, wie aus zwei Studien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) hervorgeht, die Ende Mai veröffentlicht wurde.
Junge Frauen leiden häufiger an psychischen Problemen als junge Männer
Junge Frauen sind demnach häufiger betroffen als junge Männer. Außerdem diejenigen, die schon vor der Pandemie psychische Probleme hatten. „Einsamkeit, ein substanzieller Risikofaktor für psychische Erkrankungen, ist eine besondere Bürde für junge Menschen“, heißt es in dem Bericht. Die Corona-Pandemie habe hier einen sehr negativen Einfluss gehabt.
Das könnte Sie auch interessieren: Psyche, Gesundheit, Schule: Das sind die Folgen der Pandemie für Kinder
Immerhin gab es in den vergangenen Tagen ein paar gute Nachrichten. Zum Wintersemester, das im Oktober beginnt, stellt die Universität Hamburg wieder auf Präsenzveranstaltungen um. Und Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) denkt zumindest über Tanzmöglichkeiten im Freien nach. Ein kleiner Anfang, immerhin.