Die SPD-Führung unter Lars Klingbeil (l.) und Saskia Esken machen gemeinsam mit Kanzler Olaf Scholz große Versprechen.
  • Die SPD-Führung unter Lars Klingbeil (l.) und Saskia Esken macht gemeinsam mit Kanzler Olaf Scholz große Versprechen.
  • Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl

Wahlversprechen: Die riskante Wette der SPD

Die SPD will bereit sein: Inzwischen zeichnen sich die Umrisse eines Wahlprogramms ab, mit dem die SPD in die nächste Bundestagswahl ziehen will – ob nun nächsten September oder doch noch in diesem Jahr. Die Sozialdemokraten kehren scheinbar zu ihren Ursprüngen zurück. Ob das in einem Wahlkampf reichen wird, in dem neue Gesetzmäßigkeiten gelten?

Die Kanzlerpartei will einen Mindestlohn von 15 Euro, eine Vermögenssteuer und höhere Lohnsteuern für Reiche, die eine Steuerentlastung für 95 Prozent der Bevölkerung ermöglichen sollen. Zudem soll es einen eher diffusen Investitions-Bonus und eine Kaufprämie für deutsche E-Autos geben. Geschmückt werden soll das Ganze durch einen billigeren Strompreis für die Industrie, mehr Investitionen in die Infrastruktur und einer Abänderung der Schuldenbremse.

Fokus auf die arbeitende Bevölkerung – und Friedrich Merz

Ohne Zweifel ist es richtig, wenn sich die Sozialdemokraten wieder auf die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung konzentrieren und die Wirtschaft stärker in den Fokus nehmen. Allerdings fragt man sich schon, warum die SPD viele dieser Dinge nicht längst umgesetzt hat. Beispielsweise die Infrastruktur ist auch in den 25 Jahren vernachlässigt worden, in denen die SPD mit einer kurzen Unterbrechung immer regiert hat. Zudem hätte die Ampel durchaus eine Mehrheit, mit der sich noch immer gestalten ließe. Beim aktuellen Zustand der Ampel ist es aber offensichtlich erfreulicher, sich mit dem „dannach“ zu beschäftigen, als noch im Hier und Jetzt aktiv zu werden.

Den Hauptfokus in der Kommunikation will die SPD vor allem auf den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz richten, der die meisten Punkte im neuen SPD-Strategie-Papier strikt ablehnt. Merz haut gerne mal unbedachte Äußerungen raus. Aber ein solcher Wahlkampf, der sich viel im Klein-klein und nur wenig auf die „großen Linien“ konzentriert, verspricht auf Stecke gesehen doch eher nervig als aktivierend auf die Mehrheit der Wähler zu wirken. Ein großes Risiko.

Ein reines Duell Scholz gegen Merz wird es nicht geben

Zudem läuft der nächste Bundestagswahlkampf womöglich gar nicht nach den bisher bekannten Gesetzmäßigkeiten ab. Ein lupenreines Duell zwischen Merz und SPD-Kanzler Olaf Scholz wird es nicht geben. Dazu mischen AfD und das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) die politische Szene zu sehr auf. Und selbst die Grünen wollen einen eigenen Kanzlerkandidaten aufstellen. Hat die SPD darauf auch Antworten? Beispielsweise beim Thema Migration? Und wie hält sie es auf Bundesebene eigentlich mit dem BSW? Ist eine Koalition denkbar, wenn die Ergebnisse stimmen sollten? Man wüsste es gerne.

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Noch ist natürlich Zeit, diese Fragen zu beantworten. Im kommenden Wahlkampf könnte aber noch ein ganz anderes Problem auf die Sozialdemokraten zukommen: fehlende Motivation an der Basis. Die Aussicht, die Macht als Kanzlerpartei zu behalten, ist gering. Und fast niemand in der SPD glaubt an eine erneute Aufholjagd von Olaf Scholz, wie es ihm 2021 gelungen war. Bei vielen SPD-Mitgliedern könnte der Frust über die Zustände so groß sein, dass sie „zum Jagen getragen“ werden müssen. Keine guten Aussichten für die Kanzlerpartei.

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