Annett Kaufmann
  • Annett Kaufmann hat bei Olympia die Tischtennis-Welt begeistert.
  • Foto: IMAGO / Schreyer

Deutsche (18) begeistert: 35.000 neue Instagram-Fans – und ein neuer Partner

18 Jahre ist Annett Kaufmann erst alt, aber trotzdem kann sie im Moment von sich sagen: Es gab ein Leben vor den Olympischen Spielen und es gibt ein völlig anderes danach. Vor Olympia war das aktuell größte deutsche Tischtennis-Talent nur den Insidern dieses Sports ein Begriff. Seit Paris aber, sagt sie, „habe ich rund 35.000 Follower mehr auf meinem Instagram-Account.“ Über 48.000 Fans sind es dort mittlerwile insgesamt. Dazu hätten sie „Angebote für Management und Sponsoring, für Fernsehauftritte und für Podcasts erreicht. Und jede Menge Sachen mehr.“

Zur Erinnerung: Mit nur 18 Jahren zog Kaufmann bei den Sommerspielen in Frankreichs Hauptstadt ein stark ersatzgeschwächtes deutsches Team nach dem Ausfall der beiden besten Spielerinnen bis ins Halbfinale. Vor laufenden Fernsehkameras tröstete sie nach der verpassten Bronzemedaille ihre weinende Teamkollegin Yuan Wan. Seitdem kennt sie in Deutschland ein weitaus größerer Teil der Öffentlichkeit. „Manche sagen: die nächste Boll“, titelte „Zeit Online“.

Kaufmann spielt Europameisterschaft mit Patrick Franziska

An Dienstag haben in Linz die Tischtennis-Europameisterschaften begonnen. Es ist das erste große Turnier, an dem Kaufmann nicht mehr als weitgehend unbekannte Außenseiterin an den Start geht. Doch im deutschen Verband ist man sich sicher: Wenn jemand die nötige Coolness und Geradlinigkeit hat, um damit klarzukommen – dann sie.

Zusammen mit Patrick Franziska spielt Ausnahmetalent Annett Kaufmann im Mixed-Doppel bei der Tischtennis-EM. IMAGO/MaJo
Patrick Franziska und Annett Kaufmann klatschen sich bei Tischtennis-EM ab
Zusammen mit Patrick Franziska spielt Ausnahmetalent Annett Kaufmann im Mixed-Doppel bei der Tischtennis-EM.

Und das spiegelte sich bereits in den ersten Ergebnissen wieder: Das Doppel aus ihr und Patrick Franziska hat in Österreich direkt die Hauptrunde des Mixed-Turniers erreicht. Gegen das dänische Duo Christensen/Clement setzten sich die beiden in der zweiten Runde der Qualifikation souverän 3:0 (11:6, 11:8, 11:6) durch.

„Es harmoniert und hat echt Spaß gemacht, ich glaube uns will keiner als Gegner aus der Qualifikation haben“, sagte Franziska, der erstmals ein Turnier mit Kaufmann als Team-Partnerin spielt.

Annett Kaufmann bekommt Unterstützung aus Sportlerfamilie

Für die Teenagerin ist schon das gesamte Jahr eine große Herausforderung. Die wichtigsten Termine waren im Zeitraffer: Team-Weltmeisterschaft in Südkorea. Abitur-Prüfungen in Bietigheim-Bissingen. Neuer Bundesliga-Klub in Kolbermoor. Olympische Spiele in Paris. Jetzt die Individual-EM. Und dazwischen noch WTT-Turniere in Katar, Tunesien und China.

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„Ich war schon in einem Tunnel“, sagt Kaufmann. Aber bislang ging auch alles gut: Ihr Abitur bestand sie mit der Note 2,0. Bei Olympia spielte sie „auf Weltklasse-Niveau“ (Bundestrainerin Tamara Boros). Die EM nimmt sie nun als „Win-Win-Situation: Wenn das Ergebnis gut wird, freue ich mich“, sagt Kaufmann. „Falls nicht, habe ich trotzdem etwas gelernt.“

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Ganz entscheidend für diese Haltung ist: Kaufmann kommt aus einer Sportlerfamilie. Ihr Vater ist der frühere Eishockey-Profi Andrej Kaufmann, der unter anderem für die Grizzlys Wolfsburg und die Schwenninger Wild Wings spielte. Ihre Mutter Anna Kaufmann startete im alpinen Ski-Weltcup für Kasachstan. Ihre ältere Schwester Alexandra besitzt seit dem vergangenen Jahr die Trainerlizenz des Deutschen Tischtennis-Bundes.

Das bedeutet: Annett Kaufmann hat von ihren Eltern nicht unbedingt das Talent oder den Ehrgeiz für ihren Sport mitbekommen. Aber die manchmal genauso entscheidende Hilfe, was man daraus am besten macht. „Wie geht man mit Verletzungen um? Was braucht man zur Regeneration? Wie geht man mit Nervosität um? Meine Eltern können mir aus ihrer Erfahrung sehr viel helfen“, sagt sie.

„Jetzt werden sich die Gegner sehr intensiv mit ihr beschäftigen“

Aus diesem Grund haben alle zusammen auch entschieden, Kaufmanns Management zumindest im ersten Jahr nach Olympia allein in den Händen der Familie zu behalten, wie sie sagt: „Wir wollen und werden nichts überstürzen.“

Zur EM in Linz ist die Situation im deutschen Tischtennis nun so: Die Männer treten zum ersten Mal ohne Rekord-Europameister Timo Boll an. Und auch die verbliebenen Topspieler Dimitrij Ovtcharov (36), Patrick Franziska (32) und Dang Qiu (27) sind schon seit Jahren dabei.

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Ausnahmetalente unter 20 gibt es in Deutschland aktuell nur bei den Frauen. Kaufmann gewann schon mit 15 Jahren die U19-EM. Die 14-jährige Josephina Neumann spielte mit 12 zum ersten Mal in der Bundesliga.

Der deutsche Sportdirektor Richard Prause freut sich über diese Entwicklung. Das wichtigste Wort ist für ihn jetzt aber: Geduld. „Am Anfang hatte man ein bisschen das Gefühl, dass die Gegnerinnen dachten: Wer ist eigentlich diese Annett Kaufmann?“, sagte er in Paris. „Jetzt werden sich die anderen Nationen sehr intensiv mit ihr beschäftigen.“ (aw/dpa/sid)

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