Ronny Seibt hält einen Ball
  • U23-Keeper Ronny Seibt wird erstmals bei einem Pflichtspiel auf St. Paulis Profi-Bank sitzen.
  • Foto: WITTERS

St. Paulis schwierige Torwart-Kiste: Debütant auf der Bank – aber nicht für lange

Lange war das kollektive Aufatmen beim FC St. Pauli nicht mehr so groß wie nach dieser Länderspielpause. Alle zurück, alle gesund. Kein Kiezkicker hat sich verletzt – und das sorgt zuvorderst im Falle von Nikola Vasilj für gigantische Erleichterung. Die Nummer eins der Braun-Weißen wird auch im Auswärtskracher bei Borussia Dortmund (Freitag, 20.30 Uhr, Liveticker auf MOPO.de) das Tor hüten. Und auf der Bank? Da gibt es nach Stand der Dinge notgdrungen ein Debüt.

Der Super-GAU ist eine Horrorvorstellung geblieben, der Worst Case nicht eingetreten. Vasilj, der derzeit einzige fitte und einsatzfähige Keeper des Profikaders, bleibt genau das auch: fit und einsatzfähig. Für den Aufsteiger von elementarer Wichtigkeit. Vasilj ist so wertvoll wie noch nie.

St. Pauli erleichtert: Vasilj unverletzt zurück

„Wir sind natürlich sehr froh, dass Niko gesund von der Nationalmannschaft zurückgekehrt ist“, sagt St. Pauli-Sportchef Andreas Bornemann zur MOPO, und auch Trainer Alexander Blessin zeigte sich kurz vor dem Spiel in Dortmund erleichtert.

180 Minuten Bangen sind vorüber. Vasilj hat sowohl das Nations-League-Spiel gegen Deutschland (1:2) am Freitag als auch die Partie gegen Ungarn (0:2) am Montag schadlos überstanden, zumindest körperlich. Natürlich dürfte den 28-Jährigen insbesondere die Niederlage gegen Ungarn wurmen, aber viel Zeit zum Hadern bleibt nicht.

Blessin hat „kurz gezittert“

„Natürlich habe ich mir die zwei Spiele angeguckt und dann auch beim Deutschland-Spiel kurz mal gezittert in der einen Aktion, aber es war dann okay und es kam nach dem Spiel das Signal, dass alles in Ordnung ist“, berichtet Blessin, der mit dem Schlussmann telefoniert hat. Dieser sei „ein bisschen angeschlagen, erkältet“, habe deshalb einen Tag länger Pause bekommen und steige an diesem Donnerstag ins Mannschaftstraining ein. Klingt nicht so, als ob es eine besorgniserregende Erkältung ist. „Er hat einen guten Eindruck gemacht.“

Bosnien-Keeper Nikola Vasilj (hier gegen Jonathan Burkardt) beim Länderspiel gegen Deutschland imago/Nordphoto
Nikola Vasilj klärt gegen Jonathan Burkardt
Bosnien-Keeper Nikola Vasilj (hier gegen Jonathan Burkardt) beim Länderspiel gegen Deutschland

Vasilj wird im Signal Iduna Park wie gewohnt die Nummer eins sein. Und die Nummer zwei?

Auf der Bank wird U23-Keeper Ronny Seibt sitzen und sein Debüt in einem Bundesliga-Spieltagskader geben. Der 19-Jährige hat im Training und auch im Testspiel bei Hannover 96 (2:3) einen guten Eindruck hinterlassen. Allerdings ist die Bundesliga nochmal eine ganz andere Hausnummer und Herausforderung. Aktuell dritter Keeper ist der zweite U23-Towart Kevin Jendrzej.

Ronny Seibt gegen BVB auf der Bank

Das ist auf Dauer zu wenig – und gefährlich. „Wir wissen wir, dass wir da eine Vakanz haben“, sagt Blessin. Das sei kein Misstrauensvotum gegen den Nachwuchs. „Ronny hat ein ganz gutes Spiel gemacht und ist erstmal in dieser Position. Da müssen wir uns aber bewusst sein, dass es jetzt auch eine längere Zeit ist. Wir haben drei Torhüter, die Minimum drei bis vier Monate ausfallen. Ich glaube, da müssen wir schon klar sagen: Wir trauen den Jungs, auch Kevin, viel zu, aber wir haben da auch eine Verantwortung.“

Es ist klar, dass der Kiezklub personell nachrüsten muss und auch will. „Da wollen wir natürlich was tun, aber nicht auf Teufel komm raus“, betont der Trainer. Denn es muss passen. Und das ist gar nicht so einfach, sogar sehr schwierig und knifflig.

Blessin: „Nicht der größte Druck von meiner Seite“

Der Kreis der Kandidaten ist sehr begrenzt, denn es können derzeit nur vereinslose Keeper unter Vertrag genommen werden, und es gibt auch Konkurrenz. „Es sind ja schon auch ein paar andere Vereine in Europa, die Torhüter suchen“, weiß Blessin. „Wir müssen genau gucken: Passt es finanziell, passt es sportlich, vom Alter. Wer gibt sich mit dieser Rolle auch zufrieden? Das sind alles Punkte, die in Betracht gezogen werden müssen. Wir gehen das nächste Spiel einfach mal so an und hoffen, dass wir da demnächst was vermelden können. Aber es ist von meiner Seite aus nicht der größte Druck da.“ Das klang vor einigen Tagen noch etwas anders aus seinem Mund, aber auch Blessin dürfte realisiert haben, dass St. Pauli so etwas wie die Nadel im Heuhaufen sucht. „Wenn es passt, dann schlagen wir zu.“

St. Pauli-Torwart Ben Voll verletzte sich im kleinen Derby gegen den HSV im Gesicht. WITTERS
St. Pauli-Torwart Ben Voll rettete stark gegen Jesse Kilo, musste später aber verletzt vom Platz.
St. Pauli-Torwart Ben Voll verletzte sich im kleinen Derby gegen den HSV im Gesicht.

Die Suche nach einem adäquaten Übergangs-Torwart läuft weiterhin auf Hochtouren, ohne dass es jedoch einen Durchbruch gegeben hat oder eine Verpflichtung kurz bevorsteht.

Bornemann zur MOPO über den aktuellen Stand: „Wir sind weiterhin an dem Thema dran, uns auf der Torwartposition noch kurzfristig zu verstärken, was angesichts der Umstände und Konstellation schwierig bleibt.“

Warum St. Paulis Torwart-Suche so kompliziert ist

Klar ist, dass St. Pauli kurzfristig einen Keeper verpflichten will, der bis mindestens bis zur Winterpause als qualitativ möglichst hochwertiger Back-up fungiert und dem auch die Rolle als Nummer eins in Liga eins zuzutrauen ist, sollte Vasilj in den nächsten Wochen aufgrund einer Verletzung oder Sperre ausfallen. Für dieses Risiko muss sich der Verein absichern. Und: dieser Keeper sollte sich nach Möglichkeit ohne Murren hinter der etatmäßigen Nummer zwei Ben Voll (Kieferbruch, OP) einordnen, wenn dieser in etwa drei Monaten wieder einsatzfähig ist. Kompliziert.

Die etatmäßige Nummer drei Sascha Burchert ist gerade erst im Schambein-Bereich operiert worden und auch die Nummer vier Sören Ahlers (Knie) ist langfristig außer Gefecht. Beide dürften noch Monate ausfallen und auch zum Start der Rückrunde nicht zur Verfügung stehen – möglicherweise sogar bis Saisonende.

Akuter Handlungsbedarf. Kurzfristig, mittelfristig und wohl auch langfristig.

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