600 Minuten Nachspielzeit? Was hinter der besonderen HSV-Aktion steckt
Einige der 57.000 HSV-Fans schauten sich am Sonntagnachmittag verwundert an, als auf den beiden großen Anzeigetafeln im Volkspark präsentiert wurde, wie viel Minuten es obendrauf geben würde. „Nachspielzeit 600 Minuten“, stand in Versalien auf den beiden XXL-Leinwänden geschrieben. In Wahrheit gab es aber natürlich nicht zehn Stunden extra bei der Partie zwischen dem HSV und dem 1. FC Nürnberg (1:1) – sondern lediglich drei Minuten. Hinter der Aktion des Vereins steckt ein spezieller Grund, beziehungsweise: eine Kampagne.
HSV-Pressesprecher Philipp Langer sorgte auf der Pressekonferenz nach dem Remis für Aufklärung. Anlass der Aktion im Volkspark war eine vom HSV unterstützte Kampagne der Sozialbehörde Hamburg, bei der es um häusliche Gewalt gegen Frauen geht. Demnach zeigen aktuelle Untersuchungen, dass es bei diesem kriminellen Problem einen negativen Höhepunkt in den 600 Minuten nach Fußballspielen gibt. Jede dritte Frau soll in dieser Phase schon einmal häusliche Gewalt erlebt haben, ausgeübt durch ihren (ehemaligen) Partner. Eine alarmierende Statistik.
Häusliche Gewalt: HSV fördert Sozialbehörde-Kampagne
Dem HSV ging es darum, mit der Aktion auf den Anzeigetafeln für Aufklärung zu sorgen und für dieses Thema zu sensibilisieren. „Es geht nicht darum, da Fußballfans pauschal in einen Topf zu werfen, überhaupt nicht“, erklärte Pressesprecher Langer. „Sondern wir gehen eher davon aus, dass der Fußball an sich das friedliche Miteinander in der Gesellschaft fördert.“ Auch mithilfe der Aktion im Stadion will der HSV gemeinsam mit der Sozialbehörde der Stadt Hamburg dazu ermutigen, dass sich von häuslicher Gewalt betroffene Opfer und auch die Täter Hilfe suchen.
Am Dienstag soll es zu diesem Thema auch eine Pressekonferenz im Rathaus geben. Und schon vor dem Gastspiel in Hamburg am Sonntag hatte sich der 1. FC Nürnberg bereiterklärt, die abgesprochene Aktion in der HSV-Arena zu unterstützen. Auch das Schiedsrichter-Team um den Haupt-Referee Tom Bauer, der erstmals ein Pflichtspiel des HSV leiten durfte, wusste natürlich Bescheid. Und auch wenn die Anzeigetafeln etwas anderes aussagten: Fynn Kohn, der Vierte Offizielle, zeigte in der 90. Minute am Seitenrand die korrekte Nachspielzeit auf seiner Tafel an.