Zeugnis für HSV-Zugänge: Mehrere Enttäuschungen – nur Duo schlägt ein
Man muss berücksichtigen, wo sie herkommen, was alles hinter ihnen liegt, was sich eventuell noch immer hemmend auf ihren Leistungsstand auswirkt. Das aber konnten die HSV-Bosse um Stefan Kuntz und Claus Costa vor den Verpflichtungen einkalkulieren. Und die sieben Sommer-Zugänge wurden natürlich deshalb geholt, um früher oder später eine echte Verstärkung zu sein. Das indes sind längst noch nicht alle. Zumindest auf Dauer. Aus dem Septett, das vor der Saison von extern zum HSV kam, ist bisher nur ein Duo eingeschlagen. Andere der Neuen haben noch mit Problemen zu kämpfen – oder enttäuschten bisher. Das Zwischenzeugnis.
Daniel Elfadli (bisher zwölf Pflichtspiel-Einsätze für den HSV, zwölfmal in der Startelf, zwei Tore und ein Assist): Im zweiten Anlauf vom 1. FC Magdeburg gekommen, hat der 27-Jährige unter den sieben HSV-Neuen als einziger noch keine Erstliga-Erfahrung. Trotzdem mauserte er sich zu Saisonbeginn schnell zum Top-Einkauf des Sommers. Extrem wichtig in der Balleroberung, Steffen Baumgart hätte ihn zwischenzeitlich sogar doppelt gebraucht – als Sechser neben Jonas Meffert und in der Dreierkette als rechter Innenverteidiger, wo Elfadli viermal aushalf und auch dort als Stabilisator wirkte. Stellte sogar seine Torgefahr schon doppelt unter Beweis und machte den Eindruck, plötzlich wichtigster HSV-Profi zu sein – ehe er in Braunschweig (1:3) vorm dritten Gegentor erstmals entscheidend patzte. Gemessen daran, wo er als Spätstarter herkommt, eine absolute Bereicherung für die Mannschaft. Note 2
Elfadli und Selke überzeugen als Hoffnungsträger des HSV
Davie Selke (bisher 14 Pflichtspiel-Einsätze für den HSV, achtmal in der Startelf, sieben Tore, noch kein Assist): Musste sich nach seiner schweren Fußverletzung aus der Vorsaison reinkämpfen, was zu erwarten und verständlich war. Gerade, als das kongeniale Duo aus ihm und Robert Glatzel damit begann, Lust auf mehr zu machen, verletzte sich sein Sturmpartner schwer. Seitdem gilt: Alle Augen auf Selke. Und der 29-Jährige funktioniert mit oder ohne Ransford Königsdörffer an seiner Seite, traf zwischenzeitlich in fünf von sechs Zweitliga-Partien in Folge. Je nach Matchplan stark als Wandspieler und immer eine Waffe bei den von Baumgart geliebten Flanken. Hat auch bei den Kollegen sofort Eindruck hinterlassen und kommt trotz aller Befürchtungen gut an mit seiner, wie er selbst zugibt, speziellen Art. Zuletzt ging auch Selkes Formkurve nach unten, dennoch weiter einer der Hoffnungsträger. Note 2
Adam Karabec (bisher zwölf Pflichtspiel-Einsätze für den HSV, neunmal in der Startelf, kein Tor, sechs Assists): Schien früh zu einem der neuen HSV-Lieblinge aufzusteigen. Die Leihgabe von Sparta Prag ist einer der besten Techniker dieses Teams, das zeigt er täglich im Training und auch in den Spielen – bislang allerdings zu selten. Wie bei den anderen Zehnern des HSV kommt es auch beim 21-Jährigen vor allem an auf: Konstanz. Die Bosse wussten, dass Karabec im Saisonverlauf Leistungsschwankungen unterliegen würde, angesichts dessen erfüllt der Tscheche die Erwartungen bislang größtenteils. Seine schon sechs Torvorlagen sind stark, Coach Baumgart fordert allerdings größeres defensives Engagement. Muss wieder mehr zeigen als in den vergangenen Spielen – denn das Zeug dazu hat der U21-Nationalspieler definitiv. Ein sehr solider Transfer. Bislang nicht mehr – und auch nicht weniger. Note 3
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Lucas Perrin (bisher vier Pflichtspiel-Einsätze für den HSV, dreimal in der Startelf, noch kein Tor oder Assist): Dass er nach wochenlangem Individualtraining bei Ex-Klub Straßburg Zeit zur Eingewöhnung und vor allem dafür, wieder Wettkampffitness zu erlangen, benötigen würde, war klar. In seinen ersten eineinhalb HSV-Monaten daher gar nicht wirklich zu bewerten. Dann war der Franzose plötzlich wichtig und als Abwehrchef gefragt, weil Dennis Hadzikadunic sich verletzte und Sebastian Schonlau gesperrt war. Angesichts der Vorgeschichte, die Perrin mit nach Hamburg brachte, waren seine Auftritte bislang in Ordnung. Keine entscheidenden Patzer, mit ihm in der Startelf konnte der HSV aber auch noch nicht gewinnen. Übernimmt auf dem Platz mit seiner Erstliga-Erfahrung (99 Spiele in der Ligue 1) Verantwortung und lernt jede Woche Deutsch, um sich noch besser zu integrieren. Note 3,5
Hefti hat Nachholbedarf – Sahiti ist kaum einzuschätzen
Silvan Hefti (bisher sechs Pflichtspiel-Einsätze für den HSV, fünfmal in der Startelf, noch kein Tor oder Assist): Auf der Suche nach einem neuen Rechtsverteidiger hatte sich Kuntz im Sommer einen Profi gewünscht, der an 30 Spieltagen konstant abliefert – und der an den restlichen noch ein bisschen besser performt. Nun: Aufgrund von hartnäckigen Rückenproblemen hat der Schweizer, für den der HSV mehr als eine Million Euro an den CFC Genua überwies, die Hälfte der bisherigen Saisonspiele verpasst. Beständigkeit klingt anders – das ist Hefti aber auch nur bedingt vorzuwerfen. Wusste zu Beginn der Spielzeit mit Resolutheit und Zweikampfstärke zu gefallen, überdrehte allerdings auch etwas und sah schnell dreimal Gelb. Offensiv trat er wenig in Erscheinung und es erscheint fraglich, ob die Position des rechten Schienenspielers für ihn geschaffen ist. Hat, wie Baumgart sagt, Nachholbedarf. Note 4
Emir Sahiti (bisher drei Pflichtspiel-Einsätze für den HSV, einmal in der Startelf, noch kein Tor oder Assist: Den Kosovaren, der für 1,2 Millionen Euro von Hajduk Split kam, zu bewerten, fällt auch nach zwölf Spieltagen schwer. Die stattliche Ablösesumme im Finale der Transferphase ging mit Vorschusslorbeeren einher, zumal der HSV den 25-Jährigen schon vor zwei Jahren holen wollte. Das große Potenzial, das Sahiti im Verein bescheinigt wird, konnte er bislang aber – wenn überhaupt – nur andeuten. Bei seiner Startelf-Premiere gegen Paderborn (2:2) war er eher Mitläufer, danach blieb er zweimal auf der Bank und verletzte sich am Sprunggelenk, verpasste so vier Pflichtspiele. Beim 2:4 im Test gegen Enschede ließ sich erkennen, warum Sahiti den HSV bisher noch nicht stärker macht. Der A-Nationalspieler verlor viele Bälle und muss sich an den deutschen Fußball gewöhnen. Kann ja noch kommen. Note 4
HSV-Leihgabe Richter mit Pech und blassen Auftritten
Marco Richter (neun Pflichtspiel-Einsätze für den HSV, fünfmal in der Startelf, noch kein Tor oder Assist): Ein paar Chancen, um sich für mehr Startelf-Einsätze zu empfehlen, hat die Leihgabe von Mainz 05 schon bekommen. Und Baumgart setzte zwischendurch viermal in Folge auf den 26-Jährigen. Allein: Richter wurde immer wieder mit als erstes ausgewechselt, weil er stets zu den blassen Profis zählte. Einsatz, Ehrgeiz und Wille sind ihm nicht abzusprechen, er kämpft auf dem Platz und hatte Pech mit zwei Aluminium-Treffern – die den Knoten seines ersten Scorerpunkts für den HSV nicht platzen ließen. Im Enschede-Test mit einer Vorlage, was ihm Auftrieb geben kann nach einer für ihn harten Vorsaison in Mainz, die dem 176-maligen Bundesliga-Profi noch immer nachhängen soll.
Das ist nachvollziehbar. Und das hat Kuntz bei dem Leih-Deal eingepreist. Der siebte Zugang dieses Sommers soll in der Kabine belebend wirken. Sportlich hinkt er beim HSV noch hinterher. Denn gemessen daran, was Richter in seiner Karriere geleistet hat, hat er bisher auf dem Feld zu viele falsche Entscheidungen getroffen. Note 4,5