Riesen-Zoff um Handspiel: VAR klaut Deutschland in der 99. Minute den Sieg
Die deutsche Nationalmannschaft hat den Sieg im letzten Länderspiel des Jahres in allerletzter Sekunde noch hergegeben. Drei Tage nach der 7:0-Gala gegen Bosnien-Herzegowina tat sich die Auswahl von Bundestrainer Julian Nagelsmann in Ungarn deutlich schwerer, führte in einer weitgehend ereignisarmen und sportlich ohnehin bedeutungslosen Partie aber lange Zeit – musste sich am Ende jedoch mit einem 1:1 (0:0) zufrieden geben. Grund dafür war ein umstrittener Handelfmeter in der neunten Minute der Nachspielzeit, der Ungarn nach minutenlangem Einsatz des Videobeweises noch den Ausgleich ermöglichte.
Bei einem Abschluss von Mihály Kata aus 18 Metern bekam Robin Koch den Ball an den Arm. Der deutsche Verteidiger drehte sich weg, die Kugel aber prallte ihm trotzdem an die Hand – und der Unparteiische Duje Strukan (Kroatien) entschied nach minutenlangem Austausch mit dem Video-Assistenten und Studium der Bilder am VAR-Monitor auf Elfmeter. Dominik Szoboszlai ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen, lupfte frech in die Mitte und glich neun Minuten nach Ablauf der regulären Spielzeit zum 1:1 aus (90.+9).
VAR gibt Handelfmeter: Deutschland nur 1:1 in Ungarn
Die deutsche Mannschaft gab damit den elften Sieg im 15. Spiel des EM-Jahres in letzter Sekunde doch noch her, nachdem zuvor Kai Havertz nur den Pfosten getroffen (63.) und Startelf-Debütant Felix Nmecha die Führung erzielt hatte (76.). Das erste Länderspieltor des gebürtigen Hamburgers reichte am Ende aber nicht aus, weil die DFB-Elf noch den umstrittenen Elfmeter kassierte – und Nagelsmann vergeblich mit dem Schiedsrichter diskutierte.
„Ich habe ihn gefragt, ob er das Spiel gegen Spanien auch geguckt hat“, sagte Nagelsmann etwas sarkastisch nach dem Spiel im ZDF und spielte damit auf ein ähnlich umstrittenes Handspiel an, das im EM-Viertelfinale allerdings nicht zu einem Elfmeter für Deutschland geführt hatte. „Für mich ist es kein Elfmeter“, unterstrich Nagelsmann. „Das ist für mich gar kein Handspiel. Robin dreht sich weg und zieht noch den Arm zum Körper. Also, ganz ohne Arme geht es halt einfach nicht.“ Das Fazit des Bundestrainers: „Ich hätte den Elfmeter niemals gegeben. In 48 Zeitlupen sieht es natürlich immer etwas anders aus, aber da muss der VAR nicht eingreifen. Das ist meilenweit weg von einer klaren Fehlentscheidung.“
Auch seine Spieler hatten wenig Verständnis für die Entscheidung. „Da haben wir wieder das Hand-Problem. Wo soll er hin mit der Hand?“, ärgerte sich Robert Andrich im ZDF-Mikrofon unmittelbar nach der Partie über die Szene. Koch bekomme „den Ball aus einem Meter mit 100 km/h an die Hand geschossen – das ist am Ende einfach ärgerlich“, fand Andrich. Teamkollege Nmecha sah das ähnlich: „Vielleicht ist die Hand ein bisschen außerhalb, aber sie ist doch noch an seinem Körper. Boah.“
Zusammenbruch: DFB mit Trikot-Geste für Adam Szalai
Zuvor hatten die Zuschauer im im Puskas-Stadion eine Begegnung gesehen, der ihre sportliche Bedeutungslosigkeit anzumerken war. Nagelsmann hatte seine Startelf auf gleich neun Positionen verändert, rotierte immer wieder kräftig durch und probierte aus. Unter anderem saßen Superstars wie Jamal Musiala und Florian Wirtz nur auf der Bank. Auch deshalb kam das Team nicht an die überragende Leistung gegen die Bosnier heran, die es noch vor wenigen Tagen in Freiburg gezeigt hatte.
In der Nations League stand man schon vor dem Spiel als Gruppensieger fest, der Viertelfinal-Gegner wird am Freitag (12 Uhr) aus Dänemark, Kroatien und Italien ausgelost. Gespielt wird in Hin- und Rückspiel am 20. und 23. März 2025. Ungarn hingegen war der dritte Platz in der Gruppe ebenfalls schon vor Anpfiff sicher.
Vor allem stand das Spiel im Zeichen von Adam Szalai, der am vergangenen Samstag beim 0:4 in den Niederlanden früh auf der Ersatzbank zusammengebrochen war. Nagelsmann hatte dem ungarischen Team vor Spielbeginn symbolisch ein DFB-Trikot überreicht – mit dem Namen von Szalai, der Botschaft „Gute Besserung“ und zahlreichen Unterschriften der deutschen Nationalspieler. Ungarns Trainer Marco Rossi nahm das Geschenk stellvertretend für Szalai entgegen, der sich am Dienstag nicht im Stadion befand, sondern das Spiel auf Anraten der Ärzte im Kreis seiner Familie verfolgte.